Wie wichtig sind die „wichtigsten“ Weblogs in Deutschland wirklich? Und: Wie misst man „Wichtigkeit“? Über sinnvolle und sinnlose Messungen, Listen und seltsame Maßstäbe für Bedeutsamkeit.
Dazu präsentieren wir Ihnen einige Weblogs, die Sie wahrscheinlich noch nicht kennen, die Ihre Beachtung aber allemal verdienen.
Weblogs wirft man nicht selten Selbstverliebtheit vor, Bloggern eine gewisse Egozentrik. Dazu zählt die „Selbstbeschäfftigung“ mit dem Thema „Bloggen“ und auch eine nicht enden wollende Diskussion über die Bedeutung und Wichtigkeit einzelner Weblogs. Kurz: Wer hat die meisten Leser und bekommt die größte Aufmerksamkeit von Weblogs und Medien.
Exemplarisch für diese Diskussion ist die Debatte um die von Edelmann zusammengestellte Liste der „einflussreichsten Weblogs„, die mit einigem an Aufmerksamkeit bedacht und kritisiert wurde.
Die zentrale Frage bei dieser Diskussion ist: Wie misst man den Erfolg eines Weblogs?
Klassische Ansätze wie das Zählen von Pageviews und Besucher können in Weblogs nur zum Teil angewandt werden, denn aufgrund des an jedem Weblog „angedockten“ RSS-Feed lassen sich die Inhalte eines Weblogs nicht nur auf der Website lesen. So hat zum Beispiel hat Medienrauschen als eines der wohl bekannteren Weblogs in Deutschland zwar „nur“ 2.000 Leser am Tag, dafür aber weit über 2.000 Abonnenten seines RSS-Feed.
Einfach gerechnet also 4.000 Leser? Die Berechnung von RSS-Lesern ist nicht einfach. Selbst FeedBurner, ein Anbieter der sich auf RSS-Statistiken spezialisiert hat, gibt offen zu, lediglich „Richtwerte“ liefern zu können.
Wie also misst man „Erfolg“ sonst?
Als einen verlässlichen Richtwert hat sich die Zählung von Links etabliert. Dank Technorati, der auf Weblogs fokussierten Suchmaschine, ist es möglich, für jedes Weblog einen Rang ausgeben zu lassen. Dieser wird anhand der Anzahl der Links anderer Weblogs auf das betreffende ermittelt. Darüber hinaus wird nicht nur die pure Anzahl von „Backlinks“ angezeigt, sondern auch die Zahl der unterschiedlichen Quellen wird berücksichtigt. So wird ein Weblog mit 100 Links von 73 Quellen besser bewertet als eines mit 1000 Links von 7 Quellen.
Die Anzahl der unterschiedlichen Quellen nun hat sich so zu einem messbaren Kriterium bei der Ermittlung der „Wichtigkeit“ eines Weblogs gemausert. Auf Basis dieser so von Technorati-Zahlen ermittelten Zahlen, stellt Jens Schröder seine „Deutschen Blogcharts“ wöchentlich zusammen. Und auch die Edelman-Liste basierte auf diesen Zahlen.
Doch das System hat entscheidende Nachteile: Es ist von einem Anbieter abhängig, der ab und an seine Schwierigkeiten hat. Und es misst nur die Aufmerksamkeit, die ein Weblog innerhalb der Blogosphäre genießt. Websites, welche von außerhalb der Blogwelt auf ein Weblog verweisen, werden nicht berücksichtigt. Darüber hinaus sind alle Links gleichwertig – eine Zählweise die seit Googles Antritt am Suchmaschinenmarkt ansonsten nicht mehr genutzt wird. Denn das Prinzip Googles ist: Manche Seiten sind wichtiger als andere. Spiegel Online ist wichtiger als die Grundschule 23 in Leipzig. Entsprechend macht eine Verweis von Spiegel Online eine Website wichtiger als ein Verweis von den Webseiten der Grundschule 23.
Eine andere – neue – Herangehensweise zur Berechnung der Aufmerksamkeitsökonomie hat Dirk Olbertz vor wenigen Tagen vorgestellt. Der Betreiber des größten deutschsprachigen Counter-Anbieter Blogscout gewichtet die bei seinem Service angemeldeten Weblogs derzeit noch nach absoluten Besuchern pro Tag. Ein Verfahren, das – wie oben bereits erwähnt – viele Leser „unterschlägt“. Nun hat Olbertz seine Idee vorgestellt: Künftig soll nicht mehr die Anzahl der eingehenden und ausgehenden Links gewertet werden, sondern die tatsächlichen Klicks auf die gesetzten Links.
Diese Idee führt das von Technorati eingeführte Verfahren zwar auf eine höhere Stufe, bekommt das Problem der Gewichtung aber ebenso wenig in den Griff. Und ist, wie gesagt, ohnehin lediglich für die Weblogs möglich, die auch bei Blogscout angemeldet sind.
Den Erfolg von Weblogs zu messen ist also nicht einfach. Es ist – zumindest für den Moment – vielleicht eine Mischung aus Googles PageRank, Technoratis Linkliste und so etwas diffusem wie „Gefühl“. Vielleicht lassen sich die absoluten Zahlen ebenso wenig fassen wie die „Wichtigkeit“ eines Weblogs. Zumindest nicht auf dem digitalen Papier. Früher oder später werden sich allerdings auch Suchmaschinen und Online-Vertriebe mit diesem Thema auseinander setzen. Denn nicht nur Weblogs sondern auch Web 2.0-Unternehmen und offene Medienhäuser werden vor ähnlichen Problemen stehen, je mehr Schnittstellen wie RSS-Feeds oder APIs sie anbieten. Traffic – der Verkehr auf Websites – lässt sich im Web 2.0 nicht mehr absolut mit Einsatz eines IVW-Pixels zählen. Viel zu weit verteilt ist eine Website heute. Andere Methoden müssen her: Die Weblogwelt ist dabei nur der Eingang zu einem Zimmer voller Anbieter, die mit klassischen Zählmethoden nicht mehr auskommen.
Weblogs, die Sie vielleicht noch nicht kennen
Sie kennen nun die Deutschen Blogcharts. Ebenso die meistbesuchten Weblogs. Doch wir haben ein paar Weblogs zusammengestellt, die Sie vielleicht noch nicht kennen, aber kennen lernen sollten:
Jojos illustriertes Blog
Johannes Kretzschmar studiert in Jena Informatik. Seine Leidenschaft jedoch ist das Zeichnen. Und das kann er nicht nur sehr gut, sondern er tut dies auch mit viel Scharfsinn und Humor.
die.schreibbloga.de
Patrick Kollitsch ist einer von denen, über die Deutschlands TV-Sender derzeit in unzähligen Dokumentationen berichten: Er ist Auswanderer. Er lebt seit Januar 2005 in Thailand und berichtet in seinem Weblog nicht nur von, sondern auch über „dort“.
Buchhändleralltag
Der ganz normale Wahnsinn einer Buchhändlerin in einem Buchladen irgendwo in Deuschland. Über Freud und Leid.
„Berufsblogger“ gibt es jede Menge. Die bekanntesten sind Björn Harste und Torsten Bentrup
Nico Zorn
… schreibt über Suchmaschinen-, Weblog – und RSS-Marketing. Mit diesen Themen kennt er sich bestens aus, denn er macht das auch beruflich.
Das Interview Blog
… veröffentlicht täglich interessante Gespräche mit Menschen aus ganz normalen Firmen, mit Helden des Alltags und Pionieren von morgen.
Die Fünf Filmfreunde
Eine Empfehlung für Freunde des Kinos. Immer auch mit einem Augenzwinkern, berichten die fünf Freunde über aktuelle Kinofilme. Mit dabei: Nils Bokelberg, Ex-VIVA-Moderator, zur Zeit beim DSF mit dem „Sofaduell“ zu sehen.
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1 comment
Interessanter Text, vor allen die Passage über die Zählung der RSS Feed Abos und deren Klicks. Ein Problem, dass sich wohl erstmal nicht so schnell lösen lässt.
Was Dirks neue Idee angeht: Die Liste ist interessant und sein Counter deckt ja eine Menge Blogs ab. Wenn ich mein eigenes Blog da durchklicke liege ich zwischen den Top Ten und den irgendwo um Platz 70. Bei In Klicks liege ich weit hinten, bei „Out-Blogs“ also der „Anzahl der unterschiedlichen Blogs, die von diesem Blog aus besucht wurden“ liege ich weit vorne. Schlau wird man dadurch leider auch nicht.
Das Problem der Gewichtung mittels Statistik wird aber immer sein, dass Zahlen nicht die sozialen Netzwerke erfasst und so nicht erkennen, welche Blogs, auch wenn sie vielleicht wenig Leser haben, als schnell Multiplikatoren dienen, weil sie von den Top 25 Bloggern gelesen werden.
Von allen Ranglisten hat mich bisher nicht eine einzige überzeugt. Die Counter leiden meist darunter, dass sie auch Suchmaschinenzugriffe zählen, reine Verlinkungsblogs rutschen schnell in den Linklisten hoch. Eine Ausnahme sind die handgepflegten Deuschen Blogscharts. Aber die leiden darunter, dass man nicht zwischen Blogs unterscheidet, zum Beispiel nur von einer Person, oder die von einem kleinen Redaktionsteam geführt werden. Auch fehlt bisher eine Aufteilung in Sparten, aber soweit ich weiß arbeitet Dirk auch daran.