Ob Redakteure, PR-Fachleuchte, Social Media Manager oder ambitionierte Hobbyfotografen – für alle diese Gruppen wird Bewegtbild immer wichtiger. Sowohl im Beruf als auch im Privaten entpuppt sich aber „schnell mal eben ein Video“ zu drehen oft doch komplizierter, als zunächst angenommen. Alle, die ihr Geld in eine spiegellose Systemkamera investiert haben, werden durch das Stöbern in YouTube-Tutorials oder Reise- und Medien-Blogs schnell Lust bekommen, ihre nächsten Urlaubsreisen, Events oder Pressetermine auch als Video festzuhalten. Da Filmen nochmal ein ganz anderer Schnack ist, als das Fotografieren, vermittle ich euch die aus meiner Sicht wichtigsten Basics zum Einstieg ins Filmen mit der Fotokamera. Alle gezeigten Bilder sind übrigens Stills, die ich aus Videoaufnahmen gezogen habe.
Was ihr fürs Filmen mit der Fotokamera braucht
Um schöne, zufriedenstellende Videos zu erstellen, braucht es keine High-End-Ausrüstung. Grundsätzlich lassen sich auch mit Smartphones und Kompaktkameras Videos in hochwertiger Qualität aufnehmen. Eine Systemkamera mit Wechselobjektiv macht es jedoch viel leichter, eine angemessene Qualität zu erzielen und schnell neue Einstellungen vorzunehmen, um sich auf Situationen richtig einzustellen. Dann sieht das Event-Video gleich nochmal professioneller aus. Umfangreiche Bedienmöglichkeiten erhöhen zudem den kreativen Spielraum.
Ich empfehle euch an dieser Stelle nicht ausdrücklich, eine spiegellose Kamera (DSLM) einer Kamera mit Spiegelreflextechnik (DSLR) vorzuziehen. Welche Variante ihr für eure Arbeit oder Hobby wählt, bleibt euch selbst überlassen. Denn beide Systeme haben Vor- und Nachteile fürs Filmen mit der Fotokamera. Für eine spiegelloses Modell habe ich mich jedoch entschieden, weil ich eine Kamera lange und häufig verwende, und der Wegfall von mechanischen Komponenten eine geringere Verschleißanfälligkeit bedeutet.
Ebenfalls wichtig: Die Kamera sollte Videos mit einer Bildwiederholfrequenz von mindestens 50 oder 60 fps aufzeichnen können. Ferner ist ein stufenlos fokussierbares Objektiv praktisch. Trifft das auf eure Ausrüstung zu, habt ihr alles, um zu starten. Bedenkt aber: Wie auch in der Fotografie macht Übung den Meister und Profi-Werkzeuge sind ohne Übung kein Garant für tolle Ergebnisse.
Die richtige Brennweite: 85 Millimeter als Geheimtipp
Die Wahl der Brennweite hat großen Einfluss darauf, wie verzerrt, komprimiert oder idealerweise natürlich Gesichter abgebildet werden. Und Menschen zu zeigen, ist für Urlaubsvideos oder in Videos für die Öffentlichkeitsarbeit eine zentrale Säule. Am häufigsten und liebsten verwende ich fürs Filmen mit der Fotokamera eine Festbrennweite mit 85 Millimetern. Hier werden sicher einige empört die Hand heben, denn mit dieser leichten Telebrennweite legt man sich schon ziemlich fest. Wegen des kleineren Bildwinkels muss man genau wissen, welchen Teil einer Situation man betonen möchte. Ich favorisiere 85 Millimeter, weil sich diese Brennweite ideal für Porträts oder kleine Details eignet. Mit etwas Übung sind damit selbst Naturaufnahmen wunderbar abzubilden.
Ein empfehlenswertes Modell ist das Objektiv Zeiss Loxia F2.4/85 Millimeter (Provisionslink), das ich während einer Thailand-Reise getestet habe. Das Objektiv ist für ein kleines Tele nicht zu schwer und sehr wertig verarbeitet. Der Fokusring lässt sich butterweich bedienen, sodass es sehr leicht ist, das Motiv mit der hohen Schärfeleistung des Objektivs herauszuarbeiten. Mit meiner Kamera vom Typ Sony Alpha 7s II (Provisionslink) harmonierte das Zeiss Loxia 85 Millimeter blendend. Der fehlende Autofokus kann für Anfänger zunächst etwas gewöhnungsbedürftig sein. Schnelle Schnappschüssel sind schwierig, aber langfristig wird man den Autofokus-Knopf an seiner Kamera kaum noch gebrauchen. Da das Zeiss Loxia keinen Bildstabilisator bietet, erfordern Aufnahmen ohne Verwacklungsunschärfe eine ruhige Hand oder ein Stativ.
Manuell oder Automatik? Lieber „handgemacht“ filmen mit der Fotokamera!
Natürlich müssten wir uns nicht zwangsläufig für ein einfaches Urlaubsvideo mit diesen Einstellungen beschäftigen. Die Kamera auf Auto gestellt und los filmen – das geht auch. Aber der ambitionierte DSLM-Besitzer hat sicherlich ein gewisses Interesse daran, zu verstehen, was mit der eigenen Kamera alles möglich ist. Ein schicker Porsche fährt auch geradeaus, wenn man aufs Gas drückt.
Anders als beim Fahren der meisten Porsche-Modelle empfiehlt es sich beim Filmen mit der Fotokamera, den manuellen statt den Automatik-Modus zu verwenden. Das betrifft neben der Belichtung insbesondere die Fokussierung. Denn Personen oder Gegenstände, die sich durch das Bild bewegen, verlassen und betreten konstant den Schärfebereich. Dies kann durchaus teilweise eine gewollte Unschärfe erzeugen. Aber um in entscheidenden Situationen unseren Fokuspunkt scharf zustellen, ist ein manuelles Nachziehen mehr als empfehlenswert. Zwar ermöglicht jedes Objektiv eine manuelle Fokussierung, aber nur von ausdrücklich fürs Filmen ausgelegte Objektive können stufenlos, also ohne störende Ruckler, fokussieren. Deshalb ist die Wahl des Objektivs so wichtig.
Was die Belichtung betrifft, verhalten sich beim Filmen mit der Fotokamera die Einstellung des ISO-Wertes, des Weißabgleich und der Blende ähnlich wie beim Fotografieren und werden deswegen hier nicht noch einmal gesondert erläutert. Doch selbst für geübte manuelle Fotografen birgt der Wechsel in den Video-Modus reichlich Neuland. Das gilt beispielsweise für spezielle Einstellungen im Kamera-Menü.
Die wichtigsten Einstellungen im Kamera-Menü: PAL und NTSC
Bevor wir loslegen mit unserem Urlaubs- oder PR-Film, müssen wir ein paar Basics in den Einstellungen unserer Kameras vornehmen, damit wir ein zufrieden stellendes Ergebnis bekommen. Von zentraler Bedeutung ist die Anzahl der Einzelbilder, die die Kamera pro Sekunde aufnimmt, um eine flüssige Bildfolge darzustellen.
Die Einstellung dieser sogenannten Framerate ist abhängig von der Fernsehnorm, die die Bild- und Ton-Übertragung definieren. Der Unterschied zwischen den beiden wichtigsten Normen, NTSC und PAL, ist nicht so schwierig, wie man zunächst denkt. Und einmal entschieden, muss man sich auch eigentlich nie wieder damit beschäftigen. NTSC wird in den USA und in Teilen Asiens vorwiegend genutzt, während sich im Rest der Welt PAL mehrheitlich durchgesetzt hat. Beim PAL-Format finden die Framerates von 25 fps, 50 fps und 100 fps Einsatz. Üblich bei NTSC hingegen sind 24 fps und 30 fps sowie ein Vielfaches davon, sprich 30 fps, 48 fps, 60 fps und 120 fps.
Technisch ist es aber inzwischen kein Problem mehr, beim Filmen mit der Fotokamera beide Normen zu nutzen und die Aufnahmen dann trotzdem für alle Zuschauer rund um den Globus weiterverarbeiten zu können. Daher ist die Entscheidung zur reinen Geschmackssache geworden. Wichtig ist nur, dass ihr euch im Rahmen eines Projekts für ein Format entscheidet. Wenn ihr stattdessen Sequenzen in NTSC und PAL zusammenschneidet, leidet das Ergebnis. Es kommt zu Rucklern, Stocken und Bildfehlern. Ich nutze NTSC, da ich wegen des Looks am liebsten in 24 fps filme. Aber was hat diese Zahl denn mit dem Bildeindruck zu tun?
Kino oder Seifenoper? Die richtige Framerate für den gewünschten Look finden
Wer sich bisher ausschließlich mit der Fotografie beschäftigt hat, wird sich höchstwahrscheinlich nicht der unterschiedlichen Wirkung von Framerates auf den Bildeindruck bewusst sein. Dabei ist die Bildwiederholrate ausschlaggebend dafür. Beispielsweise sind 24 fps (NTSC) und 25 fps (PAL) die Standardwerte, die bei Kinofilmen zum Einsatz kommen. Sie verleihen Videos daher einen besonders „cineastischen“ Look. Demgegenüber ist 30 fps (NTSC) die typische Framerate für Fernsehshows und Sportsendungen. Die erhöhte Framerate bringt schnelle Bewegungen besser zur Geltung, weil dann keine Schlieren zu sehen sind und der Schärfeeindruck steigt. Ein unnatürlicher Bildeindruck wie bei modernen Sitcoms oder Seifenopern ist allerdings die Kehrseite höherer Framerates.
Auch für Zeitlupen spielt die Framerate eine wichtige Rolle. Möchtet ihr Detailaufnahmen im Nachhinein in Slow-Motion abspielen, reichen 24 oder 30 fps nicht. Die Rechnung ist hier relativ leicht: die doppelte Framerate für die Hälfte der Geschwindigkeit. Wenn eure Kamera es zulässt, filmt Details in 50 fps (PAL) oder 60 fps (NTSC), um im Nachhinein eine fließende Slow-Motion ohne Stocken zu bekommen.
Nicht vergessen: Verschlusszeit auf Framerate abstimmen
Gleich können wir loslegen. Wir haben uns für NTSC oder PAL entschieden und unsere Framerate festgelegt. Jetzt müssen wir nur noch die Verschlusszeit auf unsere Framerate abstimmen, und es kann losgehen.
Die Verschlusszeit ist in der Fotografie vor allem für die Belichtung relevant. Im Bewegtbild gilt das nicht gleichermaßen, da die Belichtung hier die ganze Zeit variiert. Die Verschlusszeit auf die Framerate anzupassen ist aber simple Mathematik. Bei einer Framerate von 24 fps sollte die Verschlusszeit bei 1/48 Sekunden liegen, im Fall von 30 fps bei 1/60 Sekunden. Wir verdoppeln unsere Bildfrequenz also einfach.
Vergesst Log-Dateien und kümmert euch erstmal nicht um die Farben
Zu einem hochwertigen Video-Look gehört natürlich auch die Farbgestaltung. Dabei werdet ihr früher oder später über die Möglichkeit stolpern, Log-Dateien zu speichern. Ähnlich wie RAW-Dateien bei Fotos, sehen sie zunächst einmal sehr „flach“ aus, beinhalten aber mehr Bildinformationen und ermöglichen daher eine umfassendere Nachbearbeitung. Im Profi-Bereich wissen dies die sogenannten Colorgrader zu schätzen. Doch Einsteiger, die hauptsächlich dokumentieren, können das größere Potenzial für besondere Farbeffekte zunächst einmal ignorieren. Nutzt daher lieber die Standardeinstellungen der Kamera.
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Images by Sondem / Adobe Stock; Katharina Reber
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Schlagwörter: Digitalkamera, Filmen, kamera, Sony Alpha 7, Spiegellose Systemkameras, Videoproduktion, Zeiss Loxia