Blogger rücken ins Visier der Justiz: Dabei ist die Abmahnwelle, die in Deutschland über Weblogs hereinbricht, nicht zu vergleichen mit dem, was Blogger in manch anderem Staat dieser Welt für ihre Überzeugung erdulden müssen.
Die deutsche Blogszene jammert über die zunehmende Anzahl von Abmahnungen durch Anwälte großer und kleiner Firmen. Blogger in Ägypten, Russland oder China haben da ganz andere Sorgen: Muss dort doch so manch systemkritische Blogger-Stimme umziehen – ins Gefängnis.
Bloggen ist mehr als nur das schier selbstreferenzielle Gespiele mit Blog-Kollegen, Freunden und der ein oder anderen Aussage eines übermütigen Werbers. Es sind zum größten Teil Tagebücher, welche 90% der Blogszene ausmachen. Menschen, die ihren Alltag und ihre Erlebnisse mittels Blogs ins Netz schreiben.
Aufmerksamkeit gewinnen diese meist erst dann, wenn etwas Unvorhersehbares passiert. So boomte nach den Anschlägen am 11.September 2001 die Blogszene in New York ebenso wie die in London, Madrid oder New Orleans bei anderen Katastrophen.
Und das Blog „Where is Raed“ machte seinen in Bagdad lebenden Schreiber Salam Pax in den Anfangstagen des aktuellen Irak-Krieges berühmt.
Blogs sind näher dran, wenn traditionelle Medien ihre Lastgrenzen erreichen, wenn mit objektiven Berichten das ganze Ausmaß nicht mehr geschildert werden kann oder wenn selbst große internationale Konzerne wie Google vor der jeweiligen Regierung kuschen.
Genau das kann dem einen oder anderen Blogger auch zum Verhängnis werden.
So beobachten u. a. die „Reporter Ohne Grenzen“ eine zunehmende Internet-Zensur, die bspw. in China und Iran versucht, systemkritische Stimmen auszusperren oder verstummen zu lassen. Blogger in China und Iran müssen sich theoretisch von der Regierung registrieren lassen. In Indien versucht man, westliche Bloganbieter zu sperren. Die politische Zensur versucht auch, einzelne Weblogs sperren zu lassen oder Blogger zu verhaften.
Doch selbst Blogger in westlichen Staaten sehen sich Repressalien ausgesetzt: So wurde der Video-Blogger Josh Wolf im August 2006 in den USA inhaftiert, weil er sich unter Berufung auf das journalistische Recht zum Quellenschutz weigerte, selbstgedrehtes Videomaterial von Demonstrationen gegen den G8-Gipfel 2005 an das FBI zu übergeben.
Auch in Griechenland wurde der Betreiber eines Weblog-Aggregators verhaftet, weil dieser Inhalte eines satirischen Weblog spiegelte, das sich über den griechischen Fernsehprediger Dimosthenis Liakopoulos lustig machte.
Natürlich sind nicht nur Blogger von Zensur im Netz betroffen, doch sie sind exemplarisch. Mit den neuen Möglichkeiten im Internet sind Sätze und Proteste schnell und auch unüberlegt veröffentlicht. Das kann in manchem Staat zum Problem werden, äußert man sich kritisch zu Regierung oder Staat.
Dem aktuellen Jahresbericht der „Reporter ohne Grenzen“ zufolge, nimmt die die Internet-Zensur vor allem in Staaten wie China und dem Iran massiv zu. So sind allein in China derzeit 52 Regime-Gegner inhaftiert, die über das Internet die chinesische Regierung kritisiert haben. Zehn weitere „Cyberdissidenten“ werden von anderen Staaten in Gewahrsam gehalten: Vier in Vietnam, drei in Syrien und jeweils einer in Tunsesien, Lybien und Iran.
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10 comments
weiter so, solche texte sind wichtig. alle müssen sich im klaren sein, das wir immer noch in einer welt leben die von elitären machthabern regiert wird. meinungsfreiheit anstatt unterdrückung und zensur…
Nur die ersten beiden Absätze kann ich nicht so ganz verstehen. Durch die Abmahnwelle ist auch hierzulande die Meinungsfreiheit in Gefahr. Und eine Kostennote von 1000 Euronen und mehr kann auch existenzbedrohend sein.
Das soll explizit nicht mit den Repressalien in anderen Ländern verglichen werden, aber Unrecht bleibt Unrecht.
Wehret den Anfängen ;-) , taffit
Ich gebe zu „jammern“ ist evt. der etwas falsche Begriff. Trotzdem ist ein Betrag von theoretischen 1000 Euro, denn man im Zweifelsfall auch abstottern kann, schon ein Unterschied zu ein paar Jahren Gefängnis, nur weil man die Regierung kritisiert (und das kann man hierzulande immerhin sogar öffentlich mit spontanen Demonstrationen …)
Keine Frage, darum auch der Satz mit „Das soll explizit nicht … verglichen werden.“, s.o.
Das bedeutet aber nicht, dass ich mich über andere, in meinen Augen falsche und unrechtmäßige, Praktiken nicht beschweren darf und darauf hinweisen kann.
>(und das kann man hierzulande immerhin
>sogar öffentlich mit spontanen Demonstrationen …)
Thomas, bitte sei mir nicht böse, aber die letzten spontanen Demonstationen bei denen ich dabei war, endeten alle mit Schlagstockeinsatz und Festnahmen, Zuerst macht die Polizei noch auf lieb, und spricht mit dem Demo Leiter die Route ab. Meist kurze Zeit später, entdeckt die Polizei irgendwelche illegalen Sachen, wie z.B. eine zu dunkle Sonnenbrille (Vermummung), oder gefährliche Waffen, z.B der Krückstock eines älteren Herren, der sich ohne nicht mehr fortbewegen kann, und nutzt diese Vorwände um dann mit aller Gewalt diese illegale Ansammlung aufzulösen und den einen oder anderen wegen Landfriedensbruch festzunehmen.