20 Jahre iMac: Der Computer, der den Schreibtisch bunt färbte

Überraschungen in letzter Minute waren ein Markenzeichen von Steve Jobs. Auch als er am 6. Mai 1998 im Flint Center Theater in Cupertino am Ende seiner Keynote den ersten iMac vom Typ G3 vorstellte, schlug die Nachricht ein wie eine Bombe. Jobs sagte damals: „Wir glauben, der iMac wird eine große Sache werden“. Und er hatte – wie wir inzwischen wohl alle wissen – absolut Recht damit.

Denn 20 Jahre iMac später ist klar: Der iMac sollte nicht nur die unrentable Consumer-Sparte von Apple wiederbeleben und damit das Unternehmen vor dem Ruin retten. Der iMac läutete den anhaltenden Siegeszug aller iGadgets und den Beginn einer Revolution im Produktdesign von Unterhaltungstechnik ein.

Internet-Computer mit Style-Faktor

„Die Rückseite dieses Dings sieht besser aus als die anderen Jungs von vorne“. So hatte sich Jobs ausgedrückt. Der iMac G3 hatte nichts mehr mit dem üblichen Kabelsalat der beigefarbenen Windows-Rechner zu tun. Mit seinem farbig-transparenten Polycarbonat-Gehäuse war der All-in-One-Desktoprechner tatsächlich ein echter Hingucker. Ein Objekt, das sich die Leute ins Wohnzimmer stellten, um damit ihre Individualität zu bekunden. „Er sieht aus wie von einem anderen Planeten, einem guten Planeten, einem Planeten mit besseren Designern“, präsentierte Steve Jobs sein erstes Produkt überhaupt, das das vielsagenden „i“ vor dem Produktnamen trug.

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Der iMac G3 überzeugte aber nicht nur durch sein futuristisches Design, sondern vor allem mit dem benutzerfreundlichen Plug-and-Play-Konzept. Das neuen Betriebssystem OS X, dessen jüngster Ableger unter macOS High Sierra firmiert, und das kinderleichte Setup waren ein Durchbruch. Man musste nur den Stecker einstecken, die Maus an der Tatstatur anschließen (über das damals nur gering verbreitete USB-Kabel) und das 56-Kbps-Modem mit der Telefonleitung verbinden.

Nach ein paar Klicks konnten nun auch technisch weniger versierte Nutzer das ebenfalls noch neue Internet benutzen. Sie konnten digitale Fotos über die Infrarot-Schnittstelle kopieren oder über die Stereo-Lautsprecher an der Vorderseite Musik hören. Alles so, wie sich das Apples Designer wohl gedacht hatten, als sie den ersten stylischen Consumer-PC entwarfen, der aller Welt einen schnellen, einfachen und bezahlbaren Zugang zum Internet ermöglichen sollte.

Schon damals Kritik am Schnittstellen-Geiz

So entwickelte sich der iMac G3 fast über Nacht zu einem der kultigsten Geräte des vergangenen Jahrtausends. Aber natürlich gab es auch Kritiker. Wie beim Wegfall des SD-Karten-Slots beim MacBook Pro von 2016 war Apple auch damals seiner Zeit voraus. Die Umstellung auf USB gefiel langjährigen Mac-Usern ganz und gar nicht. Mit der neuen Schnittstelle waren andere Anschlüsse wie Serial-Ports, SCSI und das hauseigene ADB verschwunden und die alte Technikausstattung damit obsolet. Gamer und Power-User machten sich über die mangelnde Erweiterbarkeit und das fehlende Floppy-Laufwerk lustig, aber schaden tat Apple das nicht.

Erfolg verschaffte Apple ein Comeback

Der iMac G3 wandte sich nicht an Computerfreaks, sondern an den ganzen Rest der Menschheit, und der reagierte entsprechend positiv. Und zwar in Verkaufszahlen, die Apple seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Zweifelsohne rettete auch der iMac seine Erfinder damals vor der Pleite. Obwohl die Verbreitung von Mac im Vergleich zum PC im Jahr 1998 nur 1:32 betrug konnte Apple damit seine Gewinne von 1998 bis 1999 verdoppeln.

Zu verdanken hatte Apple seinen plötzlichen Erfolg dem Paradigmenwechsel bei Design und Produktpolitik, den Firmen-Gründer Steve Jobs bei seiner Rückkehr 1996 in Gang gesetzt hatte. Eine saubere und logische Produktfamilie fehlte bis dahin bei Apple. Jobs selbst beschrieb die Produktpolitik als verwirrend für den Verbraucher und zu teuer für Apple. Zu viele Modelle, die falsch bepreist waren und auf die falschen Märkte abzielten. Jobs brachte Klarheit in die Entwicklung und teilte von nun an den Computermarkt in zwei Bereiche ein: einen für Endverbraucher und einen für professionelle Anwender.

Mit dem Durchbruch des iMac hatten die Designer in Cupertino, allen voran Chef-Designer Jony Ive, zudem für alle Zukunft bewiesen, dass man Unterhaltungstechnik so gestalten kann, dass sie schön aussieht und gut arbeitet. Schließlich war der Erfolg des iMac wegweisend bei der weiteren Produktentwicklung von Apple. Das gilt natürlich für das kurz danach erschienene iBook G3. Außerdem gilt: Ohne den iMac wären die Errungenschaften des iPod oder des iPhone nicht denkbar gewesen. Auch wenn die Einnahmen mit dem iPhone aus dem Schatten der Mac-Sparte herausgetreten sind, sind Mac-Rechner immer noch eine wichtige Cash-Cow für Apple.

20 Jahre iMac: Die Evolution von Apples Komplettrechner

2002 folgte mit dem iMac G4 das erste große Redesign. Der All-In-One-Rechner verfügte nun über ein 15-Zoll-LCD, das auf einem verstellbaren Arm über einer kleinen Kugel angebracht war. Dieser Lampenfuß enthielt das Wesentliche des Computers. Als nächstes folgte 2004 der iMac G5, bei dem die Hauptplatine und das optische Laufwerk direkt hinter dem LCD-Panel montiert waren.

Im Januar 2006 stellte Apple den ersten Macintosh mit Intel-Prozessor vor. Dabei bot das Gerät etwa den gleichen Funktionsumfang wie sein Vorgänger, war laut Apple-Benchmarks aber zwei- bis dreimal schneller als der G5-iMac. Auch bot die neue Generation eine eingebaute Webcam iSight und eine mini-VGA-Schnittstelle.

Im August 2007 stellte Steve Jobs den ersten iMac in Aluminium- und Glas-Gehäuse vor. Der iMac dieses Modelljahres wird mit einem 20- oder 24-Zoll-Breitbildmonitor und der neuen, flachen USB-Tastatur in Aludesign ausgeliefert, die wegen ihres Designs und der hervorragenden Usability weit über Mac-Schreibtische hinaus verbreitet ist.

IMac Historie von G3 bis G5
Die Versionsgeschichte des iMac vom G3 bis zum G5. Images by Fernando Carmona, Masashige MOTOE and Bishonen from Wikimedia Commons

Macht seit zehn Jahren eine gute Figur: der iMac im Aluminiumbody

2009 folgte eine iMac-Generation, die einen komplett aus einem Stück Aluminium gefrästen „Unibody“ besaß. Dieses Design bestimmt das Aussehen der Apple-Rechner bis heute. Der neue iMac wird mit einer kabellosen Tastatur und der Magic Mouse ausgeliefert. Zu den weiteren Neuerungen dieser Version gehören unter anderem auch der SD-Kartenslot und eine leistungsstarke Quad-Core CPU.

Ab 2012 wird das Design immer dünner, das optische Laufwerk verschwindet und das Retina-Display kommt hinzu. Erst 2017 verändert Apple wieder etwas an den Anschlüssen. Ab sofort setzt man Thunderbolt 3 (USB-C) ein und holt die Mikrofonbuchse von der Rückseite nach vorne – viel zu bessern gibt es allerdings am Design des Kultrechners ohnehin nicht mehr.

Mit seinem stylischen All-in-One-Ansatz hat Apple die moderne Computerbauweise geprägt. Selbst Wettbewerber Microsoft gab irgendwann nach und präsentierte mit dem Surface Studio im Jahr 2016 eine vergleichbare Produktphilosophie. Microsofts Chef-Designer Ralf Groene, der für den Look der Surface-Reihe verantwortlich zeichnet, bezeichnet Apple-Koryphäe Jony Ive im Netzpiloten-Interview als große Inspiration.

One more thing: Ein Glückwunsch an den iMac

Happy Birthday iMac G3! Trotz deines stolzen Gewichts von 18 Kilogramm wird deinem unvergesslichen Röhrengehäuse mit dem lustigen Griff inzwischen nicht nur in den Designmuseen dieser Welt gehuldigt. Aber dort kann man Dich adoptieren – wie eine Seegurke im Zoo. Und Designer lassen dich auf einem Skateboard durch London rollen, weil du eine Ikone bist.

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Du warst der erste deiner bunten, wohlgeformten Art auf dem grauen Tech-Planeten. Hier hast du Generationen von Nachfolgern diesen Hauch Kreativität hinterlassen, den Designer, Grafiker, Fotografen oder Filmemacher und so viele andere Anwender noch immer an Apple schätzen.

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Dieser Beitrag erschien zuerst auf Netzpiloten Apple.


Images by Lena Simonis, Fernando Carmona, Masashige MOTOE, Bishonen, Rama, Musée Bolo, True Tech Talk Time, via Wikimedia Commons


ist Fachjournalistin für Interactive Design, Technologie, eCommerce, digitale Wirtschaft und Bildung. Lebt seit 2003 in Hamburg und arbeitete dort unter anderem als Redakteurin für einen Kulturverein, verschiedene Fachverlage, Agenturen und Start-Ups. Jetzt bei PAGE.


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