In den großen App-Stores generieren Entwickler ihre Umsätze heute fast ausschließlich mit Freemium-Apps, für die der Nutzer trotzdem zahlen muss. Kostenlose Apps sind eine tolle Sache – für den Nutzer zumindest. Der Entwickler der App hat nichts davon, außer mit Werbebannern. Diese nerven, können aber vom Nutzer entfernt werden – gegen Bezahlung. Auch Zusatzfunktionen und -Inhalte lassen sich oft nur nach der Transaktion kleinerer Beträge nutzen. Und das Konzept geht auf. Heute werden fast alle Umsätze in den App-Stores über die kostenlosen Apps mit Premium-Bezahlinhalten generiert. Doch ist diese Entwicklung gut? Und wenn ja, für wen?
Freemium: das Erfolgsmodell
Heute findet in San Francisco die Entwicklermesse Google I/O statt, zu der Google erfahrungsgemäß auch immer die aktuellsten Wachstumszahlen von Android & Co. bekannt gibt. Gestern bereits hat der Anbieter von App-Analystics-Diensten, App Annie, zu diesem Anlass einen Report veröffentlicht, in dem man unabhängige Zahlen aus dem Google Play Store bekannt gibt. Daraus geht nicht nur hervor, dass der Google Play Store immer weiter kräftig wächst, sondern auch dass die Umsätze massiv steigen. Gute Nachrichten für Google und die App-Entwickler.
Eine Sache fällt an diesen Zahlen allerdings ganz besonders auf, nämlich dass der Großteil der erzielten Umsätze aus Freemium-Apps stammt. Um genau zu sein handelt es sich um 98 Prozent der Umsätze. Das Freemium-Modell, dessen Name sich aus den Worten Free und Premium zusammensetzt, hat sich also ganz klar durchgesetzt und beherrscht die App-Stores. Bei Apple ist der Anteil der Umsätze aus Freemium-Apps mit 92 Prozent im Dezember 2013 nur unwesentlich niedriger gewesen. Doch wieso funktioniert dieses System eigentlich so gut?
Joel Gascoigne, Gründer und CEO von Buffer, über Freemium und die Nutzererwartungen:
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Was nichts kostet ist auch nichts wert
Früher war es normal, dass der Nutzer für Software einmal ein Betrag zahlt um diese nutzen zu können. In der Spielebranche hat sich dies schon vor einiger Zeit mit dem Aufkommen von Abo-Modellen und Free2Play-Spielen geändert. Mit dem Vormarsch der mobilen Endgeräte und der dafür erhältlichen Apps hat das Freemium-Modell nun auch App-Markt der Nicht-Games fest im Griff. Dabei war es anfangs üblich, dass die meisten Apps um die 2 bis 3 Euro gekostet haben. Kleine Beträge also, die die Nutzer durchaus auszugeben bereit sind. Zumindest in Apples Ökosystem – Android-Nutzer waren im Vergleich deutlich weniger bereit, Geld für eine App auszugeben. Das lag nicht zuletzt auch an den mangelhaften Bezahlmöglichkeiten, die Google bot.
Es hat sich also eine Kostenloskultur im Play Store breit gemacht, sehr zum Leidwesen der Entwickler, die unter Android nur schwer Geld verdienen konnten. Allerdings nur, bis das Freemium-Modell auf der Bildfläche erschien – dies wurde zusätzlich begünstigt, nachdem Apple und Google In-App-Käufe in ihren App-Stores zugelassen haben. Interessanterweise sind Android-Nutzer nämlich nach wie vor selten bereit, für eine App einen einmaligen Betrag zu zahlen – für Inhalte innerhalb der App dafür aber schon. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich bei Freemium-Apps die Basis-Funktionalität frei nutzen lässt. Der Nutzer kann also in aller Ruhe die App ausprobieren und wird so eher an sie gebunden. So fällt ihm oftmals dank penetranter Werbung der Entwickler auf, dass die Premium-Inhalte oder –Funktionen, an die er momentan noch nicht ran kommt eigentlich doch auch ganz praktisch oder interessant wären und ist eher bereit dafür zu zahlen.
Kleinvieh macht auch Mist
In der Spielebranche sorgt das Free2Play-Modell seit Jahren für Umsätze in Millionenhöhe. Dabei handelt es sich, bis auf einige Ausnahmen, überwiegend um geringe Beträge, die wenige Nutzer zahlen um weiterspielen zu dürfen, oder bestimmte Gegenstände freizuschalten. Games machen beim Umsatz in den App Stores zwar entsprechend den Großteil aus, aber immer mehr normale Apps adaptieren das Modell, da es unheimlich lukrativ ist. Egal ob Evernote, Feedly, Lastpass, Spotify oder die Bild-App, alle sind kostenlos nur eingeschränkt nutzbar.
Derzeit sind viele Entwickler noch dabei auszuprobieren, welche Form des Freemium-Modells sich für die Monetarisierung ihrer App am besten eignet. Aber immer mehr Entwickler wechseln nachträglich auf das Freemium-Modell, so wie zuletzt SwiftKey unter Android. Und man kann es ihnen nicht verdenken. Nicht nur sind Nutzer eher bereit in einer vertrauten App für Inhalte zu zahlen, durch das Hinzufügen von weiteren Inhalten und Zusatzfunktionen oder einem Abo-Modell lässt sich über lange Zeit mit dem Modell Geld verdienen, nicht nur einmalig.
Nils Pihl, Gründer von Mention, über die Psychologie von Freemium:
Die Politik ist am Zug
Für den Nutzer bedeutet das Freemium-Modell auf lange Sicht also, dass man tendenziell mehr für eine App ausgeben kann, als die eigentlichen 2 bis 3 Euro. Allerdings muss man dies auch nicht der Fall sein, zumindest wenn einem die Basisfunktionen ausreichen, oder man sich mit nervigen Werbeeinblendungen abfinden kann. Das Modell steht allerdings massiv unter Beschuss. Nachdem bereits die britische und italienische Regierung Apple und Google aufgefordert haben, die entsprechenden Angebote zu überprüfen, hat dieses Jahr auch die EU-Kommission unter Leitung von Verbraucherkommissar Neven Mimica, Freemium-Apps ins Visier genommen. In diesen Fällen richtet sich das Augenmerk allerdings hauptsächlich auf Free2Play-Spiele, die vor allem Kinder oftmals zur Zahlung horrender Summen verleiten. Dass sich dadurch allerdings grundlegend etwas an dem Modell ändern wird, ist nicht zu erwarten – es wird sich eher noch weiter durchsetzen, wenn mehr Entwickler Möglichkeiten finden, das Modell für ihre Zwecke zu adaptieren. Dem Nutzer bleibt also nichts Weiteres übrig, als sich mit Freemium anzufreunden, oder zu lernen, sich mit weniger Funktionen und Inhalten zufrieden zu geben.
Image (adapted) „App Store“ by Cristiano Betta (CC BY 2.0)
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Schlagwörter: APP NEWS, App-Store, Freemium, Play Store
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