Glaubwürdigkeit im Journalismus und KI

Vor wenigen Wochen veröffentlichte nextMedia.Hamburg den ersten Teil ihres Media Innovation Reports zum Thema KI und Roboter-Journalismus. Dieser zeigte einen überraschend starken Anstieg in der Akzeptanz künstlicher Intelligenz, aber trotzdem auch klare Einschränkungen. Im zweiten Teil des Media Innovation Reports geht es um Glaubwürdigkeit im Journalismus und die Zahlungsbereitschaft für entsprechende Angebote. Sogar Rezos Rundumschlag gegen die CDU findet in den Fragen Beachtung.

Nur wenig Zahlungsbereitschaft für Journalismus

Wenn man darüber nachdenkt, Teile der journalistischen Arbeit auf eine künstliche Intelligenz auszulagern, muss man auch auf die Wirtschaftlichkeit schauen. Die Umfrage zeigt: die Hälfte der Befragten ist nicht dazu bereit, für journalistische Angebote zu zahlen.

Kein Wunder, sind Onlinemagazine schließlich noch immer zu weiten Teilen gratis verfügbar. Außerdem gibt es mittlerweile viele Blogger, die ohnehin aus einer deutlich persönlicheren Perspektive schreiben, mit der sich Leser besser identifizieren können. Warum jetzt plötzlich für etwas bezahlen, dass man über mehr als ein Jahrzehnt kostenlos hatte?

Auf der anderen Seite zeigt sich aber: Wem guter Journalismus was wert ist, ist dabei nicht völlig knausrig. Zwar sind 19 Prozent bereit nur bis zu fünf Euro auszugeben, doch eine noch größere Gruppe von 22 Prozent würde fünf bis fünfzehn Euro dafür bezahlen. Alles darüber sieht jedoch deutlich dünner aus. Sieben Prozent öffnen ihre Geldbörse immerhin noch für 15 bis 25 Euro, alles darüber mag kaum jemand berappen.

Kleiner Haken: Frage bezieht sich sowohl auf digitale, als auch analoge Angebote. Daher kann es sein, dass die Kaufbereitschaft für eine Zeitschrift da ist, bei Onlineangeboten das Geld jedoch weniger locker sitzt.

Umfrage: Wie viel wären Sie bereit, monatliche für journalistische Angebote zu zahlen?
Nur jeder zweite wäre bereit, für journalistische Inhalte zu zahlen.

Lieber kostenpflichtig vom Journalisten oder kostenlos von der KI?

Die Folgefrage ergibt sich quasi direkt aus der Zahlungsbereitschaft heraus: Lieber einen kostenpflichtigen Artikel eines ausgebildeten Journalisten oder den kostenlosen einer KI lesen? Trotz dass sich nur 50 Prozent als zahlungsbereit erklärt haben, entschieden sich 60 Prozent für den kostenpflichtigen Artikel vom Journalisten.

Dennoch sind die 40 Prozent ein deutliches Zeichen dafür, dass KI-Journalismus einen Markt hat. Auf beiden Positionen gibt es sicherlich noch eine große Schnittmenge derer, bei denen es abhängig von der Qualität der KI-produzierten Artikel wäre. Außerdem wissen wir aus dem ersten Teil der Studie, dass die Akzeptanz von KI stark vom Thema abhängig ist. Faktenorientierte Inhalte wie Wetter und Verkehrsmeldungen sind akzeptierter als politische Inhalte, bei denen Angst vor programmatischer Manipulation vorherrscht. Künstliche Intelligenz hat offenbar noch eine geringere Glaubwürdigkeit im Journalismus.

Frage: Was würden sie eher lesen?
Eine schwierige Frage. Liebe kostenpflichtig vom Journalisten oder kostenlos von der KI?

Influencer gelten als unglaubwürdig

Der Media Innovation Report dreht sich allerdings nicht nur um die KI- und Roboterjournalismus, sondern auch um das moderne Medienumfeld als Ganzes. Obwohl es sich beim Media Innovation Report um eine onlinerepräsentative Studie handelt, schneiden die alten Medien bei der Frage nach Glaubwürdigkeit im Journalismus deutlich besser ab. Die Öffentlich-Rechtlichen Sender führen das Ranking vor Print-Redaktionen und Online-Redaktionen an. Mit jeweils größeren Abständen folgen Privatsender, Blogs und ganz am Ende die Influencer.

Womöglich liegt es daran, dass bei Blogs und Influencern immer eine subjektive Meinung im Vordergrund steht und sich daher nicht zwingend um Neutralität bemüht wird. Trotz der geringen Glaubwürdigkeit, gelten Influencer hingegen – es steckt ja auch schon im Namen – als am einflussreichsten. Ein ganzer Marketingapparat hat sich mittlerweile um die Influencer aufgebaut – was ihrer Glaubwürdigkeit am Ende auch wenig zuträglich sein dürfte.

Frage: Für wie glaubwürdig halten Sie folgende Akteure?
Blogs und Influencer gelten nicht als besonders glaubwürdig. Dabei ist den Befragten Glaubwürdigkeit im Journalismus sehr wichtig.

Noch etwas erstaunlicher ist, dass selbst die Öffentlich-Rechtlichen zu 31 Prozent als eher unglaubwürdig gesehen werden. Da sich 60 Prozent der Befragten auf die Frage nach dem wichtigsten Aspekt der Arbeit von Journalisten außerdem für Ehrlichkeit entschieden, lassen die Ergebnisse der Umfrage auf ein verbreitetes Misstrauen gegenüber der Medien schließen. Mit jeweils 12-13 Prozent zeigen sich neben der Glaubwürdigkeit im Journalismus auch Erfahrung, Quellen und Authentizität als wichtige Faktoren für den Leser ab. Der Werdegang und die Methoden sind dem Lese hingegen vergleichsweise unwichtig.

Frage: Welche der folgenden Aspekte ist Ihnen bei der Arbeit von Journalisten am wichtigsten?
Mit Abstand am wichtigsten bei der Arbeit eines Journalisten: Ehrlichkeit.

Der Rezo-Effekt

Interessant ist auch die recht spezifische Frage über den Einfluss des Anti-CDU-Videos des YouTubers Rezo. In seinem Video rechnete er mit der geleisteten Arbeit der Regierung ab, ging auf Klimaprobleme ein und zeigte Politiker in hohen Positionen, die offenbar wenig Ahnung von ihrem eigenen Fachbereich hatten. Das Video ging derart steil in den Medien, dass einige Politiker daraufhin Stellung bezogen. In das größte Fettnäpfchen trat dabei CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, die sogar eine mögliche Regulierung politischer Meinungsäußerungen in den Raum stellte.

Auf die Frage, ob das Video Einfluss auf die eigene Entscheidung hatte, gaben immerhin neun Prozent an, dass das Video sie beeinflusst hat. Das erscheint für die Brisanz des Videos im ersten Moment vergleichsweise wenig. Doch dürfte die Kernzielgruppe des Videos spätestens nach der Debatte im Artikel 13 der CDU abgeschworen haben. Die neun Prozent dürften also vor allem von außerhalb der normalen Zielgruppe des Influencers stammen. Bedenken wir die Glaubwürdigkeit von Influencern laut der Umfrage, ist das eine doch schon beeindruckende Zahl. Die Frage ist natürlich, in wie fern auch Rezo-Kernzielgruppe für „ja“ gestimmt hat, einfach um die Relevanz zu stärken, auch wenn sie ohnehin nicht die CDU gewählt hätten.. 32 Prozent der Befragten kannten das Video übrigens noch nicht.

Frage: Hatte das Anti-CDU-Video des YouTubers Rezo Einfluss auf ihre Entscheidung bei der Europawahl
Immerhin: Das Video des YouTubers Rezo, hat die Wahlentscheidung von neun Prozent der Befragten beeinflusst.

Über die Studie

Die Studie wurde im Auftrag von nextMedia.Hamburg von Statista zwischen dem 25. und 30. Juni 2019 durchgeführt. An der online-repräsentativen Studie nahmen 1.000 Personen teil, die zu 50,4 Prozent männlich und zu 49,6 Prozent weiblich waren.  


Images by nextMedia.Hamburg

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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