In unserem aktuellen Themenschwerpunkt zu „Zukunft des Lernenes“ berichtet heute Gastautor Martin Riemer von seinen Erfahrungen mit Blogs an einer Berliner Grundschule:
Mein Name ist Martin Riemer, von Hause aus mache ich den Zettelkasten Riemer-O-Rama, home of my personal „Bloggum ergo sum“. Ich markiere mich selbst als einen Gewinner der Blogosphäre, da fand ich es mindestens notwendig, mein dort erhaltenes Wissen in einem konzertierten „Sharing und Erkläring“ weiterzugeben. So geschah es…
Vor zwei Jahren spülte mich meine Biographie an die Berliner Hausburgschule, ein güldener Strand, um im Bild zu bleiben. Mein Plan war, das erste Berliner Grundschulblog in Leben zu rufen. Die Inhalte sollten von den Kindern kommen. Gesagt, getan. Und: Es hat funktioniert. Die Schulleitung erlaubte mir, mein Projekt im Freizeitbereich anzusiedeln, ich machte mich sofort auf die Suche nach einer internet-zugeneigten Erzieherin. Die fand ich, und mit ihrer „2e“ hatte ich einen Glückstreffer gelandet.
Wir starteten mit dem „Projekt im Projekt“: Ein Headerbild musste her! Die Kinder hatten darin ihre erste Blogaufgabe. Ein Name fürs Blog musste her, der wurde Basisdemokratisch per Schüler-Poll ermittelt. Nicknames fürs Bloggen durften natürlich auch nicht fehlen, denn echte Blogger haben nicht nur echte Namen, sondern auch einen Bloggernamen.
Ich bereitete Schablonen vor, schön mit Web 2.0-Rundecken a la WordPress-Kubrik-Theme. (Hey, vor zwei Jahren war das noch angesagt! :-). Das erste Berliner Grundschulblog, die Hausburg-Flitzpiepen der 2e waren geboren:
Das Blog ging geschützt online, die Erzieherin und ich konnten es beim heran nahenden Elternabend vorstellen.Meine Strategie war, das Blog als Schnittstelle Schüler/Eltern/Schule/Zuhause/Computerraum anzupreisen. Der Unterstützung der Eltern war ich dann auch gewiss.
Die im Laufe der Zeit entstandenen Projekt-Resultate waren für mich die eigentliche Überraschung.
Nicht nur, dass Themen des Deutsch-Unterrichts durch die enstandenen Schreib-und Lesekompetenzen hervorragend unterstützt wurden, die Kinder lernten auch noch die anderen Medienbestandteile kennen, die es im Internet um einen Text herum gibt: Sie hatten die Wahl:
- Welche Medienbestandteile (Film, Bild, Ton und Text) gibt es, und wie kann ich sie für mich verwenden?
- Was kann ich schreiben, und wie kommt der Text ins Internet?
Durch die Beantwortung und Lösung dieser Fragen enstand ein wichtiger Mehrwert, die Kinder erfuhren in einer ästhetischen Lernumgebung selbsterlernte Medienkompetenzen. Theaterbesuche wurden reflektiert, Schülergemälde diskutiert, und in der Kommentarfunktionsich tauschte man sich respektvoll aus.
Wir sind mittlerweile bei über 100 Beiträgen, die in mehr als 500 Kommentaren diskutiert werden. Das Blog wurde zu einem erfolgreichen, schulischen Begleiter der Kinder. Die 2e hat verstanden, dass ein Weblog eine dynamische, kommunikationsanregende Welt entstehen lassen kann, die mit Inhalten versehen wurde, die von den ihnen selbst erstellt wurden.
Medienkompetenz entstand also durch Inhalte, und nicht durch Technik. Die Kinder haben ihre Platzkarte in der Wissensgesellschaft reserviert, sie können vorbereitet und ermutigt dahin navigieren. Das unterscheidet sie von Nur-Konsumenten: kaufen kann nämlich jeder, navigieren nicht so viele.
Mein Name ist immer noch Martin Riemer, ich bringe Kindern und mir das Bloggen bei. Ich habe meinen Traumberuf erfunden…
Links und Lesetipps:
- Martin Riemers Arbeitsjournal: Weblogs an die Grundschulen!
- Franz Josef Röll, Pädagogik der Navigation
- Werner Prühers PDF: Der Einsatz von Weblogs und Wikis im Berufsschulunterricht
- Danke auch an Johannes Oppermann
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Schlagwörter: blogs, grundschule, lehrer, martin_riemer, schule2.0, schüler, unterricht, web2.0
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