kleek: Facebook-App-Alternative mit Weiterentwicklungspotenzial

Die Kleek-App für iOS zeigt den Facebook-Newsstream ohne Pages und Sponsored Stories an. Netzpiloten-Autor Tobias Gillen hat die Applikation getestet.

kleek for iphone

Facebook ist schlau. Nicht in Bezug auf den Schutz unserer Daten, aber immerhin in Bezug auf unsere Interessen. Darum filtert das soziale Netzwerk was das Zeug hält und versucht uns nur die Posts und Statusmeldungen auszugeben, die uns am meisten interessieren. Meistens – so meine Erfahrung – liegt Facebook damit falsch und ich bin überrascht, was ich alles verpasst habe, nachdem ich den Regler auf „Neueste Nachrichten“ gestellt habe. Dieses Prinzip nennt man auch „Filter-Bubble“, eine Blase also, in die Facebook uns steckt.

Sascha Lobo beschreibt „Filter-Bubbles“ in seinem Blog so:

„Filter-Bubble ist ein Begriff aus dem gleichnamigen Buch von Eli Pariser. Pariser war die Leitfigur von MoveOn.org, einer großen Aktions-Plattform, und hat irgendwann bemerkt, dass soziale Medien die Informationen für ihre Nutzer kaum erkennbar vorfiltern. Das geschieht mithilfe von Algorithmen, die die persönliche Relevanz der Nachrichten für jeden Nutzer erhöhen sollen. In der Folge bekommt man häufiger Katzenfotos zu sehen, wenn man die in seinem Facebook-Newsfeed ständig anklickt, liket und kommentiert, und seltener politische Inhalte, wenn man auf die nicht reagiert. Qualifizierte Schätzungen lauten, dass man maximal 10% der Nachrichten seiner Kontakte überhaupt präsentiert bekommt.“

Diese Algorithmen sorgen unter anderem auch dafür, dass Facebook unsere geliketen Seiten filtert und uns Werbung einspielt, die zu uns passen könnte. Sehr netzaffine Menschen erhalten eher Werbung von Amazon und Spotify, reisefreudige Nutzer von AIDA und anderen Reiseunternehmen. Um den eigentlichen Sinn und Zweck von Facebook, nämlich das Verbinden mit den Freunden, wieder herzustellen, ist allfacebook.de über eine interessante App gestolpert, die sich kleek nennt.

Nach erstmaligem Öffnen der App, die es bisher nur für iOS gibt, muss man sich mit der Facebook-Anwendung verbinden. Für alle Datenschutzfreunde: Dabei werden folgende Daten von kleek beansprucht:

  • Deine allgemeinen Informationen
  • Deine E-Mail-Adresse
  • Deine Profilinformationen: Beschreibung, Aktivitäten, Gruppen und „Gefällt mir“-Angaben
  • Deine Fotos
  • Profilinformationen deiner Freunde: Beschreibungen, Aktivitäten, Geburtstage, Gruppen und „Gefällt mir“-Angaben
  • Meldungen, die mit dir geteilt wurden: Veranstaltungen, Fotos, Statusmeldungen und Videos
  • Deine Anwendungsaktivitäten von: Musikanwendungen, Spotify und Foursquare
  • Musikaktivitäten deiner Freunde
  • Aktivitäten deiner Freunde in Spotify

So weit, so gut. Bei einer App, die den Facebook-Newsstream ersetzen soll, ist das erstmal nicht ungewöhnlich. Zudem möchte kleek folgende Genehmigungen von seinem Nutzer haben:

  • In deinem Namen posten
  • Auf Beiträge in deinen Neuigkeiten zugreifen
  • Verwaltung deiner Veranstaltungen
  • Auf benutzerdefinierte Freundeslisten zugreifen und diese verwalten
  • Besuche

Auch hier ist keine Besonderheit festzustellen. kleek verspricht zudem, keine Daten zu speichern und nicht ohne Erlaubnis zu posten. Mehr dazu gibt es auf der „Privacy Policy“-Seite der App.

Datenschutz ist wichtig und notwendig, macht aber wenig Spaß. Daher nun zum spannenden Teil: Wie ist kleek in der Nutzung? Schon nach dem ersten Öffnen fällt auf, dass das Design nichts mit dem von Facebook zu tun hat. Die App ist komplett in rot-orange gehalten, Buttons beinhalten türkise Elemente. Vom weiß-blau bei Facebook ist absolut nichts zu sehen, was ja auch mal sehr entspannend sein kann.

Nun kommt man zur ersten Besonderheit von kleek: Man wählt spezielle Freunde aus, die man in die Gruppe „Enge Freunde“ schubst, die könnte genauso gut „Kollegen“ oder „Teilnehmer“ heißen, je nachdem, wofür man kleek nutzen möchte. kleek schmeißt alle Seiten und Werbeeinblendungen raus und präsentiert nur den Newsstream der Freunde, die man bei dieser Auswahl hinzugefügt hat (natürlich baut man sich hiermit quasi seine eigene „Filter-Bubble“, es gibt aber natürlich auch die Möglichkeit, alle Freunde hinzuzufügen).

Zudem gibt es die Einstellungsmöglichkeit, dass man bestimmte Anwendungen rausschmeißt. So zum Beispiel Twitter, über die manche ihre Tweets in Facebook ausgeben, was unter Umständen sehr nervig sein kann, da bei Twitter fast immer deutlich mehr gepostet wird. Aber auch den Nervfaktor Nummer eins, Spiele wie Farmville und Co., können geblockt werden.

Schaut man sich den neuen, ungefilterten Newsstream an, fällt eins direkt auf: Es ist plötzlich tatsächlich viel mehr los im Netzwerk. Man bekommt jede Kleinigkeit, die sich unter und bei den Freunden abspielt mit. Schön ist es, die Neuigkeiten nach bestimmten Kriterien kurzzeitig doch mal zu filtern. So ist es beispielsweise für mich als Blogger und Journalist, der Facebook fast nur beruflich nutzt, schön, sich mal nur die geteilten Links anzeigen zu lassen. Alle „normalen Posts“, Bilder, Videos, Locations und Events werden rausgenommen und ich kann mich durch die neusten Arbeiten meiner Kollegen klicken. Ein anderer Anwendungsbereich ist hier zum Beispiel das Filtern nach Fotos, wenn man gerade mal eine „kreative Phase“ hat oder nach Locations, wenn man kurz nachsehen möchte, wer gerade wo in der Nähe ist.

kleek ist weitaus übersichtlicher als die Facebook-App, aber leider ebenso lahm (im mobilen Internet, im WLAN geht es). Externe Links werden über einen internen Mini-Browser geöffnet, der nichts weiter kann, als „vor“, „zurück“ und die Seite in Safari zu öffnen. Das Anzeigen von Profilen ist eher unzufriedenstellend. Es werden nur die Details, die Veranstaltungen und der Stream des Freundes angezeigt. Übersichtlich, aber ein bisschen wenig für meinen Geschmack.

Bei eigenen Posts hat man die Möglichkeit, diese nur für die kleek-Freunde – also diejenigen Leute, die man vorher ausgewählt hat – oder für alle zugänglich zu machen. Das Posten verhält sich sonst, wie bei Facebook auch: Bilder, Geodaten und Freunde sind möglich.


Fazit:

kleek ist eine tolle Alternative zur Facebook-App. 89 Cent sind nicht zu viel und wird durch ein schickes User Interface und gute Bedienbarkeit gerechtfertigt. Besonders schön ist, dass man selbst bestimmt, wer der oder was angezeigt werden soll und was nicht. Schön wäre, wenn man auch noch die Fanseiten auswählen könnte, die man angezeigt bekommen möchte. Zudem muss noch an der Profilansicht gefeilt werden. kleek ist eine Möglichkeit, Facebook nicht individualisieren zu lassen, sondern es selbst zu individualisieren. Ein Anfang mit Weiterentwicklungspotenzial.


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war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


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