Durchs Spielen lernen. Dieser pädagogische Ansatz wird bereits seit Jahren von zahlreichen Personen aus Schulen, Unis und anderen Bildungseinrichtungen angepriesen. Doch oft scheitert das prophezeite begeisterte Lernen an der Umsetzung. Ich erinnere mich noch an meine Schulzeit, die so lange auch noch gar nicht her ist, in der „lustige Mathespielchen“ eigentlich ein beschönigender Begriff für ein dahin geklatschtes 2D Erlebnis, samt hüpfendem Frosch und grausiger Pixelgrafik war. Wirklich Lust zum Lernen kam dabei eigentlich nicht auf. Denn oftmals hat man allerhöchstens ein paar bedeutungslose Punkte oder Sterne in einem Level gesammelt, bevor es zum nächsten Grau-auf-Grau-auf-Grau Bild ging. Doch zum Glück aller Schülerinnen und Schüler hat sich die Welt der Serious Games in den letzten Jahren stark verändert. Noch immer gibt es einige Macken, die Lernende früher beklagt haben, aber dafür wurden auf anderer Seite ganz neue Bereiche für das Lernen mit Games erschlossen.
Was ist serious gaming?
Was auf Deutsch frei übersetzt „ernstes“ oder auch „seriöses Spielen“ bedeutet, ist inzwischen zum Modebegriff eines ganzen Gaming Genres geworden. Laut Definition sind Serious Games alle Spiele, die nicht primär auf die Unterhaltung ausgelegt sind. Was aber nicht bedeutet, dass sie nicht auch unterhalten dürfen. Wie genau diese Spiele ausgestaltet sind, hängt vor allem davon ab, in welchem Bereich sie verwendet werden. So finden sich die Serious Games nicht nur in Schulen und Universitäten, sondern auch in Ausbildungsbetrieben oder Unternehmen.
Die Lernplattform gamelearn betitelt fünf Kriterien, die typischerweise bei einem Serious Game vorhanden sind: So gebe es oftmals eine Geschichte, die in welcher Form auch immer, die Handlung vorantreibt. Denn wenn wir uns als Spieler mit dem Geschehen auf dem Bildschirm identifizieren können, haben wir auch eine höhere Motivation, weiter zu spielen. Zudem taucht der Begriff der „Gamifikation“ auf, also das Integrieren klassischer Games-Bestandteile in den Lernprozess. Dazu zählt zum Beispiel das Erstellen einer Rangliste unter den Spielerinnen und Spielern oder das Verdienen von Münzen und ähnlichem.
Auch das Feedback spiele eine wichtige Rolle. Wirklich gute Serious Games würden demnach schnell personalisiertes Feedback geben, sodass der Spieler oder die Spielerin sich direkt verbessern kann. Ein weiterer „Zweig“ der Serious Games ist die Simulation, die vor allem bei der Ausbildung von Studierenden aus der Medizin oder Führungspersonal vorzufinden ist. Und natürlich ist und bleibt das höchste Ziel der Serious Games, nachhaltiges Lernen zu vermitteln.
Wie sehen Serious Games in der Praxis aus?
Es ist interessant zu beobachten, in welchen Bereichen sich Serious Games schon durchgesetzt haben. Natürlich gibt es auch heute noch viele Spiele, die vorrangig für Schulen konzipiert sind. Da diese Games vor allem für Kinder in niedrigen Klassenstufen entwickelt werden, sind sie zumeist einfach gehalten und sollen eher Grundlagen vermitteln. Zumindest sind die schlecht animierten Grafiken verschwunden und haben in den meisten Spielen einem neueren, immersiveren Design Platz gemacht. Ein Beispiel für Serious Games aus dem Schulunterricht sieht so aus:
Besonders wichtig sind Serious Games in den letzten Jahren auch in der Medizin geworden. Hier werden sowohl vereinfachte Simulationen für Berufseinsteiger angeboten, als auch immer mehr VR-Simulationen für komplizierte Operationen. Damit können sowohl neue als auch erfahrene Chirurgen Eingriffe planen, üben und mögliche Schwierigkeiten im Voraus ausführlich analysieren. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt seit Jahren das amerikanische Militär. Auch hier werden die Soldaten mittels einer Software auf Missionen vorbereitet und lernen somit schneller, sich mit unterschiedlichsten Problemen und Umständen zu arrangieren, sowie im Team zusammen zu arbeiten.
Dass auch Kompetenzen wie Unternehmensführung mittels Games erworben werden können, überrascht nicht. Es gibt Simulations-Spiele, bei denen die Spielerinnen und Spieler eine Gruppe von Personen koordinieren müssen. Oder in Stresssituationen schnell geeignete Lösungen im Team erarbeiten müssen. Somit bieten Serious Games inzwischen eine breite Palette an Einsatzmöglichkeiten, die weit über den Klassenraum hinaus gehen. Sie unterstützten verschiedene Berufsgruppen bei der Ausbildung und können oftmals deutlich schneller und effizienter helfen. Kernkompetenzen zu entwickeln. Zudem drängen sich auch einige „nicht“ seriöse Games in die Welt der Serious Games.
Gaming als Therapie
Neben einigen anderen Beispielen soll sich besonders das Game Minecraft eignen, um Kindern und Jugendlichen wichtige Kompetenzen beizubringen. So würden die Kinder durch das Spielen mehr Selbstvertrauen aufbauen und besser lernen, verschiedene Situationen einzuschätzen. Das auch reguläre Games durchaus einige Vorteile für die Entwicklung von uns Menschen haben können, wird in der Wissenschaft schon länger diskutiert. Teamwork, räumliches Denkvermögen und soziale Kompetenzen gehören zu den Dingen, die man zum Beispiel in Online Games schneller erlernen können soll. Ob Serious Games auch die klassischeren Therapie-Umgebungen wie der Psychotherapie unterstützen können, ist ebenfalls in der Diskussion.
Häufig finden gerade Kinder und Jugendliche den Zugang zur Therapie über ein Spiel leichter, als wenn sie mit einer fremden Person reden sollen. Der Wunsch von Therapeutinnen und Therapeuten ist es zum Beispiel, durch Serious Games den Einstieg in die Trauma- oder Verhaltenstherapie zu erleichtern. Im Moment stecken entsprechende Ansätze aber noch ein in den Kinderschuhen. Denn aktuell ist das Verständnis darüber, wie gezielt eingesetzte Therapie-Spiele nachhaltig helfen können sowohl bei Patienten, als auch bei Therapeuten und Wissenschaftlern noch begrenzt. Dennoch bleibt es spannend abzuwarten, wie uns Serious Games in Zukunft noch begleiten werden. Gerade mit den Fortschritten in der VR Technik lassen sich noch einige neue Bereiche der Anwendung erschließen oder auch vertiefen.
Image by Alexacrib via adobestock
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Schlagwörter: Ausbildung, Gaming, lernen, Serious Games, VR