Der D21-Digital-Index 2014 lässt einen Stillstand in der digitalen Gesellschaft vermuten, dabei ist nur ein breiteres Bewusstsein für den digitalen Wandel entstanden. Am Mittwoch stellte die Initiative D21 ihre vom Marktforschungsinstituts TNS Infratest erstellte und dem Bundeswirtschaftsministerium unterstützte Studie D21-Digital-Index 2014 vor, in der die Entwicklung der digitalen Gesellschaft in Deutschland untersucht wird. Was auf den ersten Blick wie ein Stillstand wirkt ist vielmehr Ausdruck eines breiteren Verständnisses für den digitalen Wandel.
Stagniert der Digitalisierungsgrad in unserer Gesellschaft?
Für Robert Wieland, Geschäftsführer des die Studie durchführenden Marktforschungsinstituts TNS Infratest und Vizepräsident der Initiative D21, sind die Ergebnisse zum Teil gut, zum Teil schön und einige nur Besorgnis erregend. Zwar haben sich im vergangenen Jahr der Zugang zum Internet, die Offenheit gegenüber neuen Technologien und die Vielfalt der Internetnutzung leicht verbessert, Unterschiede im Digitalisierungsgrad (also der qualitativen Nutzung des Internets) bleiben in Bezug auf Alter, Geschlecht und Regionalität nach wie vor bestehen.
Die digitale Gesellschaft bleibt insgesamt heterogen. Rund zwei Drittel der Bevölkerung sind zwar immer noch skeptisch bis vorsichtig gegenüber dem digitalen Wandel, doch alle definierten Nutzergruppen – von den außenstehenden Skeptikern bis zu den vorsichtigen Pragmatikern – sind leicht rückläufig, während die Gruppe der Digital Souveräne leicht zulegen konnte. Im Schnitt verbesserte sich der Index nur um 0,1 Punkte auf 51,3. Doch was wie ein vermeintlicher Stillstand wirkt ist viel mehr Ausdruck eines realistischeren Bewusstseins über den digitalen Wandel.
Die Aufdeckung der globalen Überwachung des Internets hat viele Nutzer verunsichert, zugleich aber auch die Debatte um den politisch bisher ohne Konsequenz gebliebenen Skandal, um eine technische Ebene erweitert. Viele der neuen Begriffe und Themen sind den meisten Bürgern aber unbekannt und zu speziell, weshalb sie ihre Kompetenz im Vergleich zum Vorjahr schlechter bewerten. Vor diesem Hintergrund und der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft wirkt der leichte Anstieg von 0,1 Indexpunkten fast schon positiv, denn er beruft auf realistischeren Einschätzungen als in den letzten Jahren.
Gesellschaftliche Probleme – analog wie auch digital
Die strukturelle Benachteiligung von Frauen in unserer Gesellschaft wie auch die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft spiegeln sich ebenfalls in den Ergebnissen der Studie wieder. Männer in Deutschland sind mit 57 Punkten im Index deutlich vor Frauen, die auf 46 Punkte kommen. Nicht einmal jede zweite Frau über 50 Jahren ist im Internet. Bei den 14 bis 19 Jährigen liegen die Mädchen allerdings inzwischen leicht vor den Jungs. Unabhängig vom Geschlecht wächst die digitale Lücke zwischen jüngeren und älteren, sowie geringer und besser gebildeten Befragten.
„Innerhalb weniger Jahre hat die Digitalisierung die tägliche Lebenswelt verändert„, wie Wieland erklärt. Zwar möchten seiner Einschätzung nach 78 Prozent der Deutschen „keine persönlichen Daten gegen einen kostenlosen Service tauschen, dennoch sind die Nutzerzahlen bei den entsprechenden Anwendungen hoch. Die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit macht deutlich, dass es zum Thema Datenbewusstsein noch massiven Aufklärungsbedarf gibt.“ Das Datenbewusstsein ist in der Bevölkerung nur schwach ausgeprägt, trotz der ungehinderten Überwachung des Internets.
Die Politik ist gefragt
Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries, betonte vor allem die Rolle der Digitalisierung für den Industriestandort Deutschland: „Wir wollen die Menschen dabei unterstützen, ihre Digitalkompetenzen auszubauen, damit sie am Ende gemeinsam mit Wirtschaft und Politik aktiv zur Gestaltung des IT-Standorts Deutschland beitragen können.“ Der D21-Digital-Index zeigt auch, dass eine digitale Arbeitskultur immer wichtiger wird, denn vor allem Berufstätige weisen im Durchschnitt einen deutlich höheren Digitalisierungsgrad auf.
„Das zeigt, die Wissensvermittlung und der nötige Kompetenztransfer müssen verbessert werden„, wie Zypries klarstellte. „Um die daraus entstehenden Chancen für die Wirtschaft zu nutzen, ist es wichtig, dass für ein attraktives Arbeitsumfeld geschaffen wird, das die Chancen der Digitalisierung noch besser erschließt.“ Die Politik ist gefragt, die Möglichkeiten der Kompetenzerlangung und Teilhabe anzubieten und entsprechende Schutzmechanismen des Daten- und Verbraucherschutzes zu gewährleisten, so dass sich auch Internetnutzer mit geringer IT-Kompetenz sicher in der digitalen Welt bewegen können.
Die Studie gibt es hier als Download unter der Lizenz CC BY 4.0, weitere Grafiken in diesem Flickr-Album unter CC BY-ND 2.0.
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Schlagwörter: Brigitte Zypries, Bundeswirtschaftsministerium, D21, Digital-Index, digitalisierung, Gesellschaft, studie, TNS Infratest
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