Beim Surfen im Web wird durch Ad-Blocker lästige Werbung verbannt. Das bedingt jedoch vermehrt Spannungen im Gefüge der Werbeindustrie. Nach Apples Entscheidung, Ad-Block-Erweiterungen für ihren Safari Browser zuzulassen, hat der Kampf zwischen Werbebranche, Mobilfunkbetreibern, Verlagen und Privatsphäre- Befürwortern ein neues Hoch erreicht. Damit werden Ängste geschürt, dass die Multi-Milliarden schwere mobile Werbeindustrie vor einem teuren Einschnitt stehen könnte. Obwohl sich Ad-Block-Apps von Drittanbietern schon seit einiger Zeit auf dem Markt befinden, werden nur wenige auf mobilen Plattformen genutzt – häufiger findet man sie auf Desktop-PCs und Laptops.
Ein kürzlich erschienener Artikel der New York Times über die Top 50 der mobilen Nachrichten-Webseiten zeigte, dass mehr als die Hälfte aller Daten, die als Teil dieser Seiten heruntergeladen werden, aus Werbung besteht. Aktuelle Auswertungen eines europäischen Telekommunikations-Unternehmens von großem Volumen mobilen Datenverkehrs, zeigten ebenfalls auf, dass ein großer Teil der Bandbreite, die während des Durchstöberns durch das Internet auftritt, aus in den auf den Webseiten eingebetteten Anzeigen, Trackern und Widgets besteht. Viele Anzeigen sind nicht nur ein Ärgernis, müllen den Bildschirm zu, verkürzen die Akku-Laufzeit und verlangsamen das gesamte mobile Surf-Erlebnis, sondern sind durch schlechte Platzierung schlichtweg eine weitere Form von Spam.
Kostenfreie Apps und Werbeschaltung
Aber warum sind mobile Anzeigen so ineffektiv? Dies lässt sich vor allem auf das komplexe Ökosystem der mobilen Werbeindustrie zurückführen. Der Großteil der Apps auf populären Märkten wie dem Apple App Store und dem Google Play Store ist kostenlos. Viele Entwickler bieten einen kleinen Raum für Werbung, um damit etwas Geld zu verdienen. Diese Plätze werden von Anzeigen und Werbe-Maklerdiensten bevölkert, die dem Entwickler einen Prozentsatz ihres Profits abtreten, gemessen an Views (bekannt als Seitenaufruf) und Klicks. Erträge werden üblicherweise pro Tausend Kontakten gezahlt, so dass Werbe-Makler darauf zielen, die Anzahl der Anzeigen und deren Frequenz, mit der diese auf dem Bildschirm der Benutzer angezeigt werden, zu maximieren.
Es gibt zwei große Probleme in diesem Ökosystem: Erstens, die Kosten der Konsumenten in Hinsicht auf Bandbreite und Energie – und ihrer Privatsphäre. Persönliche Daten sind der größte Treibstoff der Werbeindustrie und tausende Firmen arbeiten damit, Daten über Benutzer und deren Nutzungsgewohnheiten zu sammeln, zu verfolgen und zu verkaufen. Zweitens, der Fakt, dass die Basis des Ökosystems, dass Generieren von Zahlungen durch Views und Klicks, von Bots (Klickbetrug) erzeugt werden kann, so dass hohe, ungerechtfertigte Kosten für Werbende entstehen.
Anzeigen besser zu machen ist besser für alle
Das internetfähige Smartphone für den Massenmarkt ist gerade einmal zehn Jahre alt, so dass die mobile Werbeindustrie noch in den Kinderschuhen steckt. Man könnte die Spannung zwischen den Markteilnehmern mit den frühen Anfängen der MP3-Musiktauschbörsen (Napster, Limewire, Shareaza) und dem Langzeiterfolg des legalen, bezahlten Modells, welches sich daraus entwickelte, vergleichen. Die Abhängigkeit der Konsumenten von kostenlosen Apps im Austausch gegen ihre persönlichen Daten hat die aggressive Datensammlung der Werbeindustrie gesteigert.
Im Gegenzug führt dieses Verhalten dazu, dass Befürworter von Privatsphäre und Verbraucherrechten, Ad-Blocking-Software erstellen und deren Nutzung unterstützen. Zwangsläufig wird diese Drei-Wege-Spannung zu mehr Aufsicht und Gesetzgebungen führen, um den Exzess, besonders auf dem hoch regulierten europäischen Markt, zu bändigen.
Um ein extremes Beispiel zu nennen: ein kleiner Mobilfunkanbieter hat sich neulich dazu entschlossen, mobile Anzeigen generell zu blockieren. Das ist zweifellos eine mögliche Lösung. Würden allerdings viele diesem Schritt folgen, wären die App-Entwickler stark darin eingeschränkt, weiterhin zu entwickeln und zu programmieren. Es wäre somit schwieriger, kostenlose Produkte für Nutzer zur Verfügung zu stellen.
Die Kontrolle über das Web-Ökosystem an Telekommunikations-Unternehmen oder kleine aber doch einflussreiche Ad-Blocking-Firmen, die Werbenden erlauben, ihre Anzeigen zu whitelisten, damit Verbraucher diese trotzdem sehen, abzugeben, ist für die meisten ein unerwünschtes Ergebnis.
Andererseits werden bereits Privatsphäre-wahrende mobile Werbemethoden entwickelt und es gibt zahlreiche Rufe von Verbrauchern nach mehr Kontrolle über ihre persönlichen Daten. Richtig ausgeführt, auf eine Art die Verbrauchern nicht auf den Geldbeutel schlägt oder die Web-Browsing-Erfahrung mindert, gibt es keinen Grund dafür, dass Anzeigen, vielleicht sogar weniger gezielte Anzeigen, nicht wieder akzeptiert werden.
Dieser Artikel erschien zuerst auf “The Conversation” unter . Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Image (adapted) „E-Mail Marketing“ by Tumisu (CC0 Public Domain)
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Schlagwörter: adblock, apps, Medien, software, werbung