„sondern die vertretene Kunst- und Kulturtheorie, die mit der Internetpraxis als unvereinbar und ‘inkompatibel’ dargestellt wird.“
Das heißt,
„(e)in Plädoyer für den Einsatz des Internets muss also bereits bei der Auseinandersetzung mit der Kunst- und Kulturtheorie ansetzen und zeigen, dass diese und die aktuelle Internetpraxis durchaus ‘kompatible’ Konzepte sind.“ (S.21)
Indirekt geht Sabria David in ihrem Beitrag „Zur Genese offener Werke: Rotkäppchen 2.0? auf diese Fragestellung ein, wenn sie feststellt, dass das Internet ein Schriftmedium sei, das nach den Regeln der Mündlichkeit funktioniere. Bezogen auf die Märchen gibt das Internet uns eigentlich etwas zurück, was durch das Buch etwas verloren gegangen ist, das offene Werk. Wenn David am Ende ihres Beitrags eine „neue Poetik offener Werke“ fordert, dann geht es genau um die von Frank geforderte Auseinandersetzung nicht nur auf der Technologieebene, sondern auch auf der der Kunsttheorie. Wenn sich aber Technologie und unser Kunstverständnis verändern (müssen), dann kommt der von Christof Breidenich gestellten Frage „Wie kommen die neuen Medien in die alten Menschen?“ eine entscheidende Bedeutung zu. So unvereinbar Kunst, Kultur und das Web 2.0 zu sein scheinen, Breidenich sieht gerade hier ein gewaltiges Potenzial,
„(d)enn sie (Anm. die Kunstinstitutionen) haben eine hohe Kompetenz für ästhetische Inhalte wie Bilder, Musik oder Dramaturgie, die zukünftig eine herausragende Rolle im dynamischen Internet spiulen werden.“
Was heißt das in der Praxis? Kultureinrichtungen müssen sich mit Blogs („Herausforderung Weblog“, Christian Henner-Fehr), Podcasts („Ein ungeheures Kanalsystem“, Christian Holst) und Online-Communities (Online-Communities; Theoretische und praktische Grundlagen für Kulturschaffende“, Anna-Carolin Weber & Tobias Kopka) auskennen und wissen, wie sie diese Tools zum Beispiel im Marketingbereich („Kulturmarketing 2.0?, Karin Janner und „Werbekampagne unter 50 Euro?“, Christian Dingenotto) oder in der PR („Effiziente Kultur-PR in einer vernetzten Welt“, Kerstin Hoffmann) einsetzen können. Wie das dann aussehen kann, das lässt sich anhand der vielen Fallbeispielen nachvollziehen, die in dem gut 300 Seiten dicken Buch zu finden sind. Ob es sich um ein kleines Theater wie das AuGuSTheater handelt oder um ein großes Orchester wie die Duisburger Philharmoniker, ob wir es mit einem großen Museum wie dem Städel-Museum zu tun haben oder der Kronberg-Akademy, in der hochbegabte junge MusikerInnen ausgebildet werden, von ihnen allen kann man viel lernen, denn Patentrezepte gibt es bis jetzt noch nicht. Dementsprechend breit sind auch die Inhalte in diesem Buch gestreut, aber das liegt nicht nur an der Komplexität des Themas, sondern ist eben auch der Tatsache geschuldet, dass es sich hier um einen Tagungsband handelt. Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und weiß heute, was ich letztes Jahr für tolle Vorträge und Workshops verpasst habe, ein Problem, das ich wohl auch dieses Jahr kaum zu lösen imstande sein werde. Crosspost von Christian Henner-Fehr
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Schlagwörter: Kultur, Kulturmanagement