Haushaltspauschale: Einkünfte der Intendanten stellen Sinn infrage

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, dass manche Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender neben ihren hohen Bezügen teils über erhebliche Nebeneinkünfte verfügt haben.

Ihre Position in den Aufsichtsgremien der Tochterfirmen wurde ihnen zusätzlich vergütet. So erhielt die ehemalige WDR-Chefin Monika Piel im Vorjahr zu ihrem Jahresgehalt von 352.000 Euro weitere 58.922 Euro. Kritiker bemängeln, im Rahmen der Haushaltspauschale wird zwar der Einzug der Beiträge im Detail geregelt. Die Gestaltung der Ausgaben hingegen obliegt den Sendeanstalten.

Manche Intendanten haben sich ihren Posten in den Aufsichtsgremien der Tochterfirmen sehr gut bezahlen lassen. Laut den Spiegel-Recherchen erhielt die frühere WDR-Chefin im Jahr 2012 neben ihren Bezügen in Höhe von 352.000 Euro 58.922 Euro zusätzlich. Vor der Berichterstattung des Hamburger Nachrichtenmagazins waren diese Zahlen nicht öffentlich. Dennoch darf man nicht alle Rundfunkchefs über einen Kamm scheren. MRD-Chefin Karola Wille etwa beantragte wegen dieser zusätzlichen Einnahmen Untersuchungen, andere Intendanten ließen die Bezüge deckeln oder verzichteten komplett darauf.

Als am 16. Dezember 2011 Kiel als letzter Landtag dem neuen Beitragsmodell zustimmte, wurde die Haushaltspauschale von manchen Politikern als „Paradigmenwechsel“ oder gar als „Meilenstein“ gefeiert. Verfassungsrechtler Ingo von Münch hingegen bezeichnete den neuen Beitragsservice der Sendeanstalten als verfassungswidrig. Von Münch erinnerte die Politiker daran, dass sie im Parlament nicht als Vertreter der Rundfunkanstalten agieren. Der frühere Wissenschaftssenator Hamburgs (FDP) sieht es als einen „Eingriff in die Freiheitssphäre des Bürgers“ an, dass auch solche Bürger bezahlen müssen, die über kein empfangsbereites Gerät verfügen. Vor der Umstellung war entscheidend, ob ein internetfähiges Gerät oder ein empfangsbereites Radio- oder Fernsehgerät verfügbar war. Seit dem 1.1.2013 gilt die Pauschale grundsätzlich für jeden Haushalt. Bei der Berechnung von Unternehmen ist die Höhe der Abgaben abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter und Fahrzeuge und der Größe der betrieblichen Räumlichkeiten. Der Westdeutsche Handwerkskammertag schätzte die zusätzliche Belastung der Unternehmen in NRW in Höhe von 73 Millionen Euro jährlich.

GEZ-Kritiker Bernd Höcker glaubt ebenfalls an die Notwendigkeit öffentlich-rechtlicher Sender. Diese seien vor allem für die Weiterbildung der Bevölkerung durch Sprachkurse, den Schulfunk und eine Wiedereinführung von TelekollegSendungen zuständig. Spielfilme, Sportevents und kulturelle Sendungen sollen nach Vorstellungen des Hamburger Journalisten nur noch verschlüsselt ausgestrahlt werden. Wer mehr sehen will, müsste den Empfang pro Minute bezahlen. Zur Finanzierung derart hochpreisiger Veranstaltungen könne man zusätzliche Werbeeinnahmen generieren. Höcker klammert dabei allerdings die Versorgung mit hochwertigen weil unabhängigen Nachrichten aus, was bis heute eine der Kernkompetenzen der öffentlich-rechtlichen Sender darstellt. Ob sein vorgeschlagenes System der Grundversorgung funktionieren würde, bleibt dahingestellt. Rechtlich relevant ist und bleibt aber der von allen Bundesländern verabschiedete Rundfunkänderungsstaatsvertrag.

Nicht klar genug geregelt wird allerdings die Ausgabenseite. So verdiente Harald Schmidt 2008 noch rund 9 Millionen Euro pro Jahr. Moderator Günter Jauch erhielt im Herbst 2011 für eine Sendeminute seiner damals neuen Talkshow 4.487 Euro. Nach 60 Minuten hatte er 269.220 Euro umgesetzt. Das war binnen einer Stunde mehr als das Jahresgehalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Vermögen von Thomas Gottschalk wurde auf 85 bis 130 Millionen Euro geschätzt. Wie hoch der Anteil der Werbeeinnahmen ausfällt, ist leider nicht bekannt. Auch die Bezüge von TV-Moderator Jörg Pilawa, der im Jahr 2009 bei Kanada eine Insel im Wert von 250.000 Euro kaufte, wurden leider nicht offengelegt. Vielen Kritikern fehlt es bei den Öffentlich Rechtlichen an Transparenz und an Regeln, wie man die Gelder ausgeben darf.

Laut der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfes der Rundfunkanstalten (KEF) sind im Laufe der Jahre über 150 Tochtergesellschaften entstanden, die bis zu 90 Prozent der Aufträge ihrer Stammhäuser erhalten sollen. Ein weiterer Vorteil der privaten Töchter liegt darin, dass sich deren Vorhaben weitgehend der Kontrollgremien entziehen. Bis auf die Sendeanstalten selbst weiß kaum jemand, wofür die ARD jährlich ihre fünf Milliarden und das ZDF die knapp zwei Milliarden aufwenden.

Bisher steigt der Bedarf an Finanzmitteln jährlich an. Der bayerische KEF-Chef Fischer-Heidlberger schlug vor, gesparte Summen stattdessen zur Senkung der Beiträge einzusetzen. Statt die Beiträge immer wieder anzuheben, wäre einem so das Wohlwollen vieler Bürgerinnen und Bürger sicher. Ob die Zahler auch Zuschauer sind, spielt in diesem Zusammenhang übrigens eine eher untergeordnete Rolle.


Image (adapted) „Radio Broadcast“ by Cliff (CC BY 2.0)


 

schrieb von 2000 bis zum Jahr 2002 für mehrere Computerzeitschriften rund 100 Artikel. Von April 2008 bis Oktober 2012 leitete er beim IT-Portal gulli.com die Redaktion als Chefredakteur. Thematische Schwerpunkte der über 1.000 Beiträge sind Datenschutz, Urheberrecht, Netzpolitik, Internet und Technik. Seit Frühjahr 2012 läuft die Video-Interviewreihe DigitalKultur.TV, die er mit dem Kölner Buchautor und Journalisten Moritz Sauer betreut. Seit mehreren Monaten arbeitet Lars Sobiraj auf freiberuflicher Basis bei heute.de, ZDF Hyperland, iRights.info, torial, Dr. Web und vielen weiteren Internet-Portalen und Blogs. Zudem gibt er Datenschutzunterricht für Eltern, Lehrer und Schüler. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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