Gestatten, iPad!

Ja. Es ist gelüftet, das Geheimnis um das iPad, ehemals iSlate.


Was soll ich sagen, es ist ein Computer. Vielen Dank für die geneigte Aufmerksamkeit.

Ist das wirklich alles? Nein, denn viele Menschen haben den normalen PC satt, auch wenn er so klein ist wie ein Netbook. Diesen Hunger nach einem passenderen Zugang zum Web kann der iPad erfüllen und tut damit mehr als andere. Außerdem plant Apple eine großes Datenzentrum in North/South Carolina und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn sie dort nicht coole Apps für den Office/Designer/Musiker/Künstler/Journalisten-Alltag in die Cloud basteln.

Update: Seit Freitag ist das Apple iPad im T-Online-Shop bestellbar. Wann es ausgeliefert wird, ist offen. Die Preise hat T-Online direkt von den Dollar-Preisen umgerechnet: Das bedeutet 499 Euro für die WLAN-Version und 629 Euro mit UMTS und GPS (mobile web).
Aber zunächst zur Pflicht, was steckt drinnen?




Nachdem die Diskussionen im Spekulatiusland wochenlang ins Kraut geschossen sind, macht sich allenthalben Ernücherung breit, weil es eben nur ein Computer ist und keine Fee mit 3 Wünschen und den drei goldenen Haaren des Teufels in der Premiumversion.

iPad: Zu den harten Fakten. Die Pflicht

Zunächst das Wichtigste: Das Display (glänzend!) breitet sich über eine 9,7-Zoll-Diagonale (???1024×768 Pixel) aus, das iPad ist insgesamt schmale 1,3 Zentimeter hoch, 24,3 cm breit, 18,9 cm lang und bringt um die 700 Gramm auf die Waage. Im iPad werkelt ein eigenentwickelter ARM-Prozessor (1 Gigahertz), der auf den sensationslosen Namen Apple A4 hört. Der Festspeicher kann zwischen 16 und 64 Gigabyte (SSD=lautloser Flashspeicher) gewählt werden. Wie das aktuelle iPhone verfügt der/das iPad über einen Bewegungssensor, Kompass, einen Ambient Light Sensor sowie Lautsprecher und ein Mikrofon. Anschlüsse externe Geräte an den Mac erfolgen über bekannten iPod- und iPhone-Anschlüsse plus einen DockConnector und einem Schacht für die SIM-Karte. Wifi, Bluetooth 2.1 und GSM/UMTS (HSDPA) sind ebenso an Bord wie WLAN 802.11n. Apple publiziert eine Batterielaufzeit von bis zu 10 Stunden (im Videomodus). Es spielt 576p und 480p per externem Komponenten-Kabel ab. Es ist in der Lage H.264-Dateien, also natives HD-Material in 720p abzuspielen. Alle bekannten Audio-Formate, die das iPhone OS abspielt, werden auch hier unterstützt. Das kleinste Modell kostet nur 499 Dollar (ohne UMTS-Verbindung und Mobilfunkvertrag). Das ist exakt der Preis eines Amazon Kindle DX. Aber was nutzt ein iPad ohne UMTS? Als eReader vielleicht?
Ich glaube, die Welt ist dieses Jahr noch nicht bereit für einen eReader, aber man kann das iPad natürlich dazu nutzen, was Sinn macht, denn es ist ein schönes Farbdisplay – Verleger aufgepasst, es könnte hilfreich sein -, ob es aber auch tageslichtauglich ist (OLED?) ?


Das Betriebssystem ermöglicht das Anzeigen aller im Geschäftsverkehr bekannten Dateianhänge aus der Officewelt. Ab Werk werden folgende Sprachen unterstützt, das schließt auch die Keyboard-belegung der virtuellen Tastatur ein: ?Englisch, Französisch, Deutsch, Japanisch, Holländisch, Italienisch, Spanisch, vereinfachtes Chinesisch und Russisch.

iPad: Die Kür

Die ersten Auguren machen schon Enttäuschung aus. Der ganz große Wurf sei das Ganze ja gar nicht. Nun, man muss diesen Menschen entgegenhalten, dass Apple sein Geld zwar nicht im Massenmarkt verdient, aber die Gadgets der Geeks und Nerds an diejenigen verhökert, die man als Late Adopters bezeichnen kann. Das ist eine deutlich größere Gruppe als die Early Adopters.



Es ist vor allem eine Gruppe, die von der großen Masse der Konsumenten als Vorbild betrachtet wird. Sie setzen die Trends, die die Avantgarde schon wieder lächelnd aus den Händen legt. Es könnte daher gut sein, dass das iPad der Türöffner für all die Nachahmer des iPod-, iPhone-Booms sein wird. Denn den MP3-Player gab es vor dem iPod, es gab auch Handys vor dem iPhone, aber diese beiden Produkte waren der Fuß in der Tür der HighTech-Industrie zum Massenmarkt.




Eine ähnliche Geschichte könnte mit dem iPad passieren. Es wird sehr viele Nachahmer geben und gerade in diesem Frühjahr und Sommer kommen viele neue kleine Tablets als smarte Nachfolger des Netbook-Booms auf den Markt, die mit Windows 7 im Terrain des iPad wildern wollen. Insofern setzt das iPad einen Trend, den Microsoft vor ein paar Jahren nicht setzen konnte. Die Leute mit viel bling-bling und die professionellen Schöngeister werden in den Cafés, Parks und den öffentlichen Verkehrsmitteln dem gemeinen Volk einen voriPaden, dass es nur so raucht in den Kassen derjenigen, die kleine leichte Webgeräte vertreiben, WENN es denn einem Provider gelingt JETZT einen wirklich attraktiven Flatratepreis für mobiles Surfen in den Markt zu drücken. Dieser Anbieter könnte eine dicke Tranche der iPad-Produktion zusammen mit einem Flatrate-Kampfpreis anbieten und damit treue Kunden binden. Denn mobile web macht Spaß – mit dem iPad sicher noch mehr, wenn das iPhone OS 4 (Multitasking) draußen ist und HTML5 die bekannte und extrem unsichere Flash-Plattform abgelöst hat.




UPDATE 29.02.2009:


Die Free Software Foundation hat unter dem Stichwort „iBad For Freedom“ eine Kampagne gegen das iPad gestartet, weil sie jetzt gemerkt hat, dass Apple über das iPhone OS seine Kunden direkt an seinen App-Store und iTunes bindet und ihnen damit keine Wahlfreiheiten mehr läßt. Warum ihnen das nicht schon beim iPhone auffiel? Man weiß es nicht. Aber sie haben den iPad Hype jedenfalls genutzt um den Mantel des Schweigens abzulegen. Auch wieder was. Das Gute daran: Die FSF macht auf ihre Petition gegen DSM aufmerksam. Warum das anhand des iPad geschehen muss, erschließt sich mir nicht. Es wäre schöner, dass Thema Urheberrechte grundsätzlicher zu diskutieren, also auch Patente und die unselige Leistungsschutzrechtdebatte sowie die Ansprüche der drei Gruppen (Autoren, Werkvermarkter, Konsumenten) öffentlich zu machen. Und damit meine ich nicht die Nebelkerzen einiger Verbände, sondern klar formulierte Anforderungen. ex negativo hat das Ganze immer so einen Beigeschmack nach Pubertät. Und leider geht dadurch der ganze Diskurs am Massenmarkt vorbei und damit an den Nutzern.



Mehr zur Kür hier bei Amir Kassaei


Bildnachweis: www.gizmodo.com und apple.com

  ist seit 1999 als Freier Autor und Freier Journalist tätig für nationale und internationale Zeitungen und Magazine, Online-Publikationen sowie Radio- und TV-Sender. (Redaktionsleiter Netzpiloten.de von 2009 bis 2012)


Artikel per E-Mail verschicken

2 comments

  1. @FSF Dass handys an eine bestimmte Bezugsquelle gebunden sind, ist normal. Bei Computern ist es das nicht, und sollte es auch nicht werden.

    @Flash Extrem unsicher? Ich denke eher, der grund für Flashverbot ist, das es auf den kernel zugreift und somit eigensgeschriebene, nicht von Aplle kontrollierte (freie) Softweare ausführen kann, was dem App-Store widerspricht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert