Digitalisierung in der Schule – Neue Chancen

Die Digitalisierung schreitet seit Jahren voran, doch von den Schulen hält sie sich oft fern. Vor allem durch die Corona-Krise wurde das Thema Digitalisierung in der Schule jedoch wieder auf den Tisch gebracht. Über Wochen hinweg wurde Homeschooling betrieben. Dabei stand digitales Arbeiten im Vordergrund. Doch nicht nur im Homeschooling, auch im Unterricht vor Ort soll mehr digital gearbeitet werden. Vom Overhead-Projektor zum Whiteboard ist hierbei das Ziel.

Wie sah digitale Schule vor Corona aus?

Das Thema Digitale Schule ist nicht erst seit kurzem präsent. Seit einigen Jahren wird bereits diskutiert zunächst ob, und anschließend wie die Digitalisierung der Schule stattfinden soll. Der Stand, auf dem die Schulen in der Digitalisierung sind, kann sehr unterschiedlich sein. Manche Schulen arbeiten mit Tablets und interaktiven Whiteboards oder sogar VR-Brillen, während bei anderen noch der gute alte Overheadprojektor am Start ist.

Laut einer Bitkom Umfrage mit 503 befragten Lehrern aus dem Jahr 2019 würden 54% der befragten Lehrer gern öfter digitale Medien im Unterricht einsetzen, können das aber nicht. Die Gründe dafür sind mit 58% das Fehlen entsprechender Geräte. 36% der Lehrer haben außerdem Sorge, dass die Technik im Unterricht versagt. Außerdem wünschen sich viele Lehrer entsprechende Weiterbildungen zu Digitalthemen.

Auch wenn ca. zwei von drei Schulen über interaktive Whiteboards verfügen, sind diese fast nur in einzelnen Fachräumen vorhanden. Die meisten Schulen besitzen nur eine digitale Grundausstattung. Beamer, Notebooks und stationäre PCs sind zwar oft vorhanden, jedoch nicht flächendeckend, sondern nur als Einzelgeräte.

Zusammenfassend lässt sich aus dieser Studie herauslesen, dass viele Schulen ungenügend mit Geräten ausgestattet sind, die das Arbeiten mit digitalen Medien ermöglichen. Außerdem ist ein Großteil der Lehrer der Meinung, dass das Bildungssystem in Deutschland reformbedürftig ist. Den DigitalPakt Schule sehen die Lehrer größtenteils als positiv, wenn auch nicht als ausreichend an.

Hier findet Ihr mehr zur Bitkom Studie.

Der DigitalPakt Schule

Ein großer Meilenstein im Prozess der Digitalisierung in der Schule war die Verabschiedung des DigitalPakt Schule. Dieser startete am 17. Mai 2019. Hierzu war jedoch zuerst eine Grundgesetzänderung nötig, da bisher nur Finanzhilfen des Bundes für finanzschwache Kommunen möglich waren. Durch die Änderung des Artikel 104c ist es dem Bund nun gestattet, den Ländern „gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen“ zu gewähren.

Um wie viel Geld geht es?

Der DigitalPakt Schule sieht vor, über einen Zeitraum von fünf Jahren fünf Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Das sind rund 137.000 Euro pro Schule oder 500 Euro pro SchülerIn. Zusätzlich bringen die Länder einen Eigenanteil von 10% ein, womit insgesamt ca. 5,55 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

In was wird investiert?

Das Ziel des DigitalPakt Schule ist es, die infrastrukturellen Grundlagen für digitale Bildung zu schaffen. Der Fokus liegt also auf der digitalen Infrastruktur. Dazu gehören breitbandige Verkabelung der Schulen, die WLAN-Ausleuchtung und stationäre Endgeräte, wie beispielsweise interaktive Whiteboards. Der Glasfaseranschluss für die Schulen ist nicht Teil dieser Finanzhilfe. Mobile Endgeräte wie Tablets und Laptops können davon finanziert werden, jedoch dürfen nur maximal 20% des Geldes hierfür verwendet werden. Bis Ende des Jahres gilt die Förderung zudem auch für digitale Bildungsinhalte. 

Ca. ein Jahr nach Start des DigitalPakt Schule sind laut BayernRundfunk jedoch erst 40 Millionen Euro geflossen. Das ist auch die Kritik, die Max Maendler, Gründer und Geschäftsführer von lehrermarktplatz.de, zur Studie äußerte. Er ist der Meinung, dass der DigitalPakt ein guter Anfang der Digitalisierung in der Schule ist, doch bei der Vergabe der Gelder wünscht er sich mehr Geschwindigkeit.

Was hat sich durch die Coronakrise geändert?

Durch die Kontaktbeschränkungen während der Krise, wurde Homeschooling zu einem wichtigen Thema. Da die Schülerinnen und Schüler nicht mehr regulär zur Schule konnten, der Unterricht aber auch nicht einfach entfallen konnte, mussten sie von Zuhause aus lernen. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze. Oftmals werden Videokonferenzen über entsprechende Plattformen abgehalten, damit Lehrer und Schüler in Kontakt bleiben können. Es gibt auch unterschiedliche Lernplattformen für verschiedene Fächer. Um Sprachen zu lernen bietet sich hier beispielsweise Yabla oder eine andere Sprachlernapp an.

Wie sieht Homeschooling in der Praxis aus?

Um das herauszufinden, habe ich mich direkt an die Quelle gewendet. Ich habe bei meinem alten Schulleiter nachgefragt, wie das Homeschooling bei ihnen aussieht.

Verschiedenste Plattformen zur guten Lehrer-Schüler-Kommunikation seien dabei essenziell. Beispiele hierfür sind Jitsi und Zoom. Auch BigBlueButton, eine Lernplattform mit Videokonferenz-Tool sei beliebt, da diese Plattform Online-Unterricht ermögliche. Außerdem sei auch die paedML-Musterlösung des Landes Baden-Württemberg hilfreich. Dabei handelt es sich um eine leicht verwaltbare und kostengünstige Lösung für schulische Netzwerke. Ein E-Mail und Datentransfersystem sind Teil davon. Somit seien alle SchülerInnen und LehrerInnen gut miteinander vernetzt. Von einzelnen Lehrern wurden zusätzlich WebEx, Discord und Skype benutzt.

Welche Probleme gibt es?

Erstaunlicherweise traten kaum technische Probleme auf. Die Probleme lägen auf Seiten der Lehrer in der Bereitschaft aktiv nachzufassen und Ergebnisse offensiv einzufordern und auf Seiten der Schüler in mangelnder Selbstregulation oder Selbstdisziplin. Hieraus kann man jedoch auch lernen. Mit der Zeit habe sich unter anderem herausgestellt, dass es hilfreich sein kann, SchülerInnen aktiv nachzutelefonieren.

Auch den DigitalPakt Schule hat meine alte Schule bereits in Anspruch genommen. Ein Medienentwicklungsplan wurde Ende März eingereicht. Nun muss leider gewartet werden, da nicht die Schulen selbst, sondern nur die Schulträger Anträge stellen und somit handeln können. Die Idee des DigitalPakts wird hier als positiv angesehen.

Laut einer Umfrage bei Lehrermarktplatz hat sich vor allem die Einstellung vieler Lehrer zur digitalen Schule verändert. Gab es vorher noch einige Skeptiker, geben nun 59% der Befragten an, dass sie einige der Tools weiter nutzen möchten. 32,1 % sind begeistert von den Chancen des digitalen Unterrichts und wollen auch in Zukunft weiter digital unterrichten. Nur 8,9% berichten, dass sie nach der Krise wieder vollständig zurück zur alten Unterrichtsweise wollen. 

Auch die Politik scheint zu reagieren. Baden-Württemberg möchte nun beispielsweise 300.000 Laptops und Tablets für Schülerinnen und Schüler anschaffen, die diese ausleihen können. Damit möchte man verhindern, dass Kinder, die Zuhause keinen Computer zur Verfügung haben, benachteiligt sind.

Wie sieht die Zukunft der digitalen Schule aus?

In den letzten Monaten hat sich die Art und Weise zu lehren und zu lernen also stark verändert. Mittlerweile nimmt das Homeschooling wieder ab, da mehr und mehr Schulen wieder mit Präsenzunterricht beginnen. Es stellt sich jedoch die Frage, wie die Zukunft des Unterrichtens und Lernens aussieht und wie die Digitalisierung an Schulen fortschreiten wird. Viele Lehrer waren mehr oder weniger gezwungen, digitalen Unterricht zu geben und haben sich dadurch auf unbekanntes Terrain begeben. Viele haben dabei gemerkt, dass es sich lohnt, Neues zu probieren und wollen auch in Zukunft mehr digitale Medien in den Unterricht einbauen.

Coronakrise als neuer Impuls

Ich habe Max Maendler gefragt, wie sich seiner Meinung nach das Schulsystem in Zukunft entwickeln wird und ob die Coronakrise als Anreiz für Veränderung ausreiche. Dazu meinte er, dass die Coronakrise der größte Veränderungsimpuls sei, der unser Schulsystem in den letzten Jahrzehnten erfahren habe. Das sei zwar keine Garantie, aber eine riesengroße Chance. Lehrerinnen und Lehrer hätten in den letzten Monaten viel Neues und Digitales ausprobiert. Dadurch habe sich ihre Selbstwahrnehmung verändert. Sie seien mutiger und experimenteller geworden, was ein gutes Zeichen sei.

Gleichzeitig erklärt er, dass die Schülerinnen und Schüler viel eigenverantwortlicher lernen mussten. Auf lehrermarktplatz.de sehe man seither ein stark erhöhtes Suchaufkommen nach Unterrichtsmaterialien mit Wochenplänen und anderen pädagogischen Ansätzen, die das selbstständige Lernen förderten. Letztlich gab es in den vergangenen Monaten auch eine schonungslose Offenlegung über die Rückständigkeit unserer Schule in Sachen Digitalisierung. Damit meine er nicht das Lernen am Tablet, sondern die Prozesse rund ums Lernen herum. Dazu gehöre die schulinterne Kommunikation, aber auch die Einbindung der Lehrer.

Neue Chancen und Herausforderungen

Außerdem habe ich Herrn Maendler gefragt, welche Chancen und Herausforderungen er von der Coronakrise ausgehend für das Schulsystem sieht. Eine vermeintlich banale Herausforderung sei die mangelhafte technische Ausstattung der Schulen. Viele andere Länder seien uns hier weit voraus. Die Chance jetzt endlich aufzuholen, müsse genutzt werden. Damit würde aber lediglich ein Grundstein gelegt werden.

Auch der Lehrplan müsse entrümpelt werden. Dieser sei heute bereits überfrachtet. Um Zukunftskompetenzen hinzuzufügen, müsse also zunächst entschieden werden, was dafür weg kann.

Eine weitere Herausforderung, die die Coronakrise deutlich gemacht habe, auch wenn das Problem schon lange existiere sei, dass unser Schulsystem zu wenig für soziale Gerechtigkeit tue. Viele würden jetzt sagen, dass es nicht sein könne, dass Millionen Schülerinnen und Schüler nicht am Distanz-Unterricht teilnehmen, weil ihnen die Geräte fehlen oder die häuslichen Umstände das Lernen erschweren. Hier müsse etwas getan werden. In Neuseeland habe die Regierung beispielsweise die Schulleitungen gefragt, welche Familien sich die technischen Geräte für das Distanzlernen nicht leisen können. Eine Woche später wurden sie beschafft. Damit könnten wir auch starten. Allerdings seien damit noch lange nicht alle Nachteile abgeschafft. Dafür benötige es vermutlich einer Ansetzung bereits vor der Einschulung. 

Eine weitere Chance sieht Max Maendler in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften. Beteiligte würden schon lange über veraltete Angebote mittelmäßiger Qualität klagen. In anderen Branchen hätten sich die Angebote in den letzten Jahren deutlich verbessert. Er hofft, dass jetzt endlich die Schulen dran sind.


Titelbild von wavebreak3 via Adobe Stock

Anna Klaffschenkel ist Teil der Netzpiloten-Redaktion und interessiert sich für alles rund um die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Politik.


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