Self-Publishing ist das große Zauberwort in der Buchbranche. Der umstrittene Buchautor Timothy Ferriss, zeigt wie es geht. Mit BitTorrent.
Auf readwrite.com ist ein interessanter Artikel von Johannes Paul Titlow über die Zukunft des Buchdrucks erschienen. Titlow, dessen Schwerpunkt in der Berichterstattung die Musik- und Unterhaltungsbranche ist, geht am Beispiel des US-Autor Timothy Ferriss der Frage nach, ob nicht BitTorrent die Zukunft des Buchdrucks ist. Ferriss beiden Bücher ?Die 4-Stunden-Woche? und ?Der 4-Stunden-Körper? schafften es in die New-York-Times-Bestsellerliste, letzteres ohne ein großes Verlagshaus.
Wie kam es dazu? Im August 2012 unterzeichnete Ferriss einen Vertrag mit Amazons neuem Verlagsangebot und keinem traditionellen Verlagshaus. Die freie Entscheidung des Autos, eine die der Verlagsindustrie nicht gefiel. Die Buchhändler in den USA haben Amazon aus ihren Regalen verbannt. Ferriss musste sich etwas neues ausdenken, denn Amazon bietet als Verlag den Vertrieb des Buches an, mehr aber nicht. Ferriss fragte bei BitTorrent an, dem alten Lieblingsfeind der Verlage – bevor Amazon, Apple und Google zu Verlagen werden wollten. BitTorrent sah eine Chance, der Unterhaltungsindustrie zu zeigen, was sie wirklich können. Sie unterstützten Tim Ferriss und boten der eigenen Filesharing-Gemeinde exklusives und bisher unveröffentlichtes Zusatzmaterial zum Buch an. Um das klar zu sagen: das Paket, dass umsonst herunter geladen werden kann, enthält nicht das Buch. In ihm ist ein 62-seitiger Auszug des Buches enthalten, Fotos von der Entstehung des Buches, Videos und Notizen. Das Buch gibt es normal bei Amazon zu kaufen.
An dieser Stelle wollen Befürworter der guten alten analogen Zeit dann meist wissen, wie viel Ferriss verdient hat, denn es geht nur ums Geld. Dazu schweigen sich Ferriss und Amazon aus, weshalb Kritiker an dieser Stelle meist abschalten. Was sie übersehen ist, dass Ferriss mit Hilfe von BitTorrent mit nahezu keinem Aufwand globale Werbung für sich und sein Buch gemacht hat und zugleich seine Fan-Gemeinde noch enger an sich binden konnte. Der DJ Pretty Lights, der das gleiche mit seinem Album machte, bemerkte danach, dass er 700 Prozent mehr Traffic auf seiner Homepage hatte, sich über 100.000 Menschen für seinen Newsletter anmeldeten und er zwei ausverkaufte Konzerte im Red Rocks-Amphitheater in Colorado gab. Dies ist nicht direkt auf die BitTorrent-Aktion zurück zu führen, aber woran lag es dann? Am Wetter?
Auch Amazon wird nicht genau sagen könne, wie viele verkaufte Bücher an BitTorrent-User gingen. Fest steht aber, dass allein in der ersten Woche das Paket über 211.000 mal herunter geladen wurde, 85.000 Menschen auf der Amazon-Seite nach dem Buch gesucht haben und sich 27.000 Menschen das Werbevideo auf der Seite angesehen haben. Selbst wenn nur 100 Menschen dann das Buch auch wirklich gekauft hätten, sagt Ferriss, wären das 100 mehr Exemplare als ohne Werbung, die ihn nichts gekostet hat. Das sein Buch inzwischen auch auf Filesharing-Plattform aufgetaucht ist, sieht er als zusätzliche Promotion. Und BitTorrent hat gezeigt, dass es der beste und leichteste Weg ist, große Pakete voller Einsen und Nullen durch das Web zu schieben. Das Unternehmen hat etwas ausprobiert und weiß jetzt, was es kann und wohin es sich hin entwickeln könnte. Damit ist es schon einmal viel weiter als die meisten Verlage.
Die Ignoranz der Verlage gegenüber dem Konkurrenten Amazon hat Ferriss geradezu in die Arme von BitTorrent getrieben. Amazon mag kein leichter Verhandlungspartner sein, denn wie jedes Unternehmen wirft es all seine Macht in die Waagschale und die ist nicht gerade gering. Sich aber einzig und allein auf die eigene Tradition zu berufen ist ein Fehler. Tradition ist das schlechteste Geschäftsmodell, was es gibt. So oder so ähnlich hat das einmal Jeff Jarvis formuliert. Damit haben die Verlage den bisher von ihnen einfach nur verschlafenen Kampf um Marktanteile in der Zukunft jetzt schon verloren, denn der Markt ist/wird digital. In diesem Sommer wurden in den USA zum ersten Mal mehr E-Books als gedruckte Bücher verkauft und parallel zum Zeitungssterben nehmen die Anzahl der informativen Blogs zu. Neue Lesegewohnheiten und Quellen der Informationsbeschaffung tun sich auf und die riechen nicht nach Druckerschwärze.
Hinweis: Ich habe in diesem Artikel keine Quellen oder sonstige Informationen verlinkt, um euch einen Eindruck eines Artikels in einer gedruckten Zeitung zu geben. Diese sehen sich ja durch derartiges Verhalten im Internet bedroht und es sind schon genug Zeitungen deswegen gestorben. Wer das öfters in Artikeln im Internet erleben möchte, weil sich das gerade so unendlich geil lesen ließ, der sollte nichts gegen das geplante Leistungsschutzrecht für Presseverlage machen. Alle anderen machen sich bitte über das Leistungsschutzrecht schlau. Danke.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen auf isarmatrose.com (CC BY-SA 3.0).
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Schlagwörter: Bittorrent, buch, Buchdruck, Self-Publishing, Timothy Ferriss, verlag
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