„Digital sucks“– das war das Thema der diesjährigen Next Conference 2017. Seit über zehn Jahren findet die NEXT einmal im Jahr statt und ist für jeden, der aktiv an der Gestaltung der Digitalen Transformation teilhaben möchte. Hier treffen Marketing- und Produktleiter, Führungskräfte der digitalen Wirtschaft, innovative Konzerne sowie innovative Startups aufeinander. Zum dritten Mal hat die NEXT nun in ihrer Gründungsstadt Hamburg stattgefunden und wurde von SinnerSchrader und Faktor3 ins Reeperbahn Festival integriert. 1300 Teilnehmer sind vor Ort, die in einem Bewerbungsverfahren selektiert wurden. Ob sich die Mühe gelohnt hat? Und wie kommt das Thema an, das sich deutlich von dem üblichen Optimismus in der Branche abwendet? Wir haben bei Speakern und Besuchern nachgefragt.
Speaker: Sven Wedig, Founder und CEO von Vollpension Medien GmbH
Wie ist dein Gesamteindruck von der NEXT17?
Ich habe einen sehr guten Eindruck! Ich war schon gestern bei der Next Minds dabei – also dem Vortrag der NEXT – das war sehr inspirierend. Vor allem gab es coole Formate: Man stand mit 20 – 30 Leuten zusammen und konnte Themen diskutieren. Hier bin ich jedoch erstaunt, wie hipster Hamburg sein kann, also wenn man sich die Hipster-Tische anschaut und die hochgekrempelten Jeans. Alles in allem ergibt sich eine sehr gute Stimmung, es sind viele gemischte Leute da, viel altes Coporate aber auch ein Haufen junger Leute – die Mischung zahlt sich aus. Zudem sind alle sehr offen und man kann gute Dialoge führen. Und man muss in Hamburg nicht die ganze Zeit Englisch sprechen – wie in Berlin zum Beispiel.
Welche Erwartung hattest du an die NEXT17 und wurden sie erfüllt?
Für mich schon. Ich hatte gestern die Erwartungen, gute und inspirierende Leute zu treffen und neue Sachen zu erfahren, die ich so vorher noch nicht gehört habe – das war auch der Fall. Für heute habe ich mir eine volle Hütte gewünscht und das hat auch gut geklappt. Die NEXT lebt einfach davon, dass viele Leute kommen und somit sind meine Erwartungen auch erfüllt.
Was genau war denn dein Highlight gestern?
Es ging zum Beispiel um das Thema Influencer-Marketing und war von den Kunden, die da waren, sehr breit gefächert: Von einem medizinischen-technischen Dienstleister, der sich die Frage gestellt hat, wie er mit seiner Zielgruppe umgehen kann, bis zu einem Coporate-Influencer. Da hieß die Fragestellung: Du bist du – aber auch ein Influencer für deine Company. In wie weit solltest du eine Anleitung bekommen, wie du ein Influencer für deine Firma sein kannst? Es geht also um Employer-Branding, Coporate-Branding, B2C und wie kann ich meine Angestellten auch zu einem Influcencer machen.
Und heute in Hamburg waren die Leute das Highlight und die Mischung der unterschiedlichen Branchen. Denn ich denke, das ist das Einzige, was die Leute noch weiterbringt. Die Leute in meinem Bereich zum Beispiel: Wir haben vielleicht noch nicht alles gehört, aber wir kennen uns schon gut aus und jeder Impact, der aus einem anderen Bereichen kommt – oder einer anderen Company, einem anderem Brand – ist wirklich spannend. Und oft findet man auch gemeinsame Nenner, die einem vorher nicht bewusst waren.
Was hältst du von dem Thema der NEXT dieses Jahr?
Ich finde es gut, es will provozieren. Aber man merkt auch, dass das Thema „Digital“ überhaupt nicht „sucked“, alleine wenn man sich ansieht wie viele Leute hier sind und dass alle an ihren Geräten unterwegs sind – jeder hängt am Handy, Laptop oder Tablet. Es „sucked“ halt Null, aber ich denke die Botschaft ist, dass man sich damit kritisch auseinandersetzt und nicht immer alles sofort als Gesetz annimmt, frisst und dann weitermacht. Und nur weil es andere machen, muss es auch nicht immer geil sein.
Wem würdest du die Veranstaltung weiterempfehlen?
Bei dem, was ich mitbekommen habe, würde ich es auf jeden Fall Marketing-Entscheidern empfehlen, egal ob B2C oder B2B, um einen Impuls zu kriegen, was in anderen Branchen passiert. Aber auch für viel klassische Kommunikation und Social Media ist es gut, auch für junge Leute, die sich in den verschieden Märkten orientieren wollen. In erster Linie sehe ich das Thema jedoch für Marketingleiter als ziemlich relevant an.
Speaker: Samuel West, Kurator des Museum of Failure
Was ist dein Eindruck der NEXT17?
Die Konferenz ist viel größer als ich es erwartet habe. Ich habe mit einem kleinen Innovationsevent gerechnet, da es weltweit viele solcher Konferenzen gibt und sie alle einem ähnlichen Format folgen. Aber diese Konferenz ist viel größer und cooler als ich gedacht habe. Und eigentlich verfolge ich die anderen Speaker nicht wirklich, aber diesmal finde ich es sehr interessant. Das haben die Organisatoren sehr gut gemacht.
Was sind deine Erwartungen an die NEXT17?
Ich möchte David Lee kennenlernen, der heute über die kollobrativen Innovationen in China geredet hat. Und dann werde ich ein paar Interviews führen und einfach die Zeit genießen.
Was ist anders an dieser Konferenz, als die Üblichen, die du besuchst?
Also einmal ist es die Größe der Konferenz und auch die Location, wie das schöne Schmidts Tivoli. Zudem findet die NEXT mitten im Rotlichtmilieu statt, was echt cool ist.
Was denkst du über das Thema „Digital sucks“?
Ich liebe es! Obwohl das Digitale natürlich nicht „sucked“, weil es auch einfach Teil unseres Lebens ist. Aber ich mag die alternative Meinung und dass nicht jeder nur „Halleluja“ sagt. Oft wird das Digitale auf Tech-Events angepriesen und gelobt, was eigentlich gar nicht stimmt. Dieses Umdenken finde ich somit sehr gut.
Hast du so eine Einstellung auf einer anderen Konferenz schon mal erlebt?
Ich habe den Eindruck, dass andere Organisatoren oftmals Angst haben und somit lieber alle glücklich machen wollen, sodass das Ganze im Endeffekt Mainstream wird – und keiner mehr glücklich ist. Es ist doch gut, ein bisschen zu riskieren! Es ist nur ein Event. Niemand wird sterben, wenn der Kaffee schlecht schmeckt. Ich bin froh, dass damit experimentiert wurde.
Wem würdest du dieses Event weiterempfehlen?
Jedem der an neuen Perspektiven interessiert ist, ob im Branding oder Product Development – es ist weder eine pure wissenschaftliche Konferenz noch eine CEO-Konferenz: Es ist ein guter Mix.
Das Thema deiner Rede war „Learning from Innovation Failure – Lessons from the Museum of Failure“. Was war dein größter Fehler bis jetzt?
Ich habe viele! Mein größter Fehler ist wahrscheinlich, dass ich viele kreative Ideen habe, die ich verwirklichen möchte, aber ich denke nicht an den finanziellen Aspekt. Somit habe ich am Ende kein Geld. Mit dem, was ich mache und kann meine Projekte nicht weiterführen, was sehr ärgerlich ist. Die letzten fünf bis sechs Jahre ging das jetzt so. Somit hoffe ich, dass es mit dem Museum of Failure in nächster Zeit finanziell besser laufen wird und ich das besser hinkriege.
Veranstalter: Volker Martens, Vorstand Faktor 3 AG Kommunikationsagentur
Wie ist dein Eindruck von der NEXT17 bis jetzt?
Best NEXT ever! Dieses Jahr sind 1300 Leute hier, davon 70 Prozent aus Corporates – und wir sind seit der ersten Veranstaltung ausverkauft. Hier sind also wirklich Leute, die in Unternehmen digitale Themen vorantreiben, viele Innovatoren, viele aus IT und Marketing Departments. Das Ganze wird ergänzt durch Kreativleute, Agency People, digitale Vordenker – das ergibt eine Mischung, die einfach sensationell ist und von Anfang an richtig gut funktioniert hat. Das hat sich nun rumgesprochen und deswegen sind wir meiner Meinung nach dieses Jahr eine fantastische Audience. Und das dann mit der Atmosphäre Reeperbahn, der Musik und dem Spirit hier – also mir geht’s gut!
Was habt ihr besser gemacht als im Vorjahr?
Wir haben jetzt vor allem ein Bewerbungsverfahren für die Tickets. Man kann sich nicht einfach ein Ticket kaufen, um auf die NEXT zu kommen, sondern man muss sich bewerben. Und wir haben ein Team, das sich intensiv darum kümmert, welche Leute das sind, die hier herkommen. Es wird also selektiert – passt die Person hier rein, ist sie ein inspirierender Mensch, kommt sie aus diesem Umfeld und passt sie zu der Idee der NEXT? Erst dann werden entsprechend die Tickets ausgestellt. Und das führt Stück für Stück dazu, dass wir uns immer weiter verbessern und qualitativ eine immer schönere, bessere Gruppe von Menschen zusammenkriegen. Das hat dieses Jahr noch besser geklappt.
Was dieses Jahr auch noch anders ist, ist, dass wir das Netzwerkzentrum ins Copper House in der Davidstraße verlegt haben – hier haben wir viel Energie reingesteckt. Hier gibt es Inhalte, ein Coworking-Space, eine gute Versorgungssituation – alles gleichzeitig. Das Ding hat eingeschlagen wie eine Bombe, man kann draußen sitzen und drinnen, abends gibt’s hier eine Party, sodass es als Netzwerk auch richtig gut funktioniert. Was auch neu ist, ist das Festival-Gelände auf dem Heiligengeistfeld. Damit haben wir auch ein neues Venue für Inhalte und Präsentationen und es ist auch ist von Beginn an voll gebucht. Somit haben wir viele kleine Dinge immer weiter optimiert.
Woher kam die Idee, das Digitale mit der Musikszene zu verbinden?
Viele sagen, das ist so ein bisschen wie die South by Southwest in Texas: Die Idee aus dem Merch aus Musik, Popkultur und digitalen Vordenkern. Den Anspruch jetzt auf Hamburg zu übertragen, ist natürlich sehr ambitioniert, aber im Kern kann man diese Idee hier zum Leben erwecken, was uns natürlich auch motiviert.
Was ist dein persönliches Highlight?
Mein persönliches Highlight war der Vortrag von Tricia Wang “Why corporate “innovation” doesn’t work — and how to fix it“ und was es eigentlich bedeutet, diesen Innovationsprozess in bereits etablierten Unternehmen voranzutreiben und wie schwer das ist. Es gibt ja Ideen und Innovationslabore sowie viele junge Leute mit viele tollen Einfällen. Aber diese Ideen und dieses Neue, Innovative in das alte System reinzukriegend, damit sich der Laden verändert und die Konzerne Geschwindigkeit aufnehmen – diesen Gap hat sie super gut dargestellt und erklärt, warum es so kompliziert ist. Sie hat aber auch Ideen geliefert, wie man sich darauf vorbereiten und es beschleunigen kann. Ansonsten führe ich hier sehr viele Gespräche, da wir von Faktor3 auch viele Kunden eingeladen haben, genauso wie SinnerSchrader.
Wem würdest du die NEXT empfehlen?
Eigentlich geht es in ganz viele verschiedene Richtungen, es gibt nicht den einen Typus Mensch oder Unternehmenslenker, der hierhergehört. Ich kann somit nicht eine spezielle Gruppe ansprechen, denn der Charme der NEXT entsteht aus dem Zusammensetzen von verschiedenen Leuten aus Unternehmen, Incorporates, Leuten, die Innovationen vorantreiben, kreativen Geistern, digitalen Vordenkern. Dieser Mix bis hin zum Designer oder Programmierer, macht die NEXT aus und erschafft Ideen und Inspirationen. Wir wollen eigentlich nicht nur eine Konferenz für eine spezielle Zielgruppe sein, das würde uns nicht gerecht werden.
Besucher: Réne Dreske, Geschäftsführer von Hans Soldan GmbH
Was war deine Intention zur NEXT17 zu kommen?
Digitale Themen sind bei uns in der Firma ganz oben auf der Liste und ich bin häufig auf Konferenzen in dem Kontext, aber hier war ich noch nie.
Was war dein Highlight bis jetzt?
Ein Rede darüber, wie sich Demokratie durch das Internet verändern wird, fand ich bis jetzt toll. Leider ist hier im Copper House jedoch der Raum ziemlich klein und man versteht kaum etwas.
Wie findest du das Thema der NEXT17?
Ich finde das Thema cool gewählt. Es ist tatsächlich so, dass nicht jeder ein Gewinner dieser Entwicklung ist – es gibt viele Verlierer. Dass man auch mal diese Perspektive beleuchtet, finde ich gut. Jeder hat sich wahrscheinlich schon mal gefragt: „Komm ich da mit?“ „Krieg ich das hin in den Firmen?“ oder „Sind die Entwicklungen zu schwierig umzusetzen?“.
Denkst du, man kann in Zukunft dem Digitalen noch entfliehen?
Ich bin überzeugt, dass es in jeder Branche die Spielregeln verändern wird. Es gibt einige Branchen da, da hat es schon angefangen, aber das ist erst der Anfang, es wird weiter exponentiell ansteigen.
Besucher: Bendetik Lecheler, UX-Designer bei Aperto/IBM IX
Mit welcher Intention bist du auf die NEXT17 gekommen?
Zum einen bin ich wegen der Arbeit hier. Ich bin aber auch hergekommen, weil das Thema der Next17 den negativen Aspekt beleuchtet und ich das gut finde. Denn ich denke, es ist auch ein Zeichen der Zeit, dass man von diesem Optimismus – der immer vorherrschend war in der Tech-Branche – abweicht und kritisch hinterfragt. Die Leute merken mittlerweile, dass viele Dinge einfach nicht funktionieren oder zum Bösen genutzt werden. Daher denke ich, dass das in den nächsten zehn Jahren ein großes Thema sein wird und auch eine realistische Einstellung vermittelt.
Was war dein Hightlight bis jetzt?
Der Rede von David Mattin „We need to talk about Optimism“ hat mir sehr gut gefallen. Er hat nicht einfach alles schlecht geredet – so soll es ja auch nicht sein – sondern auch einen positiven Spin reingebracht. Es ging also darum, dass man schaut, wie die Dinge besser machen kann, indem nicht nur alles unkritisch produziert wird.
Wem würdest du diese Veranstaltung weiterempfehlen?
Jeder, der irgendwie technisch interessiert ist, kann die Topics hier verstehen. Egal, ob du Content im Web produzierst oder sonst irgendwas – es ist auf jeden Fall keine reine Tech-Konferenz.
Images by Ania Kozlowska
Teaser (adapted by NextConf)
Image (adapted) „Volker Martens“ by NextConf [CC0 Public Domain]
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Schlagwörter: Destination Check, digital, Digital sucks, EVENT, hamburg, Next Conference 2017, Partner, Reeperbahn, Social Media, startups