Silventoinen: „Die Musiker bekommen 100 Prozent der Tantiemen“

Das finnische Start-up Music Kickup hilft Künstlern dabei, ihre Werke bei iTunes, Spotify, Google Play oder YouTube zu veröffentlichen. // von Jakob Steinschaden

Antti Silventoinen

Einfach die eigenen Songs bei Dropbox hochladen, ein paar Klicks tätigen – und schwupp, ist die Musik bei Spotify, iTunes oder Google Play veröffentlicht, damit sie dort gestreamt und gekauft werden kann. Mit dieser Idee ist das finnische Start-up Music Kickup angetreten und will Musikern dabei helfen, ihre Werke so einfach wie möglich im Internet zu publizieren. Wer die Tantiemen bekommt, wie Music Kickup Geld verdient und ob man ein Label ersetzen kann, erzählt CEO Antti Silventoinen im Interview.

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Music Kickup Distribution from Music Kickup on Vimeo.

Jakob Steinschaden: Ihr Start-up hat es sich zum Ziel gesetzt, das Publizieren von Musik im Internet sp einfach wie möglich zu machen. Wie ist diese Idee entstanden?

Antti Silventoinen: Unser Team hat einen breiten Hintergrund, von Marketing über A&R und Geschäftsentwicklung bis zur Entwicklung von Online-Plattformen, außerdem sind Musiker und Label-Besitzer dabei. Die Idee stammt also zum Teil aus aus persönlichen Erfahrungen und zum Teil aus beruflicher Expertise. Wir wollen die Musikindustrie mit den heutigen Technologien und Marketing-Möglichkeiten neu erfinden.

Music Kickup veröffentlicht für Musiker deren Songs bei iTunes, Spotify, Google Play oder YouTube. Wie können die Musiker damit Geld verdienen?

Wir haben direkte Verträge mit allen Musik-Stores und zahlen den Künstlern hundert Prozent der Tantiemen aus. Außerdem bieten wir ihnen wertvolle Ressourcen, von Analyse-Tools über Marktinformationen bis zu musikalischen Kollaborationsmöglichkeiten.

YouTube ist ein wichtiger Kanal für Musik, funktioniert aber ein wenig anders als Spotify. Um monetarisieren zu können, müssen die Musiker im Partnerprogramm mitmachen und kann sich dann die Werbeeinnahmen mit Google teilen. Wie verfährt Music Kickup mit YouTube?

Die Videos sind nicht der Kern der Monetarisierung bei YoTube. Die Monetarisierung läuft über die Content-ID-Plattform, wo die Tonspur eines Videos automatisch erkannt wird. Wenn ein Song bei Content-ID drinnen ist und dann in einem Video abgespielt wird, kann man Geld verdienen.

Kann Music Kickup garantieren, dass alle Songs des Künstlers, die er einreicht, auch überall veröffentlicht werden?

Nein, das können wir nicht. Die Stores haben immer das Recht, jeden Track abzulehnen, der gegen ihre Bestimmungen verstößt. Wenn ein Track außerdem Copyright verletzt, veröffentlichen wir ihn auch nicht. Derzeit halten wir aber bei einer 99-Prozent-Rate, was den Anteil der veröffentlichten Songs angeht.

Wie viele Bands nutzen Music Kickup derzeit? Gibt es auch welche, die damit genug Einnahmen, um davon leben zu können?

Wir veröffentlichen derzeit keine genauen Zahlen, aber es sind viele tausende Bands. Es gibt auch einige Bands, die davon leben können.

Kann Music Kickup ein Label ersetzen?

Nein, in den meisten Fällen nicht. Ein guter Künstler braucht eben ein gutes Team. Wir bieten zwar viele Möglichkeiten, aber um es wirklich nach oben zu schaffen, braucht man ein Team, und das kann eben ein Label bieten. Wir sehen uns eher als ergänzenden Service, um Künstler dabei zu helfen, das nächste Level zu erreichen. Wenn sie erste Erfolge haben, helfen wir ihnen dabei, an die richtigen Leute zu kommen, die sie weiter pushen.

Labels wird auch die Zusammenarbeit angeboten. Wie funktioniert das?

Musik-Labels sind die andere Seite der Münze – auch sie bekommen unsere Analyse-Tools und andere Ressourcen. Im Laufe des Jahres wollen wir unseren A&R-Bereich (Artists & Repertoire) und die Musikentdeckungs-Funktionen für die Labels verbessern.

Music Kickup behauptet, zu 100 Prozent gratis zu sein. Wie verdient man dann Geld damit?

Die Distribution ist tatsächlich zu 100 Prozent gratis, es gibt keine versteckten Kosten. Auch bei den Tantiemen, die an die Künstler ausgeschüttet werden, verdienen wir nichts. Aber innerhalb unserer Plattform gibt es kostenpflichtige Tools, etwa Promotion-Funktionen, Marktanalysen oder Pro-Accounts für Künstler.

Ihr Start-up behauptet auch, die Mittelmänner auszuschalten. Aber ist man als Service nicht selbst ein Mittelsmann?

Nun, wir versprechen, dass wir die Mittelsmänner auf ein Minimum reduzieren. Wir sehen uns selbst als vierte Partei. Unser Geschäftsmodell wird den Kunden nicht aufgezwungen, und die Kosten für die Premium-Tools sind nicht an ihr Einkommen, ihre Tantiemen gebunden.

Letzte Frage: Was hat es mit dem ungewöhnlichen Music-Kickup-Emblem mit dem Dreieck, dem Auge in der Mitte und dem Spruch “In Music We Trust” auf sich?

Wir beziehen uns dabei auf das Auge der Vorhersehung, das etwa die Freimaurer als Symbol verwenden. Das Dreiecksymbol ist ein sarkastischer Seitenhieb auf die Musikindustrie – anstatt eines allsehenden Auges haben wir eine Vinylscheibe hineinmontiert. Es steht für unser Versprechen, dass wir immer hinter den Musikern stehen werden, schauen, dass die richtigen Leute bezahlt werden und wir die besten Verträge und die besten Partner haben.


Am Freitag wird Antti Silventoinen auf der Digitalkonferenz des Reeperbahn Festival sprechen: FREE DISTRIBUTION – THE NECESSARY NEXT STEP


ist seit 2006 publizistisch auf Papier und Pixel tätig. Er arbeitet in Österreich als Journalist und hat die beiden Sachbücher "Phänomen Facebook - Wie eine Webseite unser Leben auf den Kopf stellt" (2010) und "Digitaler Frühling - Wer das Netz hat, hat die Macht?" (2012) veröffentlicht. In seinem Blog “Jakkse.com” und in Vorträgen schreibt und spricht er gerne über die Menschen und ihr Internet – von Social Media über Mobile Business und Netzpolitik bis zu Start-ups.


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