Google+ – Top oder Flop? Im Gespräch mit Experten (Teil 2/5)

Google+ feierte vor kurzem sein einjähriges Jubiläum. Das soziale Netzwerk ist am 28. Juni 2011 erschienen und drei Monate später, am 20. September 2011, aus der Beta-Phase getreten. Grund genug einmal nachzufragen, wie das Portal inzwischen wahrgenommen wird.

Google+ - Top oder Flop das sagen die Experten Teil2

Wir haben einmal 15 deutsche Influencer aus den Medien, der PR und dem Unternehmertum gefragt, was Googles soziales Netzwerk ausmacht, ob sie überzeugte Nutzer sind und welche Vor- und Nachteile die Plattform für sie vereint. Herausgekommen ist eine 5-teilige Serie, die wir euch liebe Leser diese Woche präsentieren wollen. Heute im Gespräch Falk Hedemann, Jörg Wittkewitz und Thomas Cloer…


Falk Hedemann (t3n):

Google+ – Top oder Flop? Im Gespräch mit Experten Falk HedemannGleich vorweg: Ich war von Anfang an ein großer Fan von Google+. Ich sehe das Netzwerk zwar nicht als Ersatz für Facebook oder Twitter an, aber als eine perfekte Ergänzung. Für Journalisten und Wissensarbeiter gibt es meiner Meinung nach derzeit keine bessere Plattform und das aus mehreren Gründen:

Erstens: Das von Twitter übernommene Followerprinzip sorgt für einen schnellen und unkomplizierten Aufbau einer Reichweite und für eine schnelle Vernetzung. Zweitens: Die Circles sorgen dafür, dass man Informationen gezielt streuen kann. Drittens: Für Tech-Journalisten sind bei Google+ sehr viele Ansprechpartner zu finden, mit denen sich sehr gut zu vielen Themen diskutieren lässt – gerne auch kontrovers, was es noch wertvoller macht.

Grundvoraussetzung dafür ist natürlich die richtige Nutzung des Netzwerks. Wer sich über fehlende Aktivität oder Interaktion beschwert, hat sehr wahrscheinlich nicht genügend Personen in seine eigenen Kreise aufgenommen oder diese nicht sorgfältig genug ausgewählt. Das bedeutet für jeden Teilnehmer eine gute Portion Mitarbeit, ohne die es aber bei keinem Social Network funktioniert.

Für mich hat Google+ auch die besten Aussichten zu wachsen. Facebook wird es noch lange geben (auch an der Spitze der Social Networks), aber der Zenit scheint überschritten zu sein. Die weitere Entwicklung geht seit Monaten nur noch in Richtung Monetarisierung und das einstmals größte Kapital – die enorme Nutzerzahl – wird zunehmend unzufriedener. Twitter geht aus den gleichen Gründen mehr und mehr auf Isolationskurs, denn auch diese Plattform muss langsam Geld verdienen.

Nun ist das Geldverdienen keinesfalls etwas Schlechtes, per se auch nicht für den Nutzer, denn er profitiert von einer gutgehenden Plattform am meisten. Dennoch versteht das die Masse der Nutzer eher als schlechtes Signal, zumal wenn es über Werbung geschieht. Google+ hat hier eine andere Position. Die Suchmaschine und die verschiedenen Werbeprodukte spielen so viel Geld ein, dass Google+ selbst lediglich als Social Layer fungieren kann, ohne dabei je selbst Geld verdienen zu müssen.

Ob Google+ irgendwann monetarisiert wird, hängt wohl auch vom Erfolg der Konkurrenz ab: Google kann sich hier zurücklehnen, beobachten und die richtige Schlüsse ziehen.


Falk Hedemann ist Stellvertretender Redaktionsleiter t3n.de, Ressortleiter Social Media, bekennender Social Media Fanboy und Kaffeeliebhaber, Blogger, Twitterer aus Leidenschaft und seit April 2008 Mitglied der Redaktion von t3n.de.


Jörg Wittkewitz (Aufgesang PR):

Google+ – Top oder Flop? Im Gespräch mit Experten Jörg WittkewitzGoogle+ ist attraktiv für Leute aus dem kreativen Umfeld oder aus der Medienwelt, wenn sie FB selten oder nur privat nutzen. Es ist eher ein Tool für ernsthaftere Diskussionen, aber nicht weil das so geplant war, sondern weil es so genutzt wird.

Insofern erfüllt es eher die Aufgabe, die Social Media Berater noch immer den Blogs andichten: „Hier kommen Sie in Kontakt mit ihren Lesern.“ Verlage würden sich wundern, wenn sie wüssten, wie umfangreich manche Diskussion zu einzelnen Artikel bei Google+ ausfallen. Mit dem neuen Leistungsschutzrecht wird sich da eine Menge ändern. Ob Verlage davon letztlich profitieren lässt sich bezweifeln. Facebook ist eher für Alltägliches da. Dort gehen die Diskussionen seltener in die Tiefe. Für das große Publikum ist Facebook das, was für Medienmenschen Twitter war: Eine Link-Schleuder in die Tiefen des Datenalls plus lange Leine für entfernte Freunde, das hat Stayfriends nie geschafft, zu werden.

Letztlich erfüllen sowohl Facebook als auch Google+ den Wunsch nach einem Strom von Daten. Ich würde mir aber eine Tweetdeck-Ansicht wünschen bei der ich beliebige Spalten nach Circles oder Themen sozusagen als parallele Streams betrachten könnte. Insofern hätte man Sparks aufbohren können. Schade. Ich nutze jedenfalls beides für unterschiedliche Gruppen von Bekannten und Freunden. Habe eine zeitlang versucht, beides zu harmonisieren. Aber bestimmte Leute nutzen einfach das jeweils andere Tool nicht. Also muss ich beides nehmen. Müsste ich mich entscheiden, würde ich Google+ nehmen, noch lieber twitter und tumblr verheiraten.


Jörg Wittkewitz war bei IBM Global Services im Bereich Wissensmanagement tätig. Er arbeitet seit 1999 als Freier Journalist für c’t, Deutschlandradio, FAZ, FTD, Handelsblatt, iX, telepolis und internationale Medien. Seit 2012 ist er Senior PR-Berater für strategisches Kommunikationsmanagement bei der Aufgesang Public Relations GmbH.


Thomas Cloer (COMPUTERWOCHE):

Google+ – Top oder Flop? Im Gespräch mit Experten Thomas CloerGoogle+ ist Top! Weil es nicht einfach nur ein weiteres Soziales Netzwerk ist, sondern ein „Sozialer Klebstoff“ für die ganzen Google-Dienste. Als Google vor einem guten Jahr mit Google+ um die Ecke kam, haben mich zuallererst das lichte Design und die Kreise-Funktion begeistert. Das war alles so anders als bei Facebook. Seitdem bin ich mit Freude bei der Sache – Google+ hat sich bei mir als Netzwerk der Wahl etabliert neben dem schneller drehenden Twitter. Bei Facebook hingegen bin ich seit der letzten f8 raus, aus Gründen.

Ganz besonders schätze ich an Google+ das (zumindest in meinen Kreisen) weitgehende Fehlen sinnloser Inhalte und die große Diskussionsfreude und -kultur. Außerdem hat Google seinen Social Layer mittlerweile sinnvoll und nicht zu hastig weiterentwickelt; ganz hervorragend finde ich zum Beispiel das ganze „Authorship“-Konzept für die Verbindung mit eigenen Inhalten auf externen Webseiten und natürlich die Hangouts, neuerdings ja sogar „On Air“. Dass Vic Gundotra vorerst weiterhin von jeglicher Public API absieht, hat Google+ bislang eigentlich eher genutzt als geschadet, finde ich.

Klar gibt es auch Kleinigkeiten, die mich stören. Dass man nicht auf einzelne Kommentare deeplinken kann zum Beispiel. Oder die verspätete Einbindung von Google-Apps-Konten und das kürzlich vorgestellte unzulängliche Tool, um Plus-Daten von einem früher benutzten auf ein Apps-Konto zu übertragen. Alles in allem aber geht es bei Social ja um Menschen. Und das Wichtigste überhaupt ist deswegen: Praktisch alle, mit denen ich mir etwas zu sagen habe, sind bei Google+. Dass Facebook inzwischen wahrscheinlich die Nutzermilliarde durchbrochen hat, ist mir da herzlich egal.


Thomas Cloer ist seit 1996 Redakteur der COMPUTERWOCHE in München und dort zuständig für die Online-News und den Twitter-Account. Er ist seit Mausnetz-Zeiten vernetzt, bloggt seit 2003 privat auf www.teezeh.de und probiert im Social Web gerne alles aus, was spannend aussieht. Bei Google+ postet er z.B. gern mal Fernsehtipps.


Google+ – Top oder Flop? Im Gespräch mit Experten - Teil 1Google+ – Top oder Flop? Im Gespräch mit Experten (Teil 3/5)

schreibt seit 2011 für die Netzpiloten und war von 2012 bis 2013 Projektleiter des Online-Magazins. Zur Zeit ist er Redakteur beim t3n-Magazin und war zuletzt als Silicon-Valley-Korrespondent in den USA tätig.


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8 comments

  1. Vielleicht sehe ich es einfach nicht, aber wieso werden die Google+-Accounts der Interviewten nicht verlinkt, wenn man diese über Google+ interviewt?

  2. Für die Statements und die Autoren-Texte sind die Interviewten selber verantwortlich gewesen. Quasi in Eigenarbeit entstanden. Wir verlinken nur, was sie auch selbst kommuniziert wissen wollen.

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