Eine große Aufregung hat es in den letzten Tagen um Jürgen Domians Facebook-Auftritt gegeben. Tobias Gillen mit einem FAQ, das die Causa Domian zusammenfasst und weitere Schritte beleuchtet.
Um wen geht es?
Es geht um Jürgen Domian. Der 56-Jährige ist Journalist und Autor und moderiert seit 1995 von Dienstag bis Samstag das Talkradio-Format „Domian“ im Westdeutschen Rundfunk (WDR) und auf der WDR-Jugendwelle 1LIVE. Zudem geht es um Facebook, das größte soziale Netzwerk mit über einer Milliarde Nutzern weltweit, und Domians Fanseite dort.
Was ist passiert?
Letztlich hat Jürgen Domian auf seiner Facebook-Seite einen Mechanismus zu spüren bekommen, der schon lange Zeit kritisiert wird. Mehrere seiner Postings, die sich mitunter kritisch mit der Kirche und kirchenpolitischen Dingen befasst haben, wurden vom seiner Seite gelöscht, weil sie „nicht den Richtlinien von Facebook“ entsprochen hätten. Das hat Jürgen Domian so sehr verärgert, dass er daraufhin ein Wut-Posting aufsetzte, das bisher über 45.000 Mal geteilt, 30.000 Mal geliked und über 5.500 Mal kommentiert wurde. Wie Domian bekanntgab, wurde dieser Text bisher bereits 2,7 Millionen Mal gelesen.
Wie hat Domian seine Wut ausgedrückt?
In seinem Wut-Posting hat er sich wie folgt ausgedrückt: „Ihr Lieben, ich bin äußerst verärgert und fassungslos: Facebook hat meine Beiträge und ebenso eure Kommentare gelöscht. […] Das ist ungeheuerlich. Mit Meinungsfreiheit hat das nun rein gar nichts mehr zu tun. Die Texte hätten als Kommentar in jeder öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalt über den Sender gehen können, hätten in jeder Zeitung stehen können. Alle Grundbedingungen waren gefüllt. […] Hier schon übt Facebook Zensur aus? Mir wird angst und bange bei der Vorstellung, in unserem Land würden politische Kräfte erstarken, die die Demokratie bedrohen. Eine vermeintlich demokratische Plattform wie Facebook würde wohl sofort des neuen Herrn Diener sein.“ Zudem hat er die Zensur-Debatte in seinem Talk-Format angesprochen und thematisiert.
Was passierte dann?
Facebook entschuldigte sich nun bei Jürgen Domian, sprach von einem „bedauerlichem Fehler“ und widersprach den Vorwürfen der Zensur mit dem Hinweis auf das „Bemühen, die vielen Reports von Nutzern, die wir jeden Tag erhalten, schnell und effizient zu bearbeiten.“ Aber man glaube daran, dass Facebook-Nutzer die Möglichkeit haben, ihre Meinungen frei zu äußern. Domian hat die Entschuldigung nun auch auf seiner Facebook-Seite offiziell angenommen. Am Dienstag postet er: „Ihr Lieben, Facebook hat sich entschuldigt. Ich nehme die Entschuldigung an. Und euch danke ich für die überwältigende Unterstützung.“ Er ist der Meinung, dass man mit gemeinsam viel bewirken könne und hoffe auf mehr Vorsicht, Fairness und Transparenz von Facebook allen Nutzern gegenüber. Zudem stellte er sein Posting zum Papst wieder online.
Aber ist es denn Zensur, wenn Facebook Beiträge löscht?
Das ist eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Natürlich hat Facebook das Hausrecht auf seiner Plattform. Wer sich dort anmeldet, akzeptiert explizit Sätze wie „Wir können sämtliche Inhalte und Informationen, die du auf Facebook gepostet hast, entfernen, wenn wir der Ansicht sind, dass diese gegen diese Erklärung bzw. unsere Richtlinien verstoßen“ in den AGBs, auch wenn die wohl fast keiner komplett durchliest. Es verhält sich hierbei ähnlich wie beim eigenen Grundstück: Will ich nicht, dass eine Person sich darauf befindet, kann ich bestimmen, dass sie gehen soll. Und doch ist der Domian-Fall auf Facebook ein gutes Beispiel dafür, dass die Frage bei einer solch großen Reichweite etwas komplizierter ist. Schließlich beschneidet Facebook hier – wie Domian auch schreibt – seine Meinungsfreiheit. Gegenüber t3n kritisierte er die Richtlinien des Netzwerkes zudem als „willkürlich“. Er halte es zwar für richtig, dass es Grundregeln gibt, aber sei Facebooks Selbstdarstellung als „internationale und demokratische Kommunikationsplattform“ damit nicht vereinbar.
Was nun?
Nun, natürlich kann man jetzt darauf hoffen, dass Facebook seine Mechanismen und Algorithmen transparenter macht. Aber sind wir ehrlich: Wer glaubt daran noch? Letztlich ist es Facebooks Recht, Domians Post von der Seite zu nehmen. Sei es wegen seiner Meinung oder sei es, weil Facebook seine Nase nicht passt. Facebook wäre aber gut darin beraten, die Lösch- und Melde-Vorgänge dringend zu überarbeiten um weitere Protestwellen zu vermeiden, die dem Image des Unternehmens auf Dauer nur noch mehr Schaden werden.
Was ist die Lösung?
Die einzige Lösung ist es – das hat Domian sowohl bei t3n, als auch in seiner Show bereits zum Ausdruck gebracht – solche Texte nicht mehr auf Facebook, sondern auf einer eigenen Seite zu publizieren. Dort nämlich hätte er das Hausrecht und würde keinen AGBs unterliegen. Auch die Kommentare seiner Fans und Leser wären dort vor Löschungen sicher.
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