Destination Check: Wie war der 30C3?

Zwischen Weihnachten und Januar lassen es die meisten Menschen eher ruhiger angehen. Nicht aber der Chaos Computer Club (CCC), der in der letzten Woche des Jahrs 2013 zum 30. Chaos Communication Congress (30C3) einlud. Nicht nur aufgrund des runden Jubiläums gab es ein besonderes Interesse an der Veranstaltung, es war auch die erste Konferenz der Hacker seit den Enthüllungen von Edward Snowden. Im Zeichen der Debatte zwischen Überwachung und Freiheit stand auch die gesamte Veranstaltung, wie uns Markus Kompa, Anne Hanrath und Jakob Steinschaden berichtet haben.

Markus Kompa, Rechtsanwalt, CCC-Mitglied, Journalist und Blogger


Wie ist dein Gesamteindruck?

Denkbar positiv. Ich bin froh, dass wir eine kompetente und handlungsfähige Organisation wie den CCC haben, die schon frühzeitig auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der IT-Revolution hinwies und wichtige Probleme in akademischer Weise anspricht, aber auch Haltung beweist. Die Entscheidung, den Kongress aus den begrenzten Berliner Räumlichkeiten in das Hamburger Kongresszentrum zu verlegen, hat sich insbesondere im Snowden-Jahr bewährt, wo mit über 9.000 Besuchern das Interesse besonders hoch war. Beeindruckend finde ich auch die Selbstorganisation durch über 1.000 freiwillige Helfer. Dass Menschen, die wie etwa Ex-Bundesdatenschützer Peter Schaar Wichtiges zu sagen haben, ein solches Forum und Bestätigung etwa mit Standing Ovations geboten wird, halte ich für sehr wichtig.

Haben Redner und Teilnehmer deine Erwartungen erfüllt?

Ja, die Auswahl der Talks fand ich durchaus gelungen, alle Redner, die ich hörte, waren überzeugend. Auch für einen Nicht-ITler wie mich gab es spannende und unterhaltsame Vorträge. Ein Großteil der Panels ist politischer Natur. Anders als früher scheint keine Podiumsdiskussionen mehr zu geben – vermutlich wegen des eng gepackten Zeitplans. Es ist auch ein bisschen schade, dass sich keine Politiker auf dem Kongress sehen lassen. Andererseits genieße ich aber auch die parteipolitische Neutralität des CCC.

Was war dein persönliches Highlight der Veranstaltung?

Mich persönlich hat der Vortrag von Prof. Foschepoth am meisten interessiert, der als erster Forscher überhaupt Zugang zu den Akten über die Überwachung im Adenauer-Deutschland bekam und unsere Perspektive auf den Überwachungsstaat drastisch verändert hat. Unterhaltsamstes Highlight ist natürlich die jährliche Fnord-News-Show.

Wie würdest du die Teilnehmer einordnen?

Während den Kongress früher, als die Tickets noch begrenzt waren, wohl hauptsächlich die Nerds und IT-Professionals besuchten, habe ich nun den subjektiven Eindruck gewonnen, dass das Interesse an diesen Themen inzwischen auf breiteren Boden fällt. Insbesondere scheint der Frauenanteil größer geworden zu sein.

Gehst du nächstes Mal wieder hin bzw. wem empfiehlst du den 31C3?

Mit Sicherheit werde ich auch nächstes Jahr wiederkommen. Nirgendwo sonst trifft man an einem Ort so viele Hacker und IT-Aktivisten. Da die Talks alle im Netz nachhörbar sind, kann sich jeder ein eigenes Bild davon machen, ob ihn die Veranstaltung anspricht.


Anne Hanrath, Doktorantin am Institut für Geometrie und praktische Mathematik der RWTH Aachen


Wie ist dein Gesamteindruck?

Sehr gut. Die vier Tage fand ich sehr spannend und informativ. Es gab viele interessante Talks, Assemblies und Workshops und es gab noch mehr interessante Menschen da. Leider ist es nicht möglich, alles mitnehmen zu können, auch wenn man es versucht. Ich habe mich auf dem 30C3 sehr wohl gefühlt.

Haben Redner und Teilnehmer deine Erwartungen erfüllt?

Sie haben sie übertroffen. Die Vielfalt auf dem Congress war so beeindruckend hoch, dass ich manchmal nur verwundert zugeschaut habe.

Was war dein persönliches Highlight des Veranstaltung?

Außerhalb der vielen tollen Talks und Assemblies hat mich das interne Telefonnetz sehr beeindruckt. Auch dass man daraus nach Hause telefonieren konnte war klasse. Das war es bestimmt keine leichte Aufgabe, das so gut einzurichten. Sehr erschreckt haben mich die Ausmaße der Enthüllungen der Überwachung aller Menschen, die am Internet teilnehmen können.

Wie würdest du die Teilnehmer einordnen?

Gar nicht. Die Teilnehmer des 30C3 kamen aus sehr vielen verschiedenen Ecken und Richtungen. Sie unter einen Hut zu kehren, ist unmöglich. Mein Eindruck war aber, dass alle Teilnehmer die Neugier und der Wille zum kritischen Hinterfragen eint.

Gehst du nächstes Mal wieder hin bzw. wem empfiehlst du den 31C3?

Ich würde nächtes Jahr wieder sehr gerne dort hin gehen, wenn es klappt. Wenn nicht, werde ich auf jeden Fall die Talks im Internet live mitschauen.


Jakob Steinschaden, freier Journalist und Autor auf Netzpiloten.de


Wie ist dein Gesamteindruck?

Sehr gut. Auch wenn der Chaos Communication Congress anders als viele andere, kommerzielleren Kongresse „nur“ von Freiwilligen betreut wird, lief fast immer alles reibungslos ab. Und: Die Tech-Nerds schaffen es jedes Jahr trotz der enormen Nutzung, die Internet-Anbindung fast immer schnell aufrecht zu halten. Andere Tech-Konferenzen scheitern regelmäßig an der Internetanbindung.

Haben Redner und Teilnehmer deine Erwartungen erfüllt?

Ja. Glenn Greenwald, Julian Assange, Jacob Appelbaum, Peter Schaar, Annie Machon, Jan Philipp Albrecht uva. haben äußerst spannende und inspirierende Vorträge gehalten. Auch die Teilnehmer sind in Summe höfliche, offene Menschen, mit denen man sich gerne unterhält. Einzig die Frauenquote könnte etwas höher sein, gefühlte 90 Prozent der Teilnehmer sind männlich.

Was war dein persönliches Highlight der Veranstaltung?

Der Vortrag und das anschließende Gespräch von und mit dem New Yorker Künstler Trevor Paglen, der es zur Kunstform erhoben hat, Geheimdienste und ihre Infrastruktur aufzuspüren und sichtbar zu machen.

Wie würdest du die Teilnehmer einordnen?

Hacker, Bastler, Nerds, Geeks, netzpolitisch Interessierte, Blogger, Journalisten. Und in den letzten Jahren auch immer mehr interessierte „Normalbürger“, die die Relevanz der Thematik für sich entdecken.

Gehst du nächstes Mal wieder hin bzw. wem empfiehlst du den 31C3?

Ja. Empfohlen sei die Veranstaltung allen, die zwischen Weihnachten und Neujahr statt faulenzen mal so richtig querdenken wollen.


Image (adapted) “30C3 CCH“ by NotAlain (CC BY 2.0)

 


 

ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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