Nervt es euch auch so, wenn Leute statt „Rezension“ ständig „Rezession“ schreiben? Das ist aber nicht das Schlimmste an manchen Produktbewertungen. Viel ärgerlicher ist, dass einige von ihnen schlicht gefälscht sind. Es handelt sich dann um sogenannte Fake-Bewertungen.
Nicht nur in sozialen Netzwerken treiben sogenannte Trolle ihr Unwesen. Überall, wo Meinung gemacht werden kann, finden sich teils aggressive oder überspitze Kommentare zu Personen, Unternehmen oder Produkten wieder. Doch warum machen sich Menschen Mühe, ein Produkt oder eine Dienstleistung im Web zu verreißen, obwohl das sachlich nicht gerechtfertigt ist?
Im Auftrag des Kölner Unternehmens Trusted Shops hat das britische Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov nun eine Studie herausgegeben, die sich mit Fake-Bewertungen in Online-Shops auseinandersetzt. Im Rahmen einer repräsentativen Online-Umfrage, an der 2.035 Deutsche ab 18 Jahren teilnahmen, sollte vor allem „der Typ Mensch“ ermittelt werden, der im Internet Fake-Bewertungen schreibt.
Christstollen und Weihnachts-Fakes
Die Ergebnisse der Studie suggerieren zumindest für den deutschen Markt ein eher harmloses Fake-Verhalten. Demnach gaben rund drei Prozent der befragten Personen an, jemals im Internet eine Fake-Bewertung geschrieben zu haben. Immerhin vier Prozent der Befragten gingen laut Umfrage davon aus, während der konsumgetriebenen Weihnachtszeit eine Fake-Bewertung im Internet zu hinterlassen. Zehn Prozent seien zudem noch unentschlossen, ob sie die Wochen vor den Festtagen mit falschen Bewertungen begleiten würden oder nicht. Doch warum schreiben Menschen im Internet Fake-Bewertungen?
Jeder kann zum Troll werden
Viele Studien zum Thema Internet-Trolle gibt es bislang noch nicht. Die Frage, welche Persönlichkeiten im Internet zu welchem Anlass Fake-Bewertungen oder negative Kommentare in sozialen Netzwerken hinterlassen, ist demnach noch nicht geklärt. Die britische Forscherin Jackie Gray von der University of Middlesex setzt sich als eine der wenigen Forscherinnen mit der Frage auseinander, welche Persönlichkeitsmerkmale Internet-Trolle aufweisen. Zwar existieren auch hier noch keine repräsentativen Forschungsergebnisse. Laut Gray lässt sich allerdings festmachen, dass Internet-Trolle meist männlich und jung seien. Zudem ließe sich ein gewisser „Alltags-Sadismus“ bei Trollen erkennen. Eine psychische Störung solle allerdings nicht vorliegen.
Eine Studie aus dem Jahr 2016 kam außerdem zu dem Ergebnis, dass Internet-Trolle, entgegen der allgemeinen Annahme, oft ihren Klarnamen für Fake-Bewertungen und Hetze im Netz benutzten. Trollen sei demnach wichtig, ihren Kommentaren und Meinungen eine gewisse Glaubwürdigkeit zu verpassen. Für diese Erkenntnis wurden von der University of South Australia über 500.000 Internet-Kommentare in Online-Petitionen untersucht.
Diese Menschen stecken hinter Fake-Bewertungen
Über die Motive der Menschen hinter Fake-Bewertungen und negativen Kommentaren ist hingegen nicht sehr viel bekannt. Um sich diesem Phänomen anzunähern, hat Trusted Enterprise Kundenbewertungen im Internet ausgewertet und neben dem klassischen Troll drei weitere Typen von Fake-Bewertern ausgemacht. Bewusst überspitzt unterscheidet Trusted Enterprise hier zwischen dem „Ego-Pimper“, dem „Digital-Rambo“, den „Scherzkekse“ und den „Trollen“. Dabei hat das Unternehmen charakterisierende Typologien zu jedem einzelnen Fake-Bewerter formuliert:
- Ego-Pimper: „Ich fake, also bin ich. Die Ego-Pimper blähen ihr mangelndes Selbstbewusstsein mittels großspurigen, überheblichen Fake-Bewertungen in der virtuellen Welt auf“.
- Digital-Rambo: „Wo kein Richter, da kein Henker. Für die Digital Rambos ist das Internet wie der Wilde Westen – sie schießen im Netz mit Kanonen auf Spatzen und hinterlassen eine Schneise der digitalen Verwüstung“.
- Scherzkeks: „Was haben wir über ihre Fake-Bewertungen gelacht…oder auch nicht. Für die Scherzkekse ist das ganze Internet bloß eine Comedy-Bühne. Hauptsache, sie finden sich selbst lustig“.
- Trolle: „Die Trolle sind Passionsstänkerer, die einfach zu allem ihren Senf abgeben. Ob in Social Media oder auf einschlägigen Bewertungsseiten – die Trolle lassen lautstark überall im Netz ihre heiße Luft ab“.
In Kombination mit den Ergebnissen der YouGov-Umfrage konnten die einzelnen Kommentare den Bewertungstypen zugeschrieben werden. Demnach schrieben Trolle mit einem Gesamtanteil von 35 Prozent die meisten Fake-Bewertungen im Internet. Digital-Rambos (26 Prozent) und Ego-Pimper (20 Prozent) bewerteten häufiger als die sogenannten Scherzkekse, die noch 19 Prozent der Fake-Bewertung von Dienstleistungen und Produkten ausmachten.
Weil sich die massive Flut an Bewertungen im Internet nicht mehr manuell prüfen lässt, greift Trusted Enterprise verstärkt auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Selbst lernende Algorithmen helfen demnach dabei, gefälschte Bewertungen zu identifizieren. Künstliche Intelligenz besiegt stumpfe Troll-Fakes – das wäre mal wirklich smart.
Image (adapted) Arbeitsstation by Janeb13 (CC0 Public Domain),
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Schlagwörter: Fake-Bewertungen, Fake-Feedback, Fake-Rezensionen, Internet-Trolle, KI, Künstliche Intelligenz, Produktionbewertungen, Rezensionen, Social Media, Trolle, Trusted Enterprise, trusted shops
1 comment
Interessant! Nur das ständige Springen im Text zwischen Fake-Bewertungen, Trollen und Hass-Schreibern ist ziemlich verwirrend – zumal sie in den Studien unterschiedlich eingeordnet werden.
Und ganz allgemein: Weisse Typo auf schwarzem Grund … eigentlich eine Binse und 100fach nachgewiesen, dass dies schon gedruckt ein wirkungsvoller Spoiler ist.
PS: Ich meine beides wohlwollend – nicht als Troll-Kommentar :-)