Brain-Computer-Interfaces (BCI) einfach erklärt

Es klingt eigentlich noch wie Science Fiction. Brain-Computer-Interfaces (BCIs), auch als Gehirn-Computer-Schnittstellen bekannt, sind eine Technologie, die eine direkte Kommunikation zwischen dem menschlichen Gehirn und technischen Geräten ermöglicht. Diese Technologie hat in den letzten Jahren sowohl in der Forschung als auch in der Medizin und der Technologiebranche erhebliche Fortschritte gemacht und eröffnet neue Möglichkeiten für die Interaktion zwischen Mensch und Maschine.

Die Bedeutung von BCIs liegt in ihrem Potenzial, das Leben von Menschen erheblich zu verbessern, insbesondere für diejenigen mit schweren körperlichen Einschränkungen. Durch die direkte Kommunikation mit Maschinen können Menschen, die beispielsweise unter Lähmungen leiden, wieder Kontrolle über bestimmte Aspekte ihres Lebens gewinnen. Aber auch abseits medizinischer Anwendungen eröffnet die Technologie spannende Möglichkeiten, etwa in der Unterhaltungselektronik oder im Bereich der menschlichen Leistungssteigerung.

Die Idee eines Brain-Computer-Interfaces ist übrigens nicht so neu, wie man denkt. Bereits in den 1970er Jahren begannen Forscher, die Möglichkeit zu untersuchen, Gehirnsignale für die Kommunikation mit Maschinen zu nutzen. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet war der amerikanische Neurowissenschaftler Jacques Vidal, der 1973 das Konzept des BCI vorstellte. Seitdem hat sich die Technologie erheblich weiterentwickelt, von den ersten rudimentären Systemen bis hin zu modernen, hochentwickelten Anwendungen, die heute in der Forschung und Medizin genutzt werden.

Was ist ein Brain-Computer-Interface?

Ein Brain-Computer-Interface (BCI) ist eine Technologie, die eine direkte Kommunikationsbrücke zwischen dem Gehirn eines Menschen und einem externen Gerät herstellt. Diese Schnittstelle ermöglicht es, Gehirnsignale in Echtzeit zu erfassen und in Befehle für Maschinen, Computer oder andere Technologien umzuwandeln. Dadurch können beispielsweise Prothesen gesteuert, Computer bedient oder Kommunikationshilfen genutzt werden, ohne dass traditionelle physische Eingabegeräte wie Tastaturen oder Mäuse erforderlich sind.

Die grundlegende Idee hinter einem BCI ist die Nutzung der natürlichen elektrischen Aktivität des Gehirns, um direkte Steuerungsmechanismen zu ermöglichen. Das menschliche Gehirn sendet kontinuierlich elektrische Signale, wenn wir denken, fühlen oder handeln. Diese Signale können mittels spezieller Sensoren erfasst und anschließend interpretiert werden, um bestimmte Aktionen auszuführen.

Unterschieden wird bei Brain-Computer-Interfaces zwischen invasiven und nicht-invasiven BCIs

Nicht-invasive BCIs

Diese Art von BCIs erfordert keine Operationen, da sie auf externe Sensoren setzen, um Gehirnsignale zu messen. Die am häufigsten verwendete Methode ist die Elektroenzephalografie (EEG), bei der Elektroden auf der Kopfhaut angebracht werden, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu erfassen. Obwohl nicht-invasive BCIs weniger präzise sind als invasive Systeme, sind sie sicherer und einfacher in der Anwendung.

Invasive BCIs

Diese Systeme erfordern chirurgische Eingriffe, um Elektroden direkt in das Gehirn zu implantieren. Diese Elektroden können hochpräzise Signale direkt von den Neuronen erfassen, was zu einer sehr genauen Steuerung führt. Invasive BCIs werden oft bei Patienten mit schweren motorischen Einschränkungen verwendet. Der Vorteil ist bei häufiger Nutzung, dass das invasive BCI anschließend für die Nutzung der Geräte keinen Extraaufwand bedeutet.

Wie funktionieren Brain-Computer-Interfaces?

Ein Brain-Computer Interface ist wie bereits erwähnt eine Schnittstelle, die elektrischen Signale des Gehirns erfasst, diese analysiert und in Steuerbefehle für externe Geräte umwandelt. Das menschliche Gehirn kommuniziert nämlich über elektrische Impulse, die von Neuronen erzeugt werden.

Diese Signale, auch Aktionspotenziale genannt, sind die Grundlage für alle Gedanken, Bewegungen und Emotionen. Verschiedene Regionen des Gehirns sind für unterschiedliche Funktionen verantwortlich. Der motorische Kortex etwa für die Steuerung der Bewegung und der visuelle Kortex für das Sehen. Diese „Fachbereiche“ des Gehirns erleichtern es dem BCI, die richtigen Signale abzugreifen.

Die Elektroenzephalografie (EEG) ist noch immer die häufigste Methode zur Aufzeichnung von Gehirnaktivitäten. Die an der Kopfhaut angebrachten Elektroden sind einfach und günstig zu realisieren. Etwas genauere Informationen liefert die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI): Diese Methode misst die Gehirnaktivität, indem sie die Durchblutung im Gehirn überwacht. Obwohl fMRI detaillierte Informationen liefert, ist sie teuer und erfordert große Geräte, was ihre Anwendung im Alltag einschränkt. Direkt implantierte Elektroden liefern nochmal genauere Signale direkt von den Neuronen. Diese invasive BCI-Variante birgt jedoch auch gesundheitliche Risiken.

In allen Fällen müssen die Gehirnsignale allerdings erst noch gefiltert, verarbeitet werden, um relevante Informationen zu extrahieren und schließlich zu klassifizieren. Gerade Künstliche Intelligenz hilft dabei enorm, weil Deep-Learning-Systeme selbst dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind, um Zusammenhänge in komplexen Datenmustern zu erkennen.

Eine Rückkopplungsschleife stellt sicher, die Kontrolle über ein Gerät zu verfeinern. Nachdem ein Befehl vom BCI verarbeitet wurde, führt das verbundene Gerät die Aktion aus, und der Benutzer erhält visuelles, taktiles oder auditives Feedback. Dieses Feedback ist entscheidend, um die Steuerung zu verbessern, da das Gehirn lernt, seine Signale basierend auf der Rückmeldung anzupassen.

Anwendungsbereiche von Brain-Computer-Interfaces

BCIs eröffnen eine breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten, die von medizinischen Hilfsmitteln bis hin zu innovativen technologischen Anwendungen reichen. Diese Schnittstellen bieten nicht nur Lösungen für Menschen mit schweren körperlichen Einschränkungen, sondern auch spannende neue Möglichkeiten in Bereichen wie Unterhaltung, Kommunikation und sogar Leistungserweiterung. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Anwendungsbereiche von BCIs vorgestellt.

Medizinische Anwendungen

Eine der bedeutendsten Anwendungen von BCIs liegt im medizinischen Bereich, insbesondere für Menschen mit motorischen Einschränkungen oder neurologischen Erkrankungen:

  • Neuroprothesen: BCIs ermöglichen es, Prothesen oder andere Hilfsmittel direkt mit dem Gehirn zu steuern. Patienten, die ihre Gliedmaßen verloren haben oder gelähmt sind, können mithilfe eines Brain-Computer-Interfaces beispielsweise eine künstliche Hand bewegen, indem sie nur an die Bewegung denken. Diese Technologie kann das Leben von Amputierten oder Querschnittsgelähmten erheblich verbessern.
  • Kommunikationshilfen: Für Patienten mit schweren Kommunikationsstörungen, wie sie beim Locked-in-Syndrom oder fortgeschrittener Amyotropher Lateralsklerose (ALS) auftreten, können BCIs eine direkte Kommunikationsschnittstelle bieten. Durch die Interpretation von Gehirnsignalen können Patienten Wörter oder Sätze auf einem Bildschirm auswählen, ohne sich physisch bewegen zu müssen.
  • Neurorehabilitation: BCIs können in der Rehabilitation nach Schlaganfällen oder anderen neurologischen Verletzungen eingesetzt werden. Durch die Verbindung von Gehirnsignalen mit externen Geräten können Patienten Übungen durchführen, die die Wiederherstellung motorischer Funktionen fördern und das Gehirn zur Erholung anregen.

Computersteuerung und erweiterte Realität

Schon der Begriff Brain-Computer-Interface beinhaltet die Verbindung von Gehirn und Computer. Entsprechend ist die Verbindung mit Computern und Smartphones im Alltag ein großer potentieller Anwendungsbereich für BCIs. Wo sich der Einsatz in der Praxis überhaupt lohnt, hängt sowohl von den Aufgaben ab, aber auch von den Nutzern.

Ein gesunder Büroangestellter hat beispielsweise wenig davon, wenn er die Steuerung seiner Programme mittels Gedanken macht. Es wäre zusätzlicher Aufwand für etwas, dass auf herkömmliche Art vermutlich sogar einfacher ist. Für Menschen mit körperlichen Einschränkungen können BCIs dagegen für die selbe Tätigkeit Inklusion auf dem Arbeitsmarkt bedeuten. Auch für Internetnutzung oder im Gaming versprechen solche Schnittstellen Barrieren zu brechen.

Es gibt aber auch Anwendungsbereiche, in denen Brain-Computer-Interfaces an sich Sinn ergeben. Etwa in sicherheitskritischen Bereichen. Keine sichtbaren Eingaben zu haben oder Geräte, die nur die Gehirnwellen bestimmter Nutzer reagieren, kann für einen massiven Sicherheitsgewinn sorgen.

Große Potentiale haben BCIs  auch in der Augmented Reality (AR), bei der etwa über eine Brille virtuelle Elemente in unser Sichtfeld eingeblendet werden. Solche Brillen würden sich so ohne Sprachbefehle steuern und wären damit deutlich bedienfreundlicher im öffentlichen Raum.

Synthetische Telepathie

Denkt man das Konzept der BCIs weiter, ergeben sich auch neue Möglichkeiten, wenn zwei Personen sich per BCI verbinden. Die Synthetische Telepathie ermöglicht es zwei oder mehreren Personen, nur über Gedanken miteinander zu kommunizieren.

Auf einer technisch einfacheren Ebene könnte das über technische Geräte als Vermittler realisiert werden. Die Nachricht der einen Person wird dabei etwa über eine AR-Brille im Sichtfeld der anderen Person angezeigt. Über Kopfhörer und KI-erzeugter Stimme ließe sich das gedachte Wort aber auch in der Stimme der Person hören, ggf. sogar direkt in eine andere Sprache übersetzt. Es ist damit sehr ähnlich dem Beispiel der Kommunikationshilfe im medizinischen Anwendungsbereich.

Es gibt aber auch Überlegungen, den Gedanken- und Emotionsaustausch direkt von Gehirn zu Gehirn stattfinden zu lassen. Dies würde ein bidirektionales BCI erfordern.

Bidirektionale BCIs

Bei bidirektionalen BCIs handelt es sich um eine Unterart des BCIs, die noch einen Schritt weiter geht. Statt dass das Gehirn nur der Sender und der Computer nur der Empfänger ist, stellen bidirektionale BCIs eine Kommunikation in beide Richtungen her. Das Gehirn kann also auch Informationen empfangen.

Dadurch wird es in Zukunft möglich, dass Prothesen nicht nur die motorischen Fähigkeiten zurückgeben, sondern auch Signale an den Tastsinn zurücksenden. Auch Hör- und Seeverlust könnten dadurch über technische Geräte ausgeglichen werden. Die gezielte Stimulation des Gehirns durch ein bidirektionales BCI könnte außerdem auch zu Durchbrüchen in der Behandlung von Demenz führen.

Auch wenn invasive Brain-Computer-Interfaces wegen dem direkteren Austausch das größte Potential für bidirektionalen Austausch haben, gibt es auch bereits Forschungen im nichtinvasiven Bereich. Auch am Berliner Charité hat man sich zum Ziel gesetzt, die weltweit erste nichtinvasive bidirektionale Gehirn-Computer-Schnittstelle zu entwickeln. Große Hoffnung weckt dabei ein neues Gehirnstimulationsverfahren auf Basis von Quantensensoren und Temporaler Interferenz-Magnetstimulation.

Ethik und gesellschaftliche Implikationen

Trotz oder gerade wegen der technischen Innovation werfen Brain-Computer-Interfaces auch tiefgreifende ethische und gesellschaftliche Fragen auf.

Eines der drängendsten ethischen Probleme im Zusammenhang mit BCIs betrifft die Privatsphäre. BCIs erfassen und interpretieren die Gehirnsignale eines Individuums, was theoretisch den ungewollten Zugang zu persönlichen Gedanken und Gefühlen ermöglichen könnte. Dadurch könnte die BCI-Technologie missbräuchlich gegen den Willen einer Person eingesetzt werden, um an private Informationen zu gelangen. Auch der Einsatz in der Aufklärung von Kriminalfällen führt bereits zum moralischen Dilemma: Ist der Schutz der Gedanken wichtiger als die mögliche Überführung eines Mörders?

Und selbst im Einverständnis könnte ein Datenleck sehr sensible Informationen verbreiten. Die Datensicherheit ist im BCI-Bereich ein besonders wichtiges Thema. Welche Daten gespeichert werden ist außerdem auch abstrakter, als wenn man irgendwo wissentlich ein Formular mit sehr präzisen Informationen ausfüllt.

Ist die Technologie irgendwann ausgereift für den breiten Einsatz stellt sich außerdem die Frage, wie man die Gesellschaft davon profitieren lässt ohne dass sich bestehende Ungleichheiten noch mehr verschärfen? Mehr dazu gibt es auch noch in unserem Artikel zum Transhumanismus, der sich mit der Verbesserung des Menschen über sein natürliches Potential hinaus beschäftigt.


Image by Justlight via Adobe Stock (mittels KI erstellt)

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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