Innere Schönheit ist nicht sichtbar, man fühlt sie. Ein Duft ist eben solch ein Phänomen. Man nimmt ihn wahr – subtil oder intensiv, schüchtern oder provokant. Ein Lufthauch vermag es, uns innerhalb von Sekundenbruchteilen um Jahre zurück zu versetzen oder in ferne Länder zu entführen: vor unserem inneren Auge entstehen so genannte olfaktorische Momentaufnahmen – Reisen, Feste, Emotionen. Ein Parfum kann unsere Persönlichkeit unterstreichen oder ihr eine völlig neue Facette verleihen.
Von Heinrich Heine stammt das Zitat „Düfte sind die Gefühle der Blumen“ und Coco Chanel ließ einst verlauten, dass eine Frau, die kein Parfum trägt, keine Zukunft hätte.
Auf nichts reagiert der Mensch so empfindlich wie auf Gerüche. Die Riechzellen in der Nase sind unmittelbar mit dem Mandelkern, einem Teil des limbischen Systems, verbunden. Hier ist der Sitz unserer Emotionen. Was für den einen mit einer schönen Erinnerung verbunden ist, kann bei einem anderen negative Gefühle wie Ekel oder Angst hervorrufen. Die Redewendung „Ich kann sie/ihn nicht riechen“ kommt nicht von ungefähr.
Über eine weitere Schaltzentrale, den Thalamus, werden die Informationen weitergegeben an die Großhirnrinde, die den Geruch identifiziert, z.B. als Rose, Tabak oder Moos. Trainierte Nasen können bis zu 10.000 verschiedene Gerüche erkennen.
Doch wie ist eigentlich ein Parfum aufgebaut?
Düfte folgen einem bestimmten Verlauf. Der Duftaufbau ist pyramidenförmig und besteht aus Kopfnote, Herznote und Basisnote, die sich unterschiedlich schnell entwickeln.
Die Kopfnote ist der erste Eindruck eines Parfums und besteht oftmals aus Zitrusfrüchten, den so genannten Hesperiden, oder Kräutern wie Minze oder Lavendel. Die Kopfnote verfliegt nach zehn bis fünfzehn Minuten, aus diesem Grund sollte man auch niemals ein Parfum nach dem ersten Eindruck beurteilen und kaufen.
Die Herznote, auch Mittelnote genannt, entfaltet sich in der Mitte des Duftes und ist für den eigentlichen Charakter des Parfums verantwortlich. Bei Damendüften ist die Herznote meist blumig, bei Herrendüften würzig oder holzig. Oftmals finden wir Blüten wie Jasmin und Rose oder Hölzer wie Sandelholz und Zedernholz in der Herznote. Nach der Herznote wird der Duft einer bestimmten Duftfamilie zugeordnet.
Nach einer Stunde oder länger entwickelt sich die Basisnote. Sie besteht aus Inhaltsstoffen, die sich langsam verflüchtigen und lange anhalten. Die Basisnote hält mehrere Stunden und kann, z.B. auf Kleidungsstücken noch nach mehreren Wochen zu riechen sein. So kennt jeder das Beispiel des Schals, der nach dem Parfum des Besitzers riecht. Typisch für die Basisnote sind z.B. Ingredienzen wie Vanille, Patchouli, Amber oder Weihrauch.
Heute finden wir neben dem pyramidenförmigen Aufbau beispielsweise auch den sternförmigen Aufbau, bei dem alle Komponenten gleichzeitig und ergänzend zum Tragen kommen. Ein Beispiel dafür ist die Nischenmarke Humiecki & Graef.
Die Duftfamilien
Man ordnet Parfums unterschiedlichen Duftfamilien zu, basierend auf deren Inhaltsstoffen. Die wichtigsten sind:
Zitrus
Diese Duftfamilie beinhaltet Zitrusfrüchte wie Zitronen, Limetten, Orangen, Grapefruits oder Mandarinen. Die Düfte zeichnen sich durch eine gewisse Frische und Leichtigkeit aus.
Holzig
Diese Düfte sind warm und holzig und enthalten edle Hölzer, wie z.B. Rosenholz, Kaschmirholz, Zedernholz, Sandelholz und das momentan mittlerweile fast inflationär verwendete Adlerholz, auch unter dem Namen Oud bekannt geworden.
Blumig
Wie der Name schon sagt, zählt man hierzu florale Düfte, die Noten wie Rose, Jasmin, Maiglöckchen oder viele andere enthalten. Man kann diese Familie wiederum in Untergruppen wie blumig-frisch, blumig-holzig, blumig-orientalisch usw. unterteilen.
Orientalisch
Orientalische Düfte haben ein ganz besonders würziges Aroma. Inhaltsstoffe sind oftmals Amber, Patchouli, Vanille etc.
Chypre
Namensvetter dieser Familie war der Duft Chypre von Coty (1917). Er basiert auf einer harmonischen Kombination von frischen Nuancen in der Kopfnote, einer blumigen Herznote und würzigen, erdigen Ingredienzen wie z.B. Patchouli in der Basisnote.
Fougère
Diese überwiegend maskuline Duftrichtung leitet sich ab von einem Parfum aus dem Hause Houbigant, Fougère Royale (1882). Fougère-Düfte enthalten krautig-frische Noten wie Farn oder Moos.
Aldehyde
Aldehyd-Noten sind synthetisch hergestellte Inhaltsstoffe, die blumig, fruchtig oder holzig-pudrig riechen. Erstmals wurden sie 1921 im berühmten Chanel N°5 verwendet. Sie verleihen dem Parfum Strahlkraft und können einem Duft aus überwiegend natürlichen Ingredienzen den letzten Kick geben.
Aquatisch
Diese Note wird beispielsweise durch die Verwendung der Stoffe Calone oder Melonal bei einem Parfum erzeugt. Sie riechen nach Meer, Algen und Salz und verleihen dem Duft den Eindruck einer Meeresbrise.
Tabak/Leder
Nicht mehr nur eine Männerdomäne – diese Duftfamilie beinhaltet Parfums, die nach Pfeifentabak, Zigarre oder Leder riechen. Sie sind meist sehr animalisch und verführerisch schwer. Eines der berühmtesten Parfums dieser Familie ist sicherlich Cuir de Russie von Chanel.
Wo trägt man ein Parfum auf?
Am besten an gut durchbluteten Körperstellen, also an den Handgelenken, den Armbeugen oder am Hals, Dekolleté und hinter den Ohren. Viele Menschen sprühen es auch gerne in ihre Haare, da sie den Duft lange speichern. Gerne wird Parfum auch auf die Kleidung gesprüht, da jedoch gerade hochwertige Parfums einen hohen Anteil an Parfumölen enthalten, ist davon eher abzuraten.
Die zweite Regel, die man beachten sollte ist: niemals reiben. Geben Sie dem Duft die Möglichkeit, sich zu entfalten, er besteht aus Molekülen. Durch Reiben zerstören Sie die Duftstruktur.
Und noch ein Tipp, damit das Parfum länger auf der Haut bleibt: cremen Sie sich vorher mit einer geruchsneutralen Feuchtigkeitspflege ein, sonst saugt ihre Haut das Parfum zu schnell ein.
Sollten Sie auf der Suche nach einem neuen Duft sein, vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl, jeder springt auf das an, was er intuitiv mag. So habe ich beispielsweise festgestellt, dass alle Düfte, die ich über Jahre getragen habe, Patchouli enthielten, auch wenn man es nicht unbedingt gleich heraus gerochen hat. Das war mein „roter Faden“. Andere mögen eher saubere Düfte, aquatische Parfums oder wieder andere springen auf Weihrauchdüfte an. Es gibt auch regionale Vorlieben, so sind die Amerikaner die „Saubermänner“, sie mögen gerne Düfte, die riechen wie frisch gewaschen, als Beispiel die bekannten „Clean“ Parfums. Die Italiener kreieren ihre Parfums mit heimischen Ingredienzen, so enthalten die berühmten Capri-Düfte von Carthusia viele Zitrusfrüchte, Blumen und heimische Kräuter. Die Franzosen sind eher elegant und traditionell geprägt, die Briten üben sich in dezenter Vornehmheit, die Araber mögen es orientalisch und schwer, die Deutschen haben eine Vorliebe für leichte Chypre-Düfte. In tropischen Gefilden erfreuen sich verständlicherweise frische und exotische Düfte großer Beliebtheit.
Ein paar Regeln, die Ihnen helfen, einen Duft richtig zu beurteilen:
1.Teststreifen aus Papier sind nicht aussagekräftig, man kann sich damit an einen Duft herantesten, aber ob man ihn wirklich mag und ob er zu einem passt, kann man nur herausfinden, wenn man ihn auf der Haut ausprobiert.
2.Tragen Sie das Parfum 24 Stunden und entscheiden Sie sich nicht nach 10 Minuten zum Kauf. Die Kopfnote verfliegt und der Duft kann sich noch komplett anders entwickeln.
3.Manchmal gefällt einem ein Parfum auf den „ersten Blick“, doch nach Stunden geht er einem auf die Nerven und man versucht, ihn mit wiederholtem Händewaschen loszuwerden – vergeblich. Daher tragen Sie ihn lange genug und gucken Sie, wie sie mit ihm auskommen. Gehen Sie mit ihm zur Arbeit, Kaffee trinken, einkaufen und ins Bett. Wenn er ihnen am nächsten Morgen noch gefällt oder nicht mehr aus dem Kopf geht, liegen Sie mit Ihrer Entscheidung richtig.
4.Die Entwicklung eines Duftes ist von vielen Kriterien abhängig, etwa davon, ob wir eine trockene Haut haben, oder eher ölige oder was wir gegessen haben. Sogar das Wetter spielt dabei eine Rolle, beispielsweise, ob wir in einem trockenen Klima leben oder in einem eher feuchten. Je nach Luftfeuchtigkeit entfaltet sich auch der Duft mehr oder weniger.
Jährlich erscheinen bis zu 200 neue Parfums auf dem Markt. Der Markt wird von mächtigen Großkonzernen dominiert, die Milliardenumsätze machen, besonders Designerdüfte verkaufen sich sehr gut. Daneben gibt es die kleinen, feinen und sehr exklusiven Nischen-Marken, die mit hochwertigen Inhaltsstoffen arbeiten und dem Wort Individualität und Qualität eine völlig neue Bedeutung geben. Denn das, was uns von den großen Marken als etwas ganz Besonders verkauft wird, ist trotzdem nichts als Massenware, bei der man hauptsächlich für den Namen zahlt. Stellt sich die Frage, ob wir wirklich alle gleich riechen möchten? Natürlich nicht. Dann kann ich Ihnen nur raten, kleinen Firmen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, denn dort gibt es wahre Schätze zu entdecken und ich verspreche Ihnen, dass es Ihnen nie wieder passieren wird, dass in der Bahn 10 andere Personen genauso riechen wie Sie.
Bildnachweis: Lena Brombacher
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Schlagwörter: Duft, Düfte, einführung, Fragrance, Guide, Parfum
4 comments
Danke für die tollen Einblicke. Ich werde künftig anders Parfum kaufen. Prima Tipps!
Danke ein profesionelle kommentar ich habe viele gelernt.
Den Beitrag finde ich sehr interessant, zudem ich jemand bin der eine Schwäche für Parfums hat.
Ein Traum jeder Frau, endlich einmal sein eigenes Parfum kreieren zu lassen! Super, einfach spitze!