Reinigungsroboter helfen in deutschen Haushalten immer öfter, den Boden von Staub und Schmutz zu befreien. Sogar in Coworking-Spaces drehen sie ihre Runden. Eine der aufstrebenden Marken für Saugroboter ist Ecovacs. Mit dem Modell Deebot 710 hat Ecovacs jetzt ein Mittelklasse-Modell auf den Markt gebracht, das mit einer besonders einfachen Bedienung die Einstiegshürde für Verbraucher weiter senken will. Nach dem Test des früheren Spitzenmodells Deebot R95 vor eineinhalb Jahren wollten wir wissen, auf welchem Stand die Technik sich mittlerweile befindet. Damals erschien uns die Bedienung und Selbständigkeit des Roboters nicht ausgereift. Der Ecovacs Deebot 710 soll alles besser können und sich sogar ganz einfach per Sprache steuern lassen. Das weckt Erwartungen. Erfüllt das 400-Euro-Modell diese in der Praxis?
Reinigung: Saubere Leistung
Smarte Funktionen schön und gut, aber ohne überzeugende Reinigungsleistung ist alles nichts. In dieser Kernkompetenz von Staubsaugern liefert der Ecovacs Deebot 710 souverän ab. Auf Hartböden betrachten wir die Reinigungsleistung als sehr gut. Und das selbst schon im Standard-Modus. Für den zuschaltbaren Max-Modus, der die Saugkraft verdoppelt, gibt es in unserem Praxistest keinen Anlass.
Für Teppiche ist der Deebot 710 ebenfalls geeignet. Allerdings erkennt dieses Ecovacs-Modell die Oberfläche nicht als solche und erhöht die Saugleistung nicht automatisch. Daher bleibt im Test dort mitunter etwas liegen und bedarf einer händischen Nachreinigung.
Für gewöhnlich genügt es, den Roboter im Automatik-Modus seine Bahnen fahren zu lassen. Dabei fährt er die Reinigungsfläche in der Regel systematisch ab. Nur selten säubert er aus nicht nachvollziehbaren Gründen Stellen doppelt oder lässt welche aus. Besonders verschmutzte Stellen kann er sich per Punktreinigung zur Brust nehmen. Entweder setzen wir ihn dazu per Hand an den Zielort oder navigieren ihn per Fernbedienung dorthin.
Als angenehm empfinden wir im Test die Arbeitslautstärke des Deebot 710. Sie liegt deutlich unter dem Pegel klassischer Bodenstaubsauger. Bedauerlich ist die relativ geringe Kapazität des einfach zu leerenden Behälters. Nach einer Putzfahrt in einer 90-Quadratmeter-Wohnung ist das Volumen von 520 Milliliter krachend voll.
Insgesamt entlastet der Ecovacs Deebot 710 die Putzroutine im Testhaushalt stark. Eben nur auf Teppichen und an sehr unzugänglichen Stellen wie dem Spalt hinter geöffneten Türen, ersetzt er den Einsatz eines herkömmlichen Staubsaugers nicht.
Hinderniserkennung: Kleiner Kerl kommt fast überall klar
Nicht mit Wänden und Möbeln zu kollidieren und sich nicht in der Einrichtung zu verheddern, ist bisher die größte Herausforderung von Reinigungsrobotern. Dass Menschen Staubsaugerroboter in Not zu Hilfe eilen müssen, kommt immer wieder vor.
Doch der Ecovacs Deebot 710 erledigt im Auto-Modus seinen Job tatsächlich überwiegend so selbständig, wie man es von einem Roboter erwarten würde. Dessen Sensorik und Software sind offenbar viel leistungsfähiger und viel besser aufeinander abgestimmt, als noch im Modell R95. Im vierwöchigen Test blieb der Deebot 710 nur einmal an einem Stuhlbein hilflos hängen – ein verkraftbarer Ausreißer. Normalerweise stoppt er sehr präzise vor Hindernissen und schlägt reaktionsschnell einen neuen Weg ein.
Weil der Staubsaugerroboter mit 8,1 Zentimetern vergleichsweise niedrig und mit 32,5 Durchmessern ausreichend klein ist, manövriert er sich sehr wendig durch den Testhaushalt. Unter Tischen, Sofas und Schränken reinigt er auf diese Weise sogar dort, wo die händische Saugroutine sich aus Bequemlichkeit oft zurückhält.
Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich, Dekoration, freiliegende Kabel, Hausschuhe und andere kleinere Gegenstände beiseite zu räumen, um Stolperfallen vor der Putzfahrt des Ecovacs Deebot 710 zu reduzieren. Dies bedeutet in der Praxis aber auch nicht mehr Aufwand, als beim eigenhändigen Saugen anfällt, bei der eine freie Reinigungsfläche ja ebenfalls ein gründliches Ergebnis erleichtert.
Bedienung: Einfacher und flexibler geht es nicht
Eine einfache Handhabung ist ein Hauptverkaufsargument für den Deebot 710. Ecovacs verspricht hier nicht zu viel. Wie es die Produktbeschreibung nahelegt, ist der Ecovacs Deebot 710 in unserem Test tatsächlich ohne große Vorbereitung einsatzbereit. Nach einer Aufladung des Akkus genügt es, den Start-Knopf auf der Oberseite zu drücken und sofort zieht der Roboter eigenständig seine Bahnen. Eine beaufsichtigte Probefahrt zur Erstellung einer virtuellen Karte ist, anders als beim Deebot R95, nicht notwendig.
Alternativ sind Starten und Stoppen des Reinigungsvorgangs auch per Fernbedienung möglich, die zum Lieferumfang zählt. Zusätzlich bietet sie vier Richtungstasten, die praktisch sind, um den Ecovacs Deebot im Punkt-Modus zum Zielort zu navigieren. Bis Tasteneingabe und Bewegungsreaktion in eine flüssige Fahrt münden, vergeht etwas Eingewöhnungszeit. Danach klappt die Steuerung aber einwandfrei.
Eine App namens Ecovacs Home dient als weitere Alternative zum Starten und Stoppen der Putzfahrt. Außerdem können wir dort einen Zeitschaltplan für automatische Routinefahrten erstellen. Die App funkt den Roboter nicht direkt an, sondern greift dazu auf den WLAN-Router zu. Sollte dieser ein 5-Ghz-Teilnetz verwenden, muss es während der Einrichtung vorübergehend stillgelegt werden. Denn der Roboter versteht sich damit nicht. Im anschließenden Alltagsbetrieb sorgt ein aktiviertes 5-GHz-Netz aber für keine Störungen.
Per Sprache können wir den Roboter ebenfalls starten, stoppen und zur Ladestation zurückfahren lassen. Das funktioniert sowohl mit Amazon Alexa als auch Google Assistant. Ob wir dafür einen smarten Lautsprecher oder die entsprechenden Assistenz-Apps verwenden, ist unerheblich. Beides klappt in der Praxis sehr gut. Voraussetzung ist, dass wir unsere Amazon- und Google-Konten mit unserem Ecovacs-Konto verknüpfen.
Übrigens kann der Ecovacs Deebot 710 auch selbst sprechen. Wahlweise auf Englisch oder Deutsch, quittiert er Beginn und Ende eines Einsatzes oder ruft um Hilfe, wenn er sich verheddert hat. Dabei ist die Lautstärke der Sprachausgabe jedoch empfindlich laut und lässt sich nicht regulieren, sondern nur in der App abstellen.
Ecovacs Home: Schlanke und stabile App
Als smartes Gerät verfügt der Ecovacs Deebot 710 natürlich auch über eine eigene App, ist ja Ehrensache. Ecovacs Home ist für Android-Smartphones und iPhones erhältlich, aber nicht für die Bildschirme von Tablets angepasst. Die App funktioniert deutlich besser als diejenige, die wir einst mit dem Deebot R95 verwendet haben. Sie ist übersichtlich aufgebaut, reagiert schnell und läuft stabil.
Die App dient als Fernbedienung, Zeitschaltplaner, sowie als Anlaufstelle für ein Reinigungsprotokoll und eine Verschleißprognose. Außerdem schickt sie Push-Nachrichten aufs Smartphone, wenn die Reinigung beendet ist oder etwas schiefläuft. Ferner haben wir im Test die Firmware des Roboters mittels der App aktualisiert.
Per Touchscreen den Roboter zur Punktreinigung zu navigieren, ist mit der App des Deebot 710 nicht möglich. Darüber hinaus können wir die Reinigungsfläche auch nicht virtuell begrenzen und Räume oder noch kleinere Bereiche von der Putzfahrt ausschließen. Dies geht nur ganz banal durch das Zusperren von Türen.
Insofern ist die App des Ecovacs Deebot 710 relativ schlank gestrickt und für den Regelbetrieb noch nicht einmal nötig. Stattdessen genügen die Tasten am Gerät und auf der Fernbedienung in der Praxis.
Ausdauernder Akku, einfache Wartung
Der eingebaute Lithium-Akku bietet mit 2.600 mAh so viel bzw. so wenig Kapazität wie ein Mittelklasse-Smartphone. Laut Ecovacs genügt die Energie für einen Einsatz von bis zu 110 Minuten, was sich mit unseren Praxiseindrücken deckt. Das ist eine deutlich längere Laufzeit als sie noch der Deebot R95 bot. Dennoch reicht sie nicht komplett, um die Nutzfläche einer 90-Quadratmeter-Wohnung in einem Rutsch zu reinigen. Zwar zieht sich der Roboter dann eigenständig auf die Ladestation zurück, setzt die Reinigung aber anschließend nicht automatisch fort. Hier wäre eine entsprechende Option in den Einstellungen wünschenswert.
Die Ladezeit ist mit einer Dauer von vier Stunden zwar recht lang, aber immerhin lässt sich der Ecovacs Deebot 710 auch mit nicht ganz vollem Akku einsetzen. Am Gerät ist der Restladestand allerdings nicht einsehbar – dies geht nur in der App. Sollte der Akku einmal das Zeitliche segnen, lässt er sich nicht eigenhändig wechseln. Andere Verschleißteile wie die Hauptbürste und die Seitenbürsten sind dagegen einfach auszutauschen.
Test-Fazit: Ecovacs Deebot 710 reinigt schlau – auch ohne App und Hilfe
Nach dem durchwachsenen Eindruck des Ecovacs-Modell Deebot R95, hat uns der Deebot 710 im Test positiv überrascht. Als smarte Haushaltshilfe ist er absolut empfehlenswert. Schließlich erledigt er seinen Reinigungsjob auf sehr hohem Niveau und braucht praktisch nie menschliche Rettung aus der Not. Die Bedienung ist so einfach, wie es der Hersteller verspricht. Weil dafür die App kaum benötigt wird, eignet sich der Ecovacs Deebot 710 besonders für Menschen, die ihr Smartphone auch gern einmal beiseitelegen.
Verglichen mit dem Deebot R95 hat Hersteller Ecovacs einen großen Sprung gemacht. Dessen gehobene Mittelklasse in Form des Deebot 710 ist heute leistungsfähiger und praktischer als die Oberklasse vor zwei Jahren. Geht es nach Ecovacs, ist die Zukunft des autonomen Staubsaugens aber noch viel rosiger. Im Laufe des Jahres soll ein Roboter erscheinen, der dank künstlicher Intelligenz kleine Objekte noch besser erkennen und im Bedarfsfall umfahren kann. Dadurch wird gewissenhaftes Aufräumen vor der Putzfahrt entbehrlich. Dieses Feature erscheint zur Premiere jedoch im teuren Oberklasse-Modell Ozmo 960 und dürfte erst später in die erschwingliche Mittelklasse der Roboterstaubsauger Einzug halten.
Der Ecovacs-Staubsaugerroboter bei Amazon (Provisionslink)
Images by Ecovacs; Berti Kolbow-Lehradt
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