Die Mediathekenumschau vom 14. Juli

Es ist so eine Sache mit den Mediatheken: Für viele Digital Natives sind sie schon Fernsehersatz – alles ist überall abrufbar. Doch nur auf Zeit: Gerade die öffentlich-rechtlichen Programme sind oft nach einer Woche wieder offline. Verlängertes Fernsehen statt digitales Archiv. Bevor sie verschwinden, fischen wir die besten Perlen aus der TV-Flut.

 

ARTE-THEMA: Summer of Soul

arte +++ ab 13. Juli: Statt auf das Fernsehprogramm zurück, schauen wir heute mal nach vorne. Um von dort wieder zurück zu schauen, oder so ähnlich – auf die Geschichte des Soul nämlich. Arte startet an diesem Wochenende seinen „Summer of Soul“ vollgepackt mit Spielfilmen, Dokus, Konzertaufzeichnungen und einem ganz besonderen Highlight: Ein 8-teiliges Porträt der legendären Musikshow „Soul Train“. Dabei spielt der Kulturkanal die Möglichkeiten seiner übersichtlichen Webseite (wer sich einmal bei zdf.de verlaufen hat weiß, wovon die Rede ist) und seiner Mediathek arte+7 voll aus. Warum sich eigentlich noch termingerecht vor dem Fernseher einfinden, wenn man einen ganzen Sommer-Sonntagnachmittag damit verbringen kann, erst etwas über die Geschichte des Souls zu lernen, dann im „Soul Train“ zu Sly & the Family Stone zu wippen und am Ende vielleicht noch Ray Charles’ Aufstieg zur Ikone zu verfolgen. Oder vielleicht doch lieber Shaft? Toll!

BESCHEID WISSEN: Gasland

arte +++ Sendung vom ab 9. Juli: Fracking ist in aller Munde. Wie weit die neue industrielle Revolution in der Ölgewinnung bereits fortgeschritten ist, wird erst langsam klar; ebenso, wie gravierend die ökologischen Folgen sind. Ausgehend von seiner eigenen Geschichte – er wurde aufgefordert, sein Land für eine Fracking-Bohrung zur Verfügung zu stellen – hat der Filmemacher Josh Fox bereits 2010 eine eindrucksvolle Dokumentation gedreht. Nach „Drogen – Amerikas längster Krieg“ zeigt arte einen weiteren tiefen Einblick in die offenen Wunden Amerikas. Wieder handelt es sich um einen eindrucksvollen politischen Dokumentarfilm.

ZUHÖREN: B.sucht – Autismus

WDR, b.sucht +++ Sendung vom 11. Juli: Wann immer in einem Drehbuch ein kluger Spinner gebraucht wird, sitzt der Griff in die pathologische Mottenkiste: Ein Autist muss her! Seit Rain Man ist dieses Muster fest verankert und bescherte uns so liebevolle Figuren wie Max aus “Mary und Max” oder den kleinen Jungen, der Tausende Schlösser in New York ausprobieren will um das passende für seinen Schlüssel zu finden (“Extrem laut und unglaublich nah”). Das Autismus in vielen Formen auftreten kann und Betroffene oft mehr unter dem Klischee leiden als unter den direkten Folgen, spricht sich nur langsam rum. Die Einfühl-Allzweckwaffe des WDR, Bettina Böttinger, besucht Menschen mit Autismus und hört ihnen zu. Auch mal was.

SOMMERPAUSE: Kulturzeit kompakt

3Sat +++ Montag bis Freitag: Es ist Sommerpause. Das macht sich nicht nur dadurch bemerkbar, dass sich die Mediathekentipps zwar auf dem Balkon, aber eben nicht am See zusammenschreiben lassen. Auch beim Output schalten die Sender einen Gang runter. Schön, dass Kulturzeit wenigstens einen kleines Ersatzangebot bereit hält. „Kulturzeit kompakt“ beschäftigt sich täglich mit nur zwei Themen und (Hochkultur-) Nachrichten des Tages. Das kommt flotter daher als das oft biedere Original. In der letzten Sendung dürfen die armen Kollegen, die nicht im Urlaub sind, einen Comic nacherzählen und es fallen so schöne Sätze: „Ob Joghurt oder Hannelore Kraft, Frank Stauss bewirbt alles“.

wanderte schon früh zwischen den Welten, on- und offline. Der studierte Kulturarbeiter arbeitete in der Redaktion eines schwulen Nachrichtenmagazins im Kabelfernsehen, produzierte Netzvideos und stellte eine Weile Produktionen im Cabaret-Theater Bar jeder Vernunft auf die Beine, bevor er als waschechter Berliner nach Wiesbaden zog, um dort am Staatstheater Erfahrungen im Kulturmarketing zu sammeln. Er baute später die Social-Media-Kanäle der Bayreuther Festspiele mit auf und schoss dabei das erste Instagram-Bild und verfasste den ersten Tweet des damals in der Online-Welt noch fremden Festivals. Seitdem arbeitete er als Online-Referent des Deutschen Bühnenvereins und in anderen Projekten an der Verbindung von Kultur und Netz. 


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2 comments

  1. Wir haben nicht mal einen Fernseher, schauen nur noch übers Internet über Mediatheken (und eigentlich auch fast nur die Heute-Show). Wir haben unser Fernseh-Adapter-Dingens mit den Worten „Der Inhalt kommt einfach nicht an die Qualität dran“ zurück gegeben.

    1. Ich habe noch einen teuren Entertain-Vertrag am laufen, der jeden Monat kostet, obwohl ich seit Ewigkeiten nicht mehr ferngesehen habe. Den würde ich auch gerne mit diesen Worten zurück geben.
      Als Heute-Show-Fan kann ich Ihnen den Tagesschaum empfehlen, dass schaue ich religiös in der Mediathek. Überhaupt kommt es ja bei Mediatheken vielmehr darauf an, zu wissen, was im Angebot ist. Man schaut viel gezielter nach dem, was einen interessiert, statt wie beim TV zu zappen.

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