Die Ausgliederung der Direktnachrichten in eine eigene App hat zwei triftige Gründe: WhatsApp und Twitter. Facebook-Nutzer haben derzeit wieder einen Grund zum Jammern: Sie werden von den Machern des Online-Netzwerks derzeit dazu gezwungen, sich für das Empfangen und Versenden von Direktnachrichten die eigene App “Messenger” (gratis für iPhone, Android und Windows Phone) zu installieren – in der Haupt-App von Facebook wird man künftig private Nachrichten nicht mehr senden können. Diese Aufsplittung der Facebook-App in mehrere Unterfunktionen begründet Facebook mit einem besseren Nutzungserlebnis. Dank der eigenständigen Messenger-App würden User Antworten auf Direktnachrichten 20 Prozent schneller bekommen, heißt es seitens der Firma.
„Wir machen das, weil wir herausgefunden haben, dass die Messaging-Funktion innerhalb der Facebook-App ein Zweite-Klassen-Ding ist und Reibereien verursacht“, sagt Firmenchef Mark Zuckerberg zum umstrittenen App-Split. „Deswegen wollen wir den Leuten ein fokussierteres Erlebnis fürs Messaging bieten.“ Noch dürfte diese Idee die User nicht überzeugt haben: Die Rezensionen des Messenger in Apples App Store und in Googles Play Store sind bis dato vernichtend – kaum einer will eine Extra-App für die Direktnachrichten am Smartphone installieren müssen.
Ich gehe davon aus, dass sich die heute genervten Facebook-User morgen mit der Nutzung von zwei Apps statt einer arrangieren werden und die Welle der Entrüstung schnell abklingen wird. Am Smartphone laufen heute ohnehin in den Notifications (Benachrichtigungen) die Updates verschiedener Apps zusammen.
Facebook reagiert auf einen großen Trend
Spannender als der aktuelle Shitstorm aber ist die Evolution von Social Networks, die sich auch an der Trennung von Facebooks Haupt-App und dem Messenger ablesen lässt. Auch aus Sicht von Mark Zuckerberg macht ein Netzwerk, in dem man sowohl öffentlich als auch privat kommunizieren soll, immer weniger Sinn. Facebook selbst ist über die Jahre zu einem Monster angewachsen, in dem man von komplett öffentlichen Updates (z.B. auf Facebook-Seiten) über halböffentliche Kommentare (sichtbar für im Schnitt 383 Freunde) und Kommentare in kleineren Gruppen bis zu Direktnachrichten alle erdenklichen Kommuniktionsarten (“many to many”, “one to many”, “one to a few”, “one to one”) nutzen konnte.
>Sieht man sich aber an, welche Social Networks Menschen heute neben Facebook nutzen, dann kristallisieren sich zwei große Gruppen heraus: die (fast) komplett öffentlichen, und die (fast) komplett privaten. In dieser Infografik habe ich das veranschaulicht:
1. Öffentliche Netzwerke: Während bei Facebook viele Inhalte der Nutzer hinter Privatsphäreeinstellungen (“nur sichtbar für Freunde”) versteckt liegen, sind bei Twitter sämtliche Tweets, Fotos und Infos der User von Haus aus komplett öffentlich einsehbar – einmal abgesehen von den Direktnachrichten. Nach dem selben Prinzip funktionieren auch die Foto-App Instagram, das Blog-Netzwerk Tumblr, Twitters Video-App Vine oder der chinesische Twitter-Klon Sina Weibo. Während es bei Facebook immer wieder zu Skandalen rund um geänderte Privatsphäreeinstellungen gekommen ist, die vormals private Daten öffentlich(er) gemacht haben, gab es bei Twitter oder Instagram diesbezüglich nie Probleme. Die User wissen: Was ich hier poste, ist öffentlich, es sei denn, ich schreibe es in eine Direktnachricht.
2. Private Netzwerke: Die zweite große Gruppe neuer Social Networks laufen zumeist unter dem Namen Messaging-Apps. WhatsApp, Snapchat, Line, Telegram, WeChat oder eben Facebooks Messenger sind für die private Kommunikation zu zweit oder in kleinen Gruppen gedacht. Zwar gibt es bei Snapchat oder WhatsApp Funktionen, um Nachrichten für ein größeres Publikum sichtbar zu machen, doch primär wollen User damit privat kommunizieren.
(Anm.: Wie “privat” WhatsApp, Snapchat und Co. wirklich sind, darüber lässt sich streiten. Die Daten der User laufen über Server in den USA, zudem fliegen immer wieder Sicherheitslücken auf, die Angreifern Zugriff auf vermeintlich private Informationen geben)
Facebook als Eigentümer eines privaten Netzwerks (WhatsApp) und eines öffentlichen Netzwerks (Instagram) ist dieser Trend wohl so bewusst wie niemandem anderen. Die Aufsplittung seiner Haupt-App in kleinere, auf einzelne Funktionen beschränkte Apps ist daher nicht die Bevormundung seiner User, sondern lediglich eine Reaktion auf ein vor allem durch Smartphones geändertes Nutzungsverhalten. Dementsprechend kann man davon ausgehen, dass die Haupt-App von Facebook künftig sehr stark auf “öffentlich” getrimmt wird.
Image (adapted) „Facebook Messenger app“ by K?rlis Dambr?ns (CC BY 2.0)
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Schlagwörter: apps, facebook, messenger, Soziale-Netzwerke
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