Dialog Natives: Frontbericht aus dem hitzigen Adblocker-Krieg

Auf dem Event “Keine Werbung? Bestandsaufnahme Adblocker”, dass von Dialog Natives veranstaltet wurde, kam es zum beispielhaften Debattenaustausch zum Thema Adblocker – die Fronten sind verhärtet.

Mit dem Fahrstuhl ganz nach oben in einen kleinen Raum im Betahaus. Während der Raum sich langsam füllte, werden schon fleißig Fotos geschossen, Unterhaltungen geführt und neugierige Blicke ausgetauscht. Das Programm soll eine vielseitige Aufklärung über Adblocker bieten.

Die Gästeliste des Abends liest sich wie ein Kompass der Debatte: Prof. Dr. Stefan Engels, Fachanwalt für Urheber und Medienrecht an der Uni Hamburg, vertritt die Verlage im Streit, Jan Möllendorf von defacto x ist als Marketing-Erklärer dabei, Caroline Louwetter von Eyeo und Michael Siegler von tissomi sind die VertreterInnen des Neuen und Umstrittenen.

In der einen Ecke: Die Adblocker-Gegner

Selten ist eine Debatte, außer es geht ums Urheberrecht, so voll von Emotionen. Engels spricht in seinem Eröffnungsvortrag sogar von Krieg, zeichnet ein prekäres Bild der unter Adblocker leidenden Verlage und stellt den Mangel an Geschäftsmodellen als beinahe zu schützende Tradition dar.

 

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Sein wichtigstes Argument, das Wettbewerbsrecht, ist selbst bei Juristen nur schwach definiert und somit recht harmlos. Die Nutzerautonomie, die jedem garantiert, keine Werbung sehen zu müssen, ist im Digitalen auf einmal relevant geworden, war aber laut Engels nie Teil der Abmachung zwischen Verlagen (mit Printdenkweise) und Nutzern.

Jan Möllendorf, der Marketingerklärer, fragt das Publikum nach seinem Nutzungsverhalten – zwei bis drei Gäste würden Adblocker abschaffen, die Mehrheit hat sie schon einmal genutzt – und warnt noch unheilverkündend vor einem möglichen Streit, den er auf der letzten Veranstaltung erlebte, und der diesmal genauso kommen sollte.

Ihn als jemanden aus der Marketing-Branche betreffen Adblocker zwar nicht direkt, aber sie vermeiden das zurückverfolgen von Informationen über das Nutzungsverhalten der Konsumenten. Das bedroht jedoch mittelbar sein Geschäftsmodell. Möller plädiert deshalb für konsequenteres Verhalten der Verlage – Content für Werbung, ähnlich einer Paywall – oder mehr Aufklärung statt Schuldzuweisung im Verhältnis zwischen Verlagen und NutzerInnen.

 

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Gegenüber in der Debatte: Die Adblocker-Profiteure

Möllendorf warnt vor einem Wettrüsten zwischen Verlagen und Nutzern, er plädiert für einen Standards setzenden Werberat und eine Neuausrichtung des Engagements in der Debatte. Seiner Meinung nach werden die NutzerInnen sich durchsetzen und die Politik ihnen folgen, weshalb von Anfang an mit den NutzerInnen nach einer Lösung gesucht werden sollte.

Caroline Louwette von Eyeo sieht einen Kompromiss in ihrem Geschäftsmodell Adblock Plus. Vermeintlich “nervige Werbung” soll blockiert werden, gleichzeitig aber die “gute Werbung” zu gelassen werden. Diese Blacklist an zu blockierender Werbung wird angeblich von 200 Freiwilligen der Open-Source-Community gepflegt.

 

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Warum NutzerInnen aber Werbung blocken, ist für Louwette offensichtlich. Vor allem bei der mobilen Internetnutzung steigt der Verbrauch des Datenvolumen, manche NutzerInnen wollen ihre Privatsphäre schätzen und unterbinden Tracking, und manche Werbung, vor allem Animationen, sind einfach nervtötend.

Ihrer Meinung ist das der Beginn des Teufelskreises in der Debatte, denn es sind die nach Aufmerksamkeit haschenden Verlage, die auf immer auffälligere Werbung setzen, um so die Werbeeinnahmen zu steigern. Dies stößt  aber auf eine Blockade der NutzerInnen- sie wollen ein ungestörtes Nutzungserlebnis im Internet haben!

Ein Streitpunkt in der Debatte: Geld und Zugang

Louwette plädiert zum Schluss für eine vermittelnde Funktion, beispielsweise in einem Board, in dem auch die Verlage vertreten sind. Dies veranlasst Michael Siegler zur Frage, wie sich Eyeo finanziert. Louwette reagiert gelassen und räumt ein, dass sie neben Spenden auch durch eine Beteiligung von 10 Prozent an den zugelassenen Werbungen verdienen, also Geld von den Verlegern bekommen.

Michael Siegler von tissomi findet die Lösung durch Adblock Plus alles andere als gut. Sein erstes Statement ist klar und deutlich: “Stoppt Adblocker und rettet Publisher”. Er hält es für eine gefährliche Lösung, dass die Verlage keine Entscheidungshoheit über die Kriterien besitzen. Für ihn ist das eine klare Erpressung der Verlage. Abschließend bemerkt er sogar, dass Adblocking das Sinken des hochwertigen Contents verursacht.

 

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Die Abschlussfragerunde wird frühzeitig durch eine hitzige Auseinandersetzung beendet, die zwischen Adblock Plus und tisoomi entfacht wurde. Was erst ruhig angefangen hatte, endete, wie von Möllendorf prophezeit und Engels verbildlicht hatte, in einen kleinen Krieg. Zum Glück leiteten die Moderatoren das Ganze rasch in eine Einladung zu einer Erfrischung und kleinen Häppchen um. Ihnen wurde es wohl auch zu heiß im Raum.


Image (adapted) „ADBlock“ by TAKA@P.P.R.S (CC BY-SA 2.0)


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