LeWeb: Wie Mendeley weitere Science Startups fördert

Das deutsche Science Startup Mendeley ist ein globales Vorbild und hilft jetzt, Startups aus der Wissenschaft zu fördern. Im Dezember 2014 unterhielt ich mich auf der LeWeb mit Victor Henning von Mendeley, einem der drei Gründer der Plattform, die Publikationen von Forschungsergebnissen digitalisieren will und so die internationale Forschergemeinschaft miteinander vernetzt. Das oft als „Last.fm für Wissenschaftler“ beschriebene Startup hat sich zum Vorbild für andere Science Startups entwickelt und will jetzt genau denen helfen.

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Zusammen mit Jan Reichelt und Paul Föckler startete Victor Henning das eigene Startup Mendeley mit dem Ziel, dass Wissenschaftler sich gegenseitig auf interessante und relevante Artikel hinweisen und somit eine eigene Online-Bibliothek aufbauen. Der Vergleich als „Last.fm für die Wissenschaft“ erklärt es ganz gut. Damit löst Mendeley ein Problem vieler Akademiker, dass auch Henning während seines Doktoratsstudiums in Weimar zu schaffen machte: „Ich hatte Probleme mit all den Aufgaben einer Recherche, wie der Verwaltung akademischer Schriften, Dokumente zum downloaden zu finden, sich zu merken, was man schon gelesen hat und mit Kooperationspartnern anderer Universitäten zu kommunizieren.

Mit seinen beiden Freunden kam Henning dann auf die Idee, eine Software zu entwickeln, die alle vorhandenen Informationen – wie den Namen des Autors, den Titel, die Ausgabe, die Publikation und das Jahr der Veröffentlichung – zu einer online erhältlichen, wissenschaftlichen Arbeit ausliest und eine eigene Datenbank erstellt, die zeigt, welche Dokumente man schon gelesen hat. Das im Jahr 2009 von Plugg.eu zum „European Start-Up of the Year“ ausgezeichnete Mendeley traf einen Nerv in der Wissenschafts-Community, weshalb das Startup 2013 von dem Wissenschaftsverlag Elsevier für 69 bis 100 Millionen US-Dollar gekauft wurde.


C21Media-Podcast über akquirierte Startups, u.a. mit Jan Reichelt von Mendeley:

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Doch bis zu dieser Millionenschweren Akquise durch Elsevier war es ein langer Weg, wie Henning im Interview verrät: „Als wir um 2007 und 2008 rum mit Mendeley starteten, hielt ich einen Pitch nach dem anderen bei nahezu jedem Venture Capital-Unternehmen Londons. Die erste halbe Stunde musste ich dabei stets das akademische Bildungssysstem erklären, dass Wissenschaftler nicht für Geld, sondern für Anerkennung publizieren, wie kompliziert der Peer-Review-Prozess ist und wie wissenschaftliche Veröffentlichungen überhaupt entstehen. Aber als Reaktion bekam ich immer: ‚Ist Wissenschaft nicht eine Nische? Wie viele Wissneschaftler gibt es überhaupt weltweit? Vielleicht zwei bis drei Millionen. Wenn du also Glück hast, bekommst du einen Marktanteil von 10 bis 20 Prozent, also vielleicht 600.000 Nutzer. Und die haben kein Geld.‘ Doch dann haben wir es uns zum Glück mit etwas anderen Investoren unterhalten.“ Neben einem Gründungsentwickler von Skype investierte auch Last.fm, dass die Idee hinter Mendeley wohl am besten verstanden hatte, in das Startup aus der Wissenschaft. Später folgten weitere Investoren.

Mendeley hatte Glück, hart erarbeitetes Glück, weshalb es die Schwierigkeiten von Science Startups vielleicht am besten kennt. Durch den Exit ist es auch erfolgreich gewesen und somit noch mehr ein Vorbild für andere Startups. Victor Henning weiß das, weshalb er auch auf der LeWeb ist. Elsevier und LeWeb haben auf der Konferenz unter dem Programmpunkt „Axon@LeWeb“ die 15 besten Startups aus dem Bereich Wissenschaft und Forschung nach Paris eingeladen. Henning, der aus dem Pool der sich beworbenen Startups die Teilnehmer auswählte, will die Chancen nutzen, um den Startups zu helfen, sich besser zu vernetzen und voneinander zu profitieren. „Ich habe die Teilnehmer nicht danach ausgewählt, wie groß sie sind oder wie viel Funding sie bereits bekommen haben, sondern wie großer meiner Meinung nach ihr Potenzial ist, die Wissenschaft zu verändern und wissenschaftlichen Fortschritt zu ermöglichen.

Hennings Bemühungen waren von Erfolg gekrönt. Die Reaktionen vor Ort auf die vermeintlichen Startup-Exoten aus der Wissenschaft waren ausgezeichnet. Lenny Teytelman vom Science Startup Publons bloggte über die Veranstaltung: „Ich unterstütze begeistert Victor Hennings Bemühungen, Science Startups zu präsentieren. Neben all den anderen interessanten Unternehmen auf der LeWeb wäre es auch einer unglaublichen Firma wie Publons nicht möglich gewesen, sich auf so einer großen Veranstaltung zu präsentieren. Deshalb ist es wichtig, dass es eine Veranstaltung gibt die den Fokus auf Science Startups richtet, damit die passenden Investoren, Journalisten und andere aus der Wissenschaft von ihnen erfahren.

Victor Henning kann mit der Veranstaltung „Axon@LeWeb“ zufrieden sein. Er selbst wünscht sich, dass vor allem die europäische Politik das Potenzial der eigenen Science Startups erkennt und besser fördert. Als Mendeley startete, bekam es aus der deutschen Universitätslandschaft keinerlei Hilfe, sondern eher den Hinweis, dass sich die Idee nicht lohnt. Wenn die Europäische Kommission mit ihrer Digitalen Agenda also wirklich helfen will, sollte zum einen die Vernetzung zwischen Unternehmern und Wissenschaftlern gefördert werden und zum anderen die Funding-Situation in Europa verbessert werden, zum Beispiel durch mehr staatliche Förderprogramme, wie Victor Henning erklärt.


Image (adapted) „Mendeley Founders“ by Team Mendeley (CC BY 2.0)


ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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