Traurig, aber wahr: Nur 25 Prozent zahlen für Journalismus im Netz

Die Finanzierung von Journalismus ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben, doch die Zahlen sehen düster aus. Es ist – aus Verlagssicht – eines der größten Probleme im (nicht nur) deutschen Journalismus: Die Finanzierung. Während die Verlage mit sukzessiv sinkenden Abo-Zahlen im Printbereich kämpfen müssen und dadurch ihre Online-Portale nicht mehr quersubventionieren können, mangelt es an der Zahlungsbereitschaft der Leser für Journalismus im Internet.

Immerhin: Inzwischen setzen knapp über 70 deutsche Zeitungen auf Paid-Content-Modelle. Davon rund 50 auf Freemium-Konzepte, bei denen ein Teil der Artikel kostenlos und frei verfügbar ist. So zum Beispiel probiert sich aktuell „BILD“ daran, sein Freemium-Modell „BILD+“ zu etablieren. 17 Zeitungen setzen auf das so genannte „Metered Model“, bei dem nicht ausgewählte sondern ein bestimmtes Kontingent an Artikeln kostenlos ist. Den Weg der konsequenten Bezahlschranke haben unterdessen erst drei Zeitungen eingeschlagen: das „Bocholter-Borkener Volksblatt“, die „Böhme Zeitung“ und die „Ibbenbürener Volkszeitung“.

 

0,03 Prozent der Leser bezahlen bei GOLEM mit Flattr

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger rechnet bis Ende 2014 mit ca. 100 Zeitungen, die – wie auch immer – Geld für ihre Arbeit im Internet verlangen werden. Einen Sonderweg unter den Paid-Content-Ansätzen geht die „tageszeitung“ schon länger: Mit Pay-Wahl möchte man die Nutzer auf freiwilliger Basis zur Bezahlung für einen Artikel anregen. Das bringt, so die letzten Zahlen von Mai 2013, dann mal fix 10.000 Euro in die Kasse. Davon lässt sich sicherlich keine Redaktion finanzieren – aber ein Anfang ist es sicherlich.

Beim Stichwort „freiwillige Zahlungen“ kann man aber auch viel über die Zahlungsbereitschaft der Nutzer erfahren. So bilanziert das IT-Portal Golem.de, 1,5 Millionen Unique User pro Monat, nach ein paar Monaten mit Flattr: „460 Flattr-Nutzer haben Artikel von uns seit Oktober 2013 unterstützt. Die Bilanz: 0,03 Prozent.

Klar: Das liegt auch an Flattr, ein Dienst, der so hervorragende Ansätze verfolgt, aber leider noch viel zu wenig etabliert ist in Deutschland. Die jüngste Studie von Internet-Branchenverband BITKOM befasst sich eben mit dieser Zahlungsbereitschaft. Das Ergebnis schaut da – natürlich – deutlich besser aus als bei der Flattr-Integration von GOLEM.de. Dennoch: Nur 25 Prozent der deutschen Internetnutzer™ gibt bereits Geld für journalistische Inhalte im Web aus. Im Schnitt bezahlen sie ca. 13,60 Euro pro Monat.

Gemeinsame Schnittstellen schaffen

Bei der Frage, ob die Nutzer grundsätzlich nur bereit wären, für Journalismus im Netz zu bezahlen, antworteten satte 61 Prozent mit „Nein“. Die Hauptgründe: Zu viele kostenfreie Informationsquellen im Netz, mangelnde Qualität, zu hohe Preise und zu komplizierte Abrechnungen.

Das sitzt. Aber es sind alles Gründe, die ich als Journalist, der selbst vom Journalismus im Netz lebt, nur schwer einsehen möchte – aber nicht anders kann. In Zeiten, wo jeder vom anderen abschreibt: Warum genau soll der Leser da noch für einen Artikel bezahlen? Liest er ihn eben nicht bei der Der Welt, weil seine 20 Artikel schon aufgebraucht sind, zappt er weiter zu Spiegel Online oder zu Süddeutsche.de. Und ja, den 30. Liveticker zu einem Skiunfall brauche ich dann leider auch nicht mehr.

Über den Preis kann man streiten. Schließlich ist das a) Geschmackssache und b) von Artikel zu Artikel sehr individuell einzuschätzen. Nicht streiten kann man aber über die Abrechnung – und dazu zähle ich jetzt einfach mal Registrierung, Bankverbindung, An- und Abmeldung und den gesamten Verwaltungsaufwand, den man – nicht bei allen, aber bei vielen – Online-Portalen leider hat. Das muss deutlich einfacher und schneller werden, vielleicht sogar mit gemeinsamen Schnittstellen von vielen Portalen. Der Komfort des Lesers ist hier ein ganz großer und vor allem ernstzunehmender Punkt. Mit „ob das jetzt zwei oder fünf Minuten dauert…“ wird man keinen Erfolg haben auf Dauer.

Leser sensibilisieren und weitermachen

Es gilt nun trotz der wenig überraschenden, aber dennoch schlechten Zahlen für die Verlage, die Leser weiter an den Kurs zu gewöhnen, sie für Bezahlmodelle im Internet zu sensibilisieren. Viel zu lange schon hat man in Deutschland Angst davor gehabt, sich anständig für die journalistische Arbeit im Netz entlohnen zu lassen. Die Konsequenz ist die verständliche Gewohnheit der Leser an kostenfreie Inhalte – und eben diese gilt es nun zu durchbrechen.

Dafür sind schicke Modelle gefragt, simple Zugänge, weitere Informationskampagnen und vorallem: Gute Inhalte.

 


 


war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


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3 comments

  1. Das Problem ist nicht der Leser sondern die Bezahlmodelle. Niemand will mehr eine ganze Zeitung abbonieren, weil jeder sich selektiv für seine Themen entscheidet. Deshalb kann ein erfolgreiches Bezahlmodell sich immer nur auf den Artikel beziehen. Im Grunde ist Flattr ein toller Ansatz, aber es hat den Fehler dass ich nicht einen festen Betrag auswählen kann, den ich für den Artikel bezahlen will.

    Paypal ist zu kompliziert und auch zu teuer für diese Zwecke. Was gebraucht wird ist ein Micropayment und ein Geldbeutel im Internet der einfach und schnell zu füllen ist.

    Aber auch dann werden sich die Redaktionen der Vergangenheit nicht mehr bezahlt machen. Auf Duckhome sehe ich ganz deutlich, das unterschiedliche Autoren unterschiedliche Lesergruppen anziehen und behalten. Dass diese Leser dann auch mal andere Texte auf Duckhome lesen, kommt vor, ist aber nicht die Regel.

    Die Zeitung ist tot, den alten Journalismus gibt es nicht mehr und wir alle müssen uns täglich neu erfinden.

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