Deutsche Bahn vs. Netzpolitik

Meine morgendliche News- & Bloglektüre beginne ich seit fast einem Jahr bei Rivva.de. Dort werden die Geschichten aus der Fach-, Online- und Blogpresse gelistet, die gerade besonders stark diskutiert werden. Es geht um den Buzz! Sprich, das Summen und Brummen um die kleinen und großen Skandälchen in der Netzkommunikation. Bereits gestern hatte ja die Meldung für aufsehen gesorgt, dass Markus Beckedahl, Betreiber von Netzpolitik.org von der Deutschen Bahn abgemaht wurde, weil er ein Memo als PDF und im Volltext online gestellt hatte, das aus Sicht der Bahn in der Öffentlichkeit nichts verloren hat.

Nach der Urmutter aller deutschsprachigen Buzz-Themen, dem guten alten Jamba-Fall (ob sich Johnny überhaupt noch daran erinnern kann?) tappen die Großen und Doofen immer noch in den Buzz-Fettnapf. Ich will nicht urteilen, wer hier wie oder auch nicht recht- oder unrechtmäßig oder in wessen Interesse gehandelt hat, aber wer mit der Juristenkeule zuschlägt, bekommt heftiges Summen und Brummen aus dem Netz zurück. Und wenn es buzzed, dann richtig. Man muss dieses kleine englische Wörtchen einfach lieben, das so ein bisschen kitzelt, wenn man es ausspricht… Baaaasssssssssssss…. Dabei kann Buzz nicht nur Summen, sondern auch Dröhnen heißen. Aber das nur am Rande.

netzpol-abmahn

Mein Blick auf Rivva heute morgen hat mich dann doch seit langem einmal wieder daran erinnert, was einmal so gut war an der Blogosphäre und was seit geraumer Zeit eher dahindümpelt: Der Buzz, das es-gibt-heute-und-morgen-und-vielleicht-auch-übermorgen-kein-anderes-thema-mehr-feeling. Die Reaktionen auf den Bahn-Netzpolitik.org-Fall sind spontan und ungeplant zustandegekommen, wenngleich ich inzwischen schon glaube uterstellen zu können, dass das Netzbewusstsein mit dem Kalkül ausgestattet ist was passiert, wenn man ein thema pushed. Zwar wird in weiten Teilen das Thema wiedergekäut und auf die Leuchtürme verlinkt – Manche äußern eine profunde Meinung, andere wiederum sondern Müll ab. Aber genau das ist für mich das Schöne im Unterschied zum Pressesprech der Journalistenprofis. Die braucht es zwingend auch – keine Frage -, aber es macht eine Geschichte doch umso plastischer, wenn man die Meinungsvielfalt dazu lesen kann. Natürlich wäre ein Statement von Herrn Mehdorn oder der Bahn als solches auf dem gleichen Kommunikationslevel auch prima, aber das man das dort nocht nicht kann, zeigt ja der Fall an und für sich.

Wie ix drüben auf wirres schreibt würde sich mir wohl auch der Magen und alles damit physiologisch zusammenhängende umdrehen. Und in der Sache gebe ich ihm recht, es ist gut, dass Markus den Mut hatte das PDF-Dokument online zu stellen. Fiete Stegers wägt auf onlinejournalismus.de noch eine Runde mehr ab (zurecht) und gibt einen wichtigen Hinweis zum Thema Persönlichkeitsrechte der im Dokument genannten Personen. In Thomas Knüwers Blog wird derweilen gerade andiskutiert, ob und wenn ja warum doch nicht z.B. das Handelsblatt oder auch anderen professionelle Medien das Dokument nicht in voller Länge ebenfalls im Netz veröffentlichen würden.

Mich jedenfalls hat es auf der geschilderten Metaebene gefreut, endlich ein Revival des alten Blogosphärenfeelings erleben zu dürfen. Und erinnert hat mich der Fall an die gut gemachte Blogumentary von Chuck Olson. 60 sehenswerte Minuten aus dem Jahr 2007 über „The Hive Mind“, Die „Macht der Blogs“ und die Rolle einer alternativen Onlinepublizistik für die Demokratie. Here we go:

ist freiberuflich als Medien- & Verlagsberater, Trainer und Medienwissenschaftler tätig. Schwerpunkte: Crossmedia, Social Media und E-Learning. Seine Blogheimat ist der media-ocean. Außerdem ist er einer der Gründer der hardbloggingscientists. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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