Netz-Helfer: bitcoins

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Einige wenige Netz-Ideen krempeln die Gesellschaft um. Wikipedia etwa hat den Umgang mit öffentlichem Wissen verändert. Auch Bitcoin hat das Zeug, viel zu erreichen. Das Open-Source-Projekt hat sich einen großen Brocken vorgenommen, den es reformieren will: das weltweite Währungs- und Finanzsystem. Bitcoins könnten die neue Verkehrswährung im Netz werden.

1 Was leisten Bitcoins?

Bitcoins ermöglichen eine anonyme Transaktion von virtuellem Geld, direkt von Nutzer zu Nutzer. Sie kommen ohne eine vermittelnde Stelle wie PayPal oder ein Kreditkarten-Unternehmen aus, die Gebühren entfallen somit…

2 Wie funktionieren sie?

Man lädt den Bitcoin-Client herunter und installiert ihn, das System weist einem eine eigene Bitcoin-Adresse zu. Bitcoins kann man auf eigens dafür eingerichteten Börsen kaufen, privat von anderen Nutzern erwerben oder über ein aufwändiges Mining mit dem eigenen PC selbst berechnen. Bei einer Transaktion wird der jeweilige öffentliche Schlüssel des Empfängers an die Zeichen-Abfolge des Bitcoins angehangen. Ein am System beteiligter Mining-Rechner überprüft die Transaktion, gibt sie frei, und das Geld gelangt zum Empfänger.

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3 Hintergrund

Bitcoins basieren auf einem unendlich komplizierten mathematischen Modell, das kryptographische Verfahren mit der Peer-to-Peer-Technologie verbindet. Bitcoins bestehen aus einer Menge an Bits, also einer Zeichen-Abfolge. Die Gesamtmenge ist auf eine absolute Zahl von 21 Mio. Bitcoins beschränkt, zur Zeit sind bereits 7 Mio. berechnet. Der Rest wird durch Netzwerk-Teilnehmer, die ihre Rechenleistung an das System anschließen, berechnet. Das geschieht, indem eine Art kryptographisches Rätsel geknackt wird.

Die beteiligten Rechner überprüfen gleichzeitig anstehende Transaktionen auf Unstimmigkeiten. Das ist möglich, da die Historie aller Transaktionen in Netzwerk gespeichert ist. Der Gegenwert aller im Moment fluktuierenden Bitcoins entspricht etwa 100 Mio. US-$. Zu Beginn war ein Bitcoin nur wenige Cent wert, die Währung hat aber einen rasanten Aufstieg erlebt und lag im Juni 2011 bei etwa 30 $. Sie ist dann innerhalb weniger Tage auf die Hälfte des Werts abgestürzt und Anfang August noch einmal auf 7 $. Seitdem hat sie sich wieder leicht erholt.

Es gibt einige Börsen, die sich auf den Tausch von Bitcoins und klassischen Währungen spezialisiert haben. Die Zahl der Händler, die Bitcoins akzeptieren, ist noch begrenzt. Größtenteils sind es Firmen im Umfeld von Netz-Technologie und -Dienstleistungen (im deutschen Bitcoin-Wiki gibt es eine Übersicht).

4 Risiken und Nachteile

Die extremen Kursschwankungen von Bitcoins schaffen eine große Unsicherheit, vor allem wenn man echtes Geld, also Euro oder Dollar, eintauscht.

Kurs Bitcoin-Dollar

Kurs Bitcoin-Dollar, Quelle: bitcoin-charts.com

Bitcoins werden aus vielen Richtungen attackiert: US-Senatoren fordern ein Verbot, die renommierte Zeitschrift The Atlantic sieht das Ende von Bitcoins kommen (allerdings mit eher schwachen Argumenten). Der deutsche Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) warnt drastisch vor der Verwendung und wählt dabei einen Ton, der an Kalte-Kriegs-Propaganda erinnert: „Auch in Zukunft werden einzelne, zersetzende Kräfte immer wieder ihr Interesse bekunden, eine eigene neue Währung losgelöst von staatlicher Kontrolle zu schaffen.“

Die zwei am häufigsten vorgetragenen Argumente contra Bitcoins lassen sich bei genauerer Betrachtung schnell relativieren:

(1) Eine Währung ohne staatliche Kontroll-Möglichkeit befördert Kriminalität: Vom Segen aller Anonymisierungs-Tools im Netz können auch Bösewichter profitieren. Moralisch fragwürdige Geschäfte lassen sich somit vielleicht leichter abwickeln, da Kriminelle nicht auf PayPal oder komplizierte Konten-Konstrukte angewiesen sind. Doch auch Bargeld hat schon immer eine anonyme und kaum nachvollziehbare Bezahlung ermöglicht. Menschenhandel, Drogen- und Waffengeschäfte in größerem Stil wurden bevorzugt in Dollarscheinen abgewickelt.

(2) Der Währung steht kein eigener Wert entgegen, sie ist ausschließlich auf ihre Legitimität angewiesen: Auch das ist eine eher schlichte Logik. Zwar kann man natürlich mit Gold nach einem Wertverfall immer noch schöne Schmuckstücke basteln, wie das Wirtschaftsmagazin Forbes argumentiert, das ist mit einer Abfolge von Bits nicht möglich. Doch auch Papiergeld besitzt keinerlei Eigen-Wert, außer dem, den es Kraft seiner Legitimität symbolisch trägt.

Ein wirkliches Problem sind die verschiedene Sicherheitspannen, die in den letzten Wochen aufgetreten sind. Zwar ist die Bitcoins-Technologie nach einhelliger Meinung (bis jetzt) manipulationssicher, doch das gilt nicht für die beteiligten Akteure. Bei der größten Börse Mt. Gox hat ein Hacker Mitte Juni Bitcoins entwendet, die etwa 7% der weltweiten Gesamtmenge ausmachten. Die polnische Börse Bitomal.pl hat durch einen Konfigurationsfehler bei der Umstellung ihrer Server den kompletten Datensatz verloren, und damit auch die Bitcoins der Kunden.

5 Fazit

Wie bei jeder anderen Währung ist der eigentliche Knackpunkt die Akzeptanz als Zahlungsmittel und die Verbreitung. Steigt diese, steigt der Wert der eigenen Bitcoins, sinkt sie, sind große Verluste möglich.

Der eher mäßige Erfolg des Micro-Bezahlsystems Flattr zeigt, dass auch ein geniales Konzept scheitern kann, weil einfach zu wenige mitmachen.Während bei Flattr, genau wie beim Wettbewerber Kachingle, die Vorteile für die meisten Nutzer aber rein ideell sind, bieten Bitcoins auch Anreize jenseits des Glaubens an die gute Sache. Da wären zum Beispiel die hohen Gebühren von Finanzdienstleistern, die wegfallen, oder eine Umgehung der selektiven Sperrpolitik von PayPal.

In jedem Fall trägt das Bitcoin-Projekt das Potenzial in sich, die Welt auf eine Art zu verändern, die wir jetzt noch nicht einmal abschätzen können.

hat Publizistik und Soziologie studiert und lebt als freier Journalist in Berlin.


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3 comments

  1. In Deutschland ist der Bitcoin noch lange nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen, ganz im Gegenteil zu den USA. Dort haben Bitcoins eine breite Community und werden vielfach privat als Zahlungsmittel akzeptiert. In Deutschland hingegen tragen nur wenige spezialisierte Plattformen, Blogs und der einzige deutsche Umtausch-Marktplatz http://www.bitcoin.de aktiv zur Verbreitung und Akzeptanz von Bitcoins bei. Ansonsten muss man sich hierzulande auf die Dienste ausländischer Plattformen und Anbieter verlassen. Aber ich denke der Bitcoin wird sich auch in Deutschland noch entwickeln.

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