10 Jahre danach: Wo uns das iPhone weitergebracht hat – und wo nicht.

Der zehnte Geburtstag des iPhone von Apple erinnert uns daran, dass es das erste Smartphone war – wenn auch nicht das Allererste, das am Massenmarkt Anklang fand – obwohl es nicht das Allererste war. Seitdem definierte das iPhone den Ansatz, den andere Smartphone-Hersteller wählten.

Smartphones haben unser Leben verändert, in dem sie uns im Wesentlichen einen an das Internet angeschlossenen Computer für die Hosentasche gegeben haben. Aber wir verlieren auch Freiheiten, während wir von Candy Crush oder Pokémon Go abgelenkt werden. Wir verlieren die Kontrolle über unsere eigenen Geräte und wir verlieren Zugang zu den Informationen, die sie beinhalten – in genau den gleichen Geräten, die zunehmend wichtiger in unserem Leben sind.

Um erkennen zu können, wie weit wir gekommen sind, müssen wir bedenken, dass der Desktop-Computer nur mit dem IBM-PC weiterverbreitet wurde. Indem der PC mit einer offenen Architektur konzipiert wurde, entstand eine gewaltige Industrie an PC-kompatiblen Produkten von anderen Herstellern. Das Gleiche passiert heute: Wenn ihr einen Computer erwerbt, werdet ihr immer (wenn ihr wollt) die Möglichkeit und das Recht haben, jedes Element der System-Hardware hinzuzufügen, zu entfernen, zu tauschen oder aufzurüsten, jede gewünschte Software zu installieren oder zu entfernen, einschließlich des Betriebssystems und des Zugangs zu jeder Information, die darauf gespeichert ist.

Aber heutzutage hat das Smartphone oder das Tablet im Endeffekt in vielen Fällen den Desktop-Computer oder den Laptop ersetzt. In Teilen der Entwicklungsländer sind Smartphones die erste Erfahrung, die viele mit Informatik und dem Internetzugang haben. Die Tatsache, dass sie klein und tragbar sind und ohne Kabel funktionieren, bedeutet, dass sie auch für viele andere Anwendungen ausgelegt sind. Beispielsweise kann das Navigationssystem eine Orientierungshilfe geben, wir hören Musik während des Trainings oder spielen Spiele im Wartezimmer.

Noch ist es unmöglich, auf dem iPhone etwas zu tun, das bei einem Computer sehr einfach ist – wie etwa, unsere Dateien aufzulisten. iPhone-Nutzer können ihr Hintergrundbild, ihren Klingelton und die Alarmzeit ändern. Aber das iPhone überwacht sorgfältig, welche Dateien es beinhaltet. Unser Telefon, das überall mitgenommen wird, das unseren genauen Standort kennt, das die Webseiten aufzeichnet, die wir besuchen, bewahrt alle seine Dateien vollständig unzugänglich für uns auf. Wenn wir uns über unsere Privatsphäre Sorgen machen, sollte uns das beunruhigen.

Wir hatten immer die Herrschaft über unsere eigenen Computer und die Möglichkeit, mit ihnen zu tun, was wir wollen. Aber die Smartphones und Tablets, die wir heute kaufen, werden ohne Administratorrechte genutzt. Wir sind lediglich Nutzer in den Händen der großen Technologie-Unternehmen und diese Firmen beherrschen im Endeffekt die Maschinen, mit denen wir leben.

Informationen und Freiheit

Natürlich erlaubt das iPhone den Zugriff zu einigen Informationen wie beispielsweise Fotos, Emails oder unseren Dokumenten. Aber oft ist es schwierig, Daten von dem Telefon zu entfernen. Die Art, mit der das iPhone mit unserem Computer kommuniziert, ist ein geschlossenes, urheberrechtlich geschütztes Protokoll. Apple ändert das Protokoll zudem jedes Mal, wenn es das Telefon updatet. Daher werden wir Schwierigkeiten haben, unsere eigenen Fotos aus unserem Telefon zu bekommen, wenn wir einen Windows-PC oder einen Apple-Computer verwenden.

Apple schränkt auch ein, welche Informationen auf dem Gerät abgespeichert werden können. Zum Beispiel sind die iPhone-Nutzer gezwungen, jede Musikdatei auf das Telefon mit der Apple iTunes-Software zu überspielen. Wenn man iTunes nicht starten kann oder will, gibt es eben keine Musik. Zudem wird iTunes automatisch alle Musiktitel auf dem Telefon löschen, wenn man versucht, Daten von mehr als einem Computer zu übertragen. Dies geschieht aufgrund der digitalen Rechtemanagement-Software, die annimmt, dass der Zugriff von mehr als einem Computer bedeutet, dass die Datei illegal geteilt worden ist. Es ist ein bisschen so, als würde man eine Brille kaufen, die die Bedingungen überwacht, unter denen wir Bücher lesen dürfen. Oder einen Rucksack, der seinen ganzen Inhalt zerstört,  wenn man versuchen würde, Gegenstände zu tragen, die  aus unterschiedlichen Geschäften stammen.

Das gleiche Problem wirkt sich auch darauf aus, welche Anwendungen installiert werden können. Wer lernt, wie man Code schreibt, kann auch seine eigenen Anwendungen entwickeln, um seine spezifischen Probleme zu lösen. Aber das iPhone gestattet nicht, diese Programme auszuführen:  Nur Software, die von Apple autorisiert und mit Hilfe des Apple Stores vertrieben wurde, ist erlaubt.

Offene Alternativen

Warum wird so engmaschig überwacht, was wir mit unseren Geräten tun können? Manch einer mag argumentieren, dass diese Einschränkungen für unsere Sicherheit notwendig sind. Wenn wir jedoch einen genaueren Blick auf unterschiedliche Betriebssysteme werfen, stellen wir fest, dass Linux – ein nicht-kommerzielles, quelloffenes Betriebssystem – auch vergleichsweise am sichersten ist. Es stimmt, dass das quelloffene Android-Betriebssystem für Mobiltelefone nicht im gleichen Maße sicher ist wie das iOS-Betriebssystem, mit dem das iPhone von Apple betrieben wird. Aber es zeigt auch, dass es möglich ist, ein System zu nutzen, das sowohl sicher als auch offen ist.

In der Tat wird iOS um einige quelloffene Softwareprojekte herum aufgebaut – das sind jede, deren interne Funktionsweisen für alle gratis zugänglich sind, um sie anzuschauen und zu modifizieren. Aber während Elemente von iOS offen sind, werden sie als ein Teil des fest geschlossenen Systems verwendet. Android, ein offenes Betriebssystem für Mobiltelefone, das ursprünglich von Google entworfen wurde, ist die erste Alternative zum iPhone. Doch Android-Telefone haben auch viele geschlossene Source-Komponenten. Auch ersetzt Google laufend offene Vorgänge mit geschlossenen Source-Komponenten.

Eine andere Alternative kommt in Form von Ubuntu Touch, eine neue Version des beliebten Ubuntu Linux für Telefone und Tablets, jedoch wird es noch nicht weitläufig verwendet. Als Tatsache bleibt, dass uns die mobile Revolution, die vom iPhone losgetreten wurde, zehn Jahre später einige Schritte nach vorne und einige Schritte zurück gebracht hat: Sie lässt uns im Unklaren, ob wir eines Tages unsere Geräte eigentlich vollständig besitzen werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image „iphone“ by JEESHOTS (CC0 Public Domain)


ist Dozent für Datentechnik an der Lancaster University in England. Seine Forschungsinteressen sind Multi-Agent-Teamarbeit, maschinelles Lernen und Robotik mit Schwerpunkt auf Koordination und Zusammenarbeit.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , , , , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert