World of Warcraft und der schwarze Bildschirm von Azeroth

World of Warcraft Classic, das Remake der ursprünglichen WoW-Version, lässt nicht mehr lange auf sich warten. Bald dürfen Nostalgiker und Neueinsteiger in dem Azeroth der ersten Stunden herumlaufen, questen, raiden und Abenteuer erleben. Ich habe World of Warcraft nie wirklich gespielt und schon gar nicht in der ersten Stunde. Und doch hat die Ankündigung der neu aufgelegten Vanilla-Version für den 27. August in mir einiges an Nostalgie und Emotionen ausgelöst. Das klingt jetzt erstmal komisch, aber ich habe eine etwas seltsame Vergangenheit mit dem MMORPG, die ich anlässlich des bevorstehenden Releases gerne teilen möchte.

Kein Fan der ersten Stunde

Ich bin kein Fan der ersten Stunde und ich weiß noch nicht mal, ob ich jemals ein WoW-Fan werde. Als Word of Warcraft 2005 in Europa veröffentlicht wurde, war ich acht Jahre alt und weit davon entfernt, so etwas wie einen eigenen PC zu besitzen – was allerdings nicht bedeutet, dass ich mir nicht sehnlichst einen gewünscht habe. Ich hatte keine Ahnung, was World of Warcraft ist und das sollte auch noch eine Weile so bleiben. Es gingen also mindestens zwei Erweiterungen des erfolgreichen MMORPGs ins Land, bis ich überhaupt davon erfuhr.

Make Love Not Warcraft

So richtig aufmerksam auf World of Warcraft wurde ich erstmals durch die berühmte South Park Folge Make Love not Warcraft. In der müssen die vier Protagonisten einen anderen Spieler erledigen, der es geschafft hat, die Regeln des Spiels zu umgehen und andauernd alle Spieler tötet. Dass sich hinter der Fantasy-Welt in WoW viel Taktik und Meta verbirgt, hat mein vorpubertäres, 12-jähriges Gehirn zu dem Zeitpunkt bei Weitem nicht geschnallt. In der South Park Folge allerdings konnten die Spieler wirklich miteinander reden und gestikulieren; zwischen den Spielern ist eine eigene Geschichte entstanden. Das hat mir imponiert und mir den Eindruck einer echten Parallelwelt vermittelt, in die auch ich abtauchen wollte.

Die Testversion

Schließlich wusste ich also von World of Warcraft und hatte eine Idee davon, um was für ein Spiel es sich dabei handelt – auch wenn diese sicher nicht ganz der Realität entsprach.

In dem Stadtteil in Hamburg, in dem ich aufgewachsen bin, gab es ein Einkaufscenter, in dem wir Schüler häufig nach der Schule noch „herumhingen“. Unter anderem gab es in dem Center einen GameStop, der eines Tages kostenlose WoW-Testversionen ausgegeben hatte. Mit denen konnte man World of Warcraft bis Level 20 komplett kostenfrei spielen. Die Begeisterung, die das bei uns mittellosen Schülern auslöste, ist sicher vorstellbar.

Spitzfindige Klassenkameraden und Schulkollegen haben sich übrigens den absoluten Geniestreich einfallen lassen, sich nicht nur eine, sondern so viele dieser Testversionen zu sichern, wie möglich. So sind an jenem Tag manche meiner Freunde mit bis zu 20 Spiele-DVDs nach Hause gegangen. Dass sie dann auch 20 Mal von vorne hätten anfangen müssen, war ihnen ziemlich egal – es war schließlich gratis. Ich war zu dem Zeitpunkt elf Jahre alt und musste einen der Testversionen-Sammler darum bitten, mir doch eine DVD abzugeben. Man wollte mir das Spiel im Laden nämlich nicht geben, da ich mit meinen elf Jahren noch zu jung war. Nachdem ich einen der Anderen schließlich überreden konnte, dämmerte mir jedoch schon, dass mein gebrauchter PC ohne DVD-Laufwerk – geschweige denn Internetanschluss – nicht in der Lage sein dürfte, mir einen Ausflug in die Welt von World of Warcraft zu ermöglichen.

Der schwarze Bildschirm von Azeroth

Und das war er auch nicht. Ich versuchte es aber natürlich trotzdem. Mit einer völlig naiven Hoffnung habe ich damals also die Testversion in meinen Rechner geschoben und es ist … nichts passiert. Rein gar nichts. Die DVD wurde nicht einmal von meinem PC erkannt – wie auch ohne DVD-Laufwerk – und mir blieb die Welt von World of Warcraft weiterhin verwehrt.

Allerdings hat sich meine kindliche Kreativität einen, wie ich finde, guten Weg einfallen lassen, aus dieser Misere zu kommen. Ich habe mich also vor meinen „schwarzen Bildschirm von Azeroth“ gesetzt und mir einfach vorgestellt, das Spiel zu spielen. Bis heute kann ich sagen, meine selbst ersonnene Version von World of Warcraft gehört zu den besten Spielen, die ich je gespielt habe. So bin ich mit meinem Zwergen-Charakter über irgendwelche Hügel und durch Wälder gelaufen, habe mir große Schlachten vorgestellt und hatte Spaß dabei. Nerviges Gegrinde gehörte nicht dazu!

Grenzen überwinden

In meiner Jugend war ich selten mit der aktuellsten Technik gesegnet. Meistens waren meine PCs alt, ich hatte höchstens einen Internetzugang über mein Android Smartphone und Windows XP war für mich noch lange nach Windows 7 ein „neues“ Betriebssystem. Diese Einschränkungen haben mich aber kreativ gemacht und mich gezwungen, mir Lösungen einfallen zu lassen, um technische Hürden zu überwinden. So habe ich mir einmal die Java-IDE Eclipse zuerst auf mein Handy geladen, um die Datei dann erst auf meinen PC zu spielen und loszuprogrammieren.

Auch diese schöne Erinnerung von World of Warcraft haben mir die technischen Einschränkungen beschert. Vielleicht ist es für Kinder manchmal ganz gut, wenn sie mit technischen Hindernissen konfrontiert werden und nicht immer das neuste und einfachste haben. Hindernisse können durchaus anregend sein.

Nur eine Sache bitte nicht machen: Digitales pauschal verbieten. Dabei lernt nämlich niemand.

Happy End

Alle, denen das Ende dieser World of Warcraft-Geschichte jetzt zu deprimierend ist, kann ich aber trotzdem beruhigen. Meine Oma hat mir dann etwa ein Jahr später den Story-Vorgänger Warcraft 3 geschenkt. Ich wurde also doch noch mit einer tollen Kampagne aus dem Warcraft-Universum beschenkt, die ich mit Warcraft 3 Reforged sicher bald wiederholen werde.

In WoW werde ich mit World of Warcraft Classic Ende August dann auch zum ersten Mal einsteigen und über meine ersten Erfahrungen berichten!

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Image by Blizzard

liebt seit jeher Sprache, Kommunikation und Mathematik. Heute ist er Software-Entwickler für Mixed Reality und moderiert den Netzpiloten-Podcast Tech und Trara. Die (digitale) Welt ist für ihn ein Ort voller Möglichkeiten und spannender Technologien, die man ausprobieren, bearbeiten und hinterfragen kann.


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