Google+ feierte vor kurzem sein einjähriges Jubiläum. Das soziale Netzwerk ist am 28. Juni 2011 erschienen und drei Monate später, am 20. September 2011, aus der Beta-Phase getreten. Grund genug einmal nachzufragen, wie das Portal inzwischen wahrgenommen wird.
Wir haben einmal 15 deutsche Influencer aus den Medien, der PR und dem Unternehmertum gefragt, was Googles soziales Netzwerk ausmacht, ob sie überzeugte Nutzer sind und welche Vor- und Nachteile die Plattform für sie vereint. Herausgekommen ist eine 5-teilige Serie, die wir euch liebe Leser diese Woche präsentieren wollen. Heute im Gespräch: Jörn Hendrik Ast, Tobias Kärcher und Carsten Knobloch…
Jörn Hendrik Ast (ffluid):
Vorab, ich glaube nicht daran Services für tot zu erklären oder als Superstars zu stilisieren. Tim O-Reilly sagte letztens das einzig Wahre zu dieser ganzen Debatte: „Create more value than you capture“. Ich glaube man kann signifikanten Erfolg mit Google+ haben, wenn man die richtigen Inhalte einstellt und gute Diskussionen lostritt. Es gibt ja auch schließlich Podcaster die eine signifikante Zuhörerschaft haben, ohne dass sie z.B. auf Facebook stark präsent sein müssen.
Allerdings glaube ich auch das Google mit seinem Netzwerk etwas anderes vor hat, spätestens seit der Einführung der Social Search ist klar, dass Google seine Mission den Nutzer zu verstehen und somit noch bessere Werbeangebote platzieren zu können an erster Stelle fortführt. „Facebook is about you sharing with the world. Google Plus is about Google understanding you.“ dieser Satz kommt von einem brillianten Artikel von Alexis Madrigal der erst die Geisterstadt heraufbeschwört und dann sehr intelligente Ableitungen macht.
Das Problem von Google ist natürlich das sie enorm eifersüchtig auf den Erfolg von Facebook sind, dass einzige was da hilft ist der aktuelle Aktienkurs. Ich denke für uns User allerdings wird einmal mehr klar, lasst uns nicht nur /publishing betreiben, das Veröffentlichen hinter einem Schrägstrich eines anderen Dienstes. Lasst uns mit der Kraft der vielen Interessen, Stimmen und der Vernetzung all dieser, intelligent umgehen und unsere eigenen kleinen Inseln bauen. Es gilt also die geführten Google+ Diskussionen in Blogpostings zu verarbeiten, nur so haben auch wir User nachhaltig etwas von dem Content den wir den Social Networks schenken.
Jörn Hendrik Ast ist Gründer des Beratungsunternehmens ffluid und Experte für Social Media Recruiting. Er verantwortet Workshops, coacht Unternehmen und hält Vorträge. Die letzten vier Jahre vor seiner Selbstständigkeit arbeitete Jörn Hendrik Ast bei dem spezialisierten Personal-dienstleister Hays. Außerdem ist er auf mehreren Blogs aktiv, twittert und ist Community Manager einer Vielzahl von Gruppen, Facebookseiten und Initiativen wie z.B. dem Hamburger Carrotmob und der Community zu vernetzter Arbeit: fluid.de.
Tobias Kärcher (Atenta/Wollmilchsau):
„Es liegt nicht an Dir, es liegt an mir…“ – So ähnlich würde mein Brief an Google+ vermutlich beginnen. Was hatte ich mich damals auf Google+ gefreut. Als echter Google-Fan war ich überzeugt, dass ein soziales Netzwerk von Google eine gut durchdachte und sauber umgesetzte Sache sein würde; das, was man bei Facebook hin und wieder vermisst. Und ich sah es noch nicht mal als Konkurrenz zu Facebook, eher als wertvolle Erweiterung meines Google-Profils. Als Netzwerk genutzt habe ich es bis heute kaum, was im Wesentlichen einen Grund hat: Ich langweile mich dort zu Tode.
Das liegt zum einen an Menschen und Unternehmen die es nutzen, bzw. nicht nutzen: Alle wichtigen und unterhaltsamen Kontakte habe ich bei Facebook und Twitter, in Google+ höchstens als redundantes System. Zum anderen ist es die Art der Nutzung: Ganz subjektiv erlebe ich hier einen etwas altbackenen Themenmix mit humorlosen Diskussionen. Das Bild von Google+ als Nerdparty ist leider oft zutreffend. In meiner Facebook-Timeline wechseln sich Berufliches, Gesellschaftliches, Privates mit einer Menge Blödsinn und seichter Unterhaltung ab. Das mag ich, das ist wie ein Tag in einer belebten Stadtmitte. Google+ und seine Nutzer nehmen sich eine Spur zu ernst.
Hier hat Google eventuell einen strategischen Fehler gemacht. Das Google-Profil ist inzwischen eine wichtige und offizielle Angelegenheit, genau wie Google es all die Jahre wollte. Hier sind meine Mails, meine Kontakte, Dokumente, mein Telefon, Konten – mein gesamtes Arbeitszimmer – kurz: meine zentrale Onlineidentität. Keine gute Grundlage für ein ungezwungenes soziales Netzwerken.
Tobias Kärcher kümmert sich um Konzeption und Projektmanagement bei der Hamburger Digitalagentur atenta. Hier betreut er auch als Chefredakteur das Corporate-Blog wollmilchsau.de – mit einem Schwerpunkt auf den Themen Arbeiten und Rekrutieren im Social Web. Er freut sich immer über spannende Kontakte auf Twitter und Facebook.
Carsten Knobloch (Stadt-Bremerhaven):
Google+ ist mittlerweile integraler Bestandteil meines Online-Lebens. Die Frage ob Flop oder Top stellt sich für mich gar nicht. Dennoch muss ich Google+ vielleicht einmal aus der Distanz betrachten.
Nicht aus der Sicht des Bloggers und Menschen, der online arbeitet. Sondern als normaler Benutzer. Google+ ist ein Netzwerk, das im Gegensatz zu Facebook irgendwie nicht nur nach Freunden ausgerichtet ist, sondern auch auf Nachrichten und Interessen.
Otto-Normal-Nutzer, der lediglich mit seinen Freunden in Kontakt bleiben will, ist derzeit bei Facebook besser aufgehoben. Der Großteil der Benutzer hat eben dort seine normalen Kontakte und diese sind nicht abwanderungswillig, da Google+ momentan nominell keine Vorteile bietet.
Wer sich allerdings mit fremden Menschen austauschen will, wer aktiv Nachrichten erstellen und/oder verfolgen will, der findet in Google+ ein perfektes Netzwerk. Für mich persönlich bietet Google+ die Möglichkeit, mich mit vielen Menschen und Meinungen auseinander zu setzen, da die Viralität von Themen gefühlt höher ist, als bei Facebook. Google+ fühlt sich offener an und ist deshalb mein Netzwerk für die großen, allgemeinen Themen – während es mich im privaten Bereich bislang nicht überzeugen konnte, da verbleibe ich lieber bei Facebook.
Carsten Knobloch ist nicht nur Blogger, Google+-Fan und Inhaber eines Tech-Blogs mit merkwürdiger URL – Stadt-Bremerhaven.de. Er ist zudem auch bekennender Borussia-Fan. Dem Fußballverein seiner Heimatstadt Dortmund. Er liebt gute Technik und hat ein außertechnisches Faible für Basecaps und Turnschuhe. 2011 wurde Stadt-Bremerhaven von t3n zum Blog des Jahres gewählt. Nur eine von vielen kleinen und großen Auszeichnungen.
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Schlagwörter: carsten knobloch, google, Google Suche, Jörn Hendrik Ast, Jubiläum, Soziales-Netzwerk, Tobias Kärcher
8 comments
Was cool wäre….der Autor (der Interviewte) bei G+ ;) Icke: https://plus.google.com/+CarstenKnobloch/posts
Waah. Google+ ist kein besseres /schlechteres / anderes FB, verflixt noch mal. Wenn man sich dort langweilt, liegt es wahrscheinlich daran, dass diese Erwartungshaltung einem die Sicht auf das verbaut, was dort wirklich passiert: Gute, lange Diskussionen und eben keine „gefällt mir“-Klickerei. *nörgel*
Google+ reduziert ein Netzwerk-Portal auf dass, was es sein soll: eine Plattform für Informationsaustausch. Jeder kann wählen, wer oder was ihn interessiert, ohne große Ablenkungen. Das es nicht so spektakulär daherkommt, macht es nicht schlecher. Die Auswahl an Beiträgen, die ich persönlich erhalte, habe ich selbst gewählt – alle, die mir auf den Zeiger gehen, werden entkreist … so einfach ist das!
In meinen Augen kam Google + zu spät, als das es noch ein ernsthafter Facebook-Gegner werden konnte… und so langweilt man sich dort teilweise zu tode!