Es gibt tausende Blogs in Deutschland. Doch leider steht die Vernetzung untereinander hierzulande noch lange nicht so gut wie sie es etwa in Amerika tut. Dort ist das Miteinander viel stärker ausgeprägt, in Deutschland steht häufig noch der Konkurrenzkampf im Vordergrund – wenn auch nur unbewusst.
Jedenfalls ist die Idee einer funktionierenden Blogosphäre nach wie vor ein erstrebenswertes Ziel, die Fortschritte in der jüngsten Vergangenheit sind nicht zu leugnen und man sieht an dem ein oder anderen Beispiel, dass auch Blogs eine für Missstände in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefährliche Eigendynamik entwickeln können. Das gepaart mit der Viralität über die sozialen Netzwerke kann große Macht bedeuten.
Österreichs Blogger
Und dennoch geht es noch viel besser. Die Vernetzung und Verbindungen zwischen den einzelnen Seiten bestimmter Sparten und Branchen kann zu einfacherem und erfolgreicherem Bloggen führen – von höherer Bekanntheit, größerer Rechtssicherheit und besserem Ranking bei Google mal ganz abgesehen. Das hat Luca Hammer verstanden. Hammer ist 24 Jahre jung, hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und arbeitet seit 2011 als Unternehmer an seinem Projekt Work.io.
Hammer hatte die Idee, die vielen Blogger in Österreich besser untereinander zu vernetzen. Zu diesem Zweck gründete er die Facebook-Gruppe „Österreichs Blogger“, die inzwischen über 550 Mitglieder zählt. Als das 400. Mitglied am 19. April 2013 beitrat, beschloss er, eine Seite zur Visualisierung der Vernetzung aufzusetzen. Und so findet man inzwischen alle Gruppenmitglieder auf einer interaktiven Karte. Farblich nach Geschlechtern getrennt und mit den einzelnen Facebook-Verbindungen untereinander verknüpft. Der männliche Anteil liegt hier knapp über dem weiblichen, die geschlechterübergreifenden Verbindungen liegen knapp vor denen unter Männern und die meisten Teilnehmer nutzen Facebook auf Deutsch. Ebenfalls interessant ist der Fakt, dass jedes Gruppenmitglied im Durchschnitt 27 Kontakte innerhalb der Gruppe hat und man mit minimal 2,5 Verbindungen jede Person aus der Gruppe erreichen kann.
Deutschland verbindet sich
Nach dem guten Start von „Österreichs Blogger“ hat sich auch in der deutschen Blogosphäre das Bedürfnis nach einer besseren Vernetzung gezeigt. So kommt es, dass Luca Hammer stets gut zu tun hat. Mit der Gruppe „Deutschlands Blogger: ein Projekt“, gegründet von Daniel Rehn, ging am 21. April 2013 ein selbiges Experiment auch für Deutschland an den Start. Inzwischen zählt die Gruppe über 2.370 Mitglieder und kann mit einer ebenfalls von Luca Hammer umgesetzten Visualisierung die Vernetzungen aufbereiten. Doch es ist nicht nur die Visualisierung, die das Projekt spannend macht. Auch der interessante Austausch untereinander kann einen enormen Mehrwert für Bloggerinnen und Blogger bringen.
So erfüllt die Gruppe etwa schon zur Recherche für diesen Artikel eindrucksvoll ihren Job. Eine kurze Frage, was man schätzt und was man weniger gut findet und schon hat man eine Handvoll Meinungen zum Thema vorliegen. So etwa von Blogger Toby Kronwitter, dem es besonders gut gefällt, „dass sich die Gruppe selbst reguliert, alle vernünftig miteinander umgehen und keiner rumtrollt“. Friederike Schmidt sieht den Mehrwert vor allem in der „große[n] Dichte an Verbindungen“, wenn sie Blogs mit den Schwerpunkten „Social Media“ und „Online-Journalismus“ sucht. Und auch Sabine Sternberg ist angetan, auch wenn sie Facebook rein privat nutzt und daher ihr Blog nicht selbst verbreitet. Sie habe aber bereits viele für sie spannende Seiten entdeckt, die nun ihre Feedreader auffrischen, schreibt sie. Auch Modeblogger Gerhard Schröder hat über die Gruppe interessante Kontakte aus seiner Sparte gefunden. „Andere männliche Modeblogger zu finden im Web ist so eine Sache. Zwischen all den Fashion- & Haul-Ladys sind „Männer und Mode“ einfach Mangelware“, berichtet er. Inzwischen habe er auch andere Kollegen gefunden, die seine Idee ebenfalls vertreten.
Langfristiges Blogverzeichnis
Luca Hammer hat die Idee einer besser funktionierenden Blogosphäre in Deutschland weitergesponnen: „Ich hätte nicht erwartet, dass es ein so großes Interesse gibt. Von den Reaktionen und der Dynamik der ersten Tage war ich so überwältigt, dass ich blognetz.com gestartet habe, um das Ganze langfristiger anzulegen“, erklärt er. Blognetz ist ein Blogverzeichnis, das Hammer als qualitativ sehr hochwertig ansieht, da Spammer bisher gut unter Kontrolle gehalten werden können. Nach der Verknüpfung mit Facebook, bei der man unter anderem seine Freundesliste freigeben muss, hat man ein eigenes Blognetz-Profil, in das man die Social Media-Links eintragen kann. Zudem kann man sein(e) Blog(s) einreichen, einer Kategorie zuordnen, den RSS-Feed angeben und eine Beschreibung hinzufügen. Daraus wird dann ein Blogverzeichnis, das aktuell knapp 1.500 Blogs von über 1.200 Bloggern zählt. Die Visualisierung der Netzwerke hat in den letzten zwei Wochen über 20.000 Besucher angelockt, erzählt Hammer – beim österreichischen Pendant seien es „ein paar Tausend“ gewesen.
Problematisch wird es leider bei der Erstellung der Verbindungen untereinander. Da greifen Hammer und Martin Stücklschwaiger von „Die Socialisten“ auf eine eigene Facebook-App zurück. Wer aber, wie etwa Sabine Sternberg, Facebook nur privat nutzt, möchte seine Freundesliste nicht öffentlich zugänglich machen und kann demnach auch nicht gelistet werden. Weitere Integrationen, beispielsweise von Google+ und Twitter, seien aber geplant, so Hammer.
Keine Finanzierung geplant
Der musste sich inzwischen aus zeitlichen Gründen für die nächsten Wochen von Work.io zurückziehen, um sich voll auf das Blognetz zu konzentrieren. „Ideen gibt es viele, aber wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht übernehmen“, weiß er. Es seien viele Features und tiefergehende Datenerfassungen geplant, doch gehe das Projekt schon deutlich in den zeitlichen Aufwand.
Stücklschwaiger werde von „Die Socialisten“ für die Arbeit entlohnt, Hammer selber hat allerdings noch keine Finanzierung für Blognetz geplant. „Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich es monetarisieren möchte. Möglichkeiten gibt es viele, aber da muss man schauen, wie es für alle passt. Oder ob es als gemeinnütziges Projekt existieren soll“, berichtet er.
Man hat das Gefühl, dass dem Beispiel #Blognetz weitere Projekte folgen. So hat etwa Friederike Schmidt eine Gruppe* für deutschsprachige Tumblr-Blogs erstellt, die zwar mit 70 Mitgliedern noch Potenzial nach oben hat. Wenigstens bewegt sich aber endlich etwas. Wie sagte Sascha Lobo auf seinem re:publica-Vortrag noch gleich? „Machen!“
Neuer Schwung in der Blogosphäre
Und gemacht wird aktuell vieles. Den Austausch über die Facebook-Gruppe sollte kein Blogger verpassen, ebenso wenig wie die Möglichkeiten, sich in ein aufgeräumtes Blogverzeichnis einzutragen und sein Netzwerk zu visualisieren. Letztlich ist die einzige Hürde bisher die Facebook-Integration. Sobald Twitter und Google+ verfügbar sind, dürfte auch das kein Problem mehr sein.
Vielleicht kommt durch das Blognetz endlich neuen Schwung in die Blogosphäre. Was früher einmal die Blogrolls, die leider auch immer seltener werden, das sind heute neue Ideen, die wir gemeinsam im Verbund entwickeln und umsetzen sollten. Eine funktionierende Blogosphäre hat viele Vorteile. Nutzen wir sie.
Image Luca Hammer by Tony Gigov
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Schlagwörter: blog, Blognetz, blogosphäre, Luca Hammer, tumblr, visualisierung
29 comments
Würde ja gern mitmachen….
Aber Facebook ist so gar nicht mein Ding. Wenn Ihr bei GooglePlus aufmacht, gerne ;o))
Soso, um bei Blognetz.com mitzumachen, muss ich einer Fratzenbuch-App irgendeine Berechtigung geben und/oder installieren. Was soll das denn?
Ich bin nicht bei Fratzenbuch und will mit denen auch nichts zu tun haben. Also wird dann nichts mit meiner Anmeldung. Ich werde es überleben, die Welt auch.
Aber wieso kommt man auf die Idee, ein solches Projekt von Fratzenbuch abhängig zu machen?
Thihi, ich seh mein Namen oben im Bild/Netz :-))
:D
@Jens Leute, die „Fratzenbuch“ derart häufig sagen, kann ich nicht ernst nehmen ;)
Ich weiß noch nicht so ganz, was ich von Blognetz halten soll. Leider heißt Vernetzung ja nicht, dass man wirklich vernetzt (im Sinne von sinnvoller Vernetzung) ist, sondern dass man sich ohne Sinn und Verstand mit neuen „Fb-Freunden“ zukleistert.
Ich nutze meinen FB-Account nur rein privat und finde es nervig, wenn meine FB-Freunde ihre Timeline mit Bloglinks bewerfen. Dafür hat man, finde ich, schließlich seine FB-Seite, die offizielle zum Blog.
Habe mich jetzt auch tatsächlich mit einigen Bloggern vernetzt, sehe das als Experiment. Werde Linkspammer jedoch auch wieder rauswerfen, sollte das Überhand nehmen. Wenig hasse ich in der Blogosphäre mehr wie Bloglink-Werbespam. Mancheiner scheint 24 Studnen am Tag mit Werbung beschäftigt zu sein.
Und nein, ich bin nicht arrogant, dafür ist mein eigener Blog zu unbedeutend *g* Ich sehe nur (noch?) den Sinn nicht dahinter.
Prinzipiell ist die Aktion ja nicht schlecht. Allerdings stört mich eines daran und das ist FACEBOOK. Ich habe meinen Account dort nicht ohne Grund gelöscht. Benötigt man Facebook um als Blogger vernetzt zu sein? Meiner Meinung nach nicht.
Großartige Idee, bin auch schwer begeistert. Es ist ganz im Sinn der Vernetzung, dass alle mitmachen können, die einen FB-Account haben.
Vergessen darf man aber auch nicht, dass G+ und Twitter nachgereicht werden. Dass bei so einem „Start-up“-Projekt nicht alles auf einmal geht, ist ja doch verständlich.
Ui, klasse, die Blogger im Internet verbinden sich nun über Facebook im Internet. Das ist Weltklasse! Mein Gott, warum kam nur früher kein so genialer Mensch auf so eine geniale Idee! Womöglich gründet man noch ein Blognetzwerk im Internet und dann erfindet einer Links und E-Mails. Ich seh gigantische Fortschritte auf uns zukommen!!1111elf
Früher (TM) gab es fürs Vernetzen ganz einfach eine Blogroll, auf der man nach Bloggern mit ähnlichen Interessen Ausschau gehalten hat. Aber früher (TM) war eh alles besser.
Interessanter fände ich so eine Grafik auch, wenn die Backlinks und Blogrolls berücksichtigt würden – das wäre echte Vernetzung bei den Blogs.
Natürich bin ich auch nicht wirklich mit allen Bloggern, die ich geaddet habe, wirklich „vernetzt“ und natürlich fehlen auch noch andere Blogger, mit denen ich auf FB befreundet bin (da ich deren Blogs auch tatsächlich gerne lese und sie evtl. auch schon privat und persönlich getroffen habe) ganz in der Liste, da sie sich bisher nicht eingetragen haben oder es auch nur wollen.
Ist einfach eine nette Sache, speziell was die Grafik angeht, auch wenn mMn nicht wirklich viel ausgesagt wird dadurch.
@Petra
Google+ haben wir auf dem Schirm, aber da Circles meist (richtigerweise) privat sind, ist es schwer sie in der aktuellen Version zu nutzen. Wenn wir irgendwann Interaktionen hinzunehmen, sieht es schon besser aus.
@Jens
Das Projekt ist aus einer Facebook Gruppe entstanden (ursprünglich wurde nur die Gruppe visualisiert), da war es naheliegend mit Facebook anzufangen. Als nächstes steht Twitter auf dem Plan und dann irgendwann vielleicht Google+ und Verlinkungen.
@Lisa
Yeah!
@Zeitzeugin
Facebook Pages wären ein interessanter Zusatz. Da müssen wir uns aber noch mehr damit auseinandersetzen. Über die Relevant der jeweiligen Vernetzung können wir momentan noch nichts sagen, wie du schreibst. Wir zeigen nur visuell auf, was Facebook als Liste hat. Und unter “Mein Netzwerk” kann man dann sehen welche Blogs die eigenen Kontakte betreiben. Später wollen wir auch Interaktionen, wie etwa Verlinkungen auf FB/Twitter/G+ anschauen, um etwas mehr über die Stärke der Verbindung sagen zu können.
@Spike05de
Wie bereits geschrieben ist die Facebook Anmeldung durch die Entstehung des Projekts bedingt. Wir werden aber weitere Netzwerke hinzufügen.
@vera
Lese ich da etwa Sarkasmus?
@foobarbaz
Ist das Internet nicht großartig?
Viertes Update (22.04. – 07:08 Uhr): Das Projekt ist jetzt 17 Stunden alt und es sind nahezu 1.300 Mitglieder in der Gruppe. Erste Unschärfen zeichnen sich ab und viele Fragen sind aufgetaucht, die alle ihre Berechtigung haben oder bei der Dynamik, die aufgekommen ist, Antworten suchten, die schon gegeben wurden. Als es gestern um 14 Uhr losging, da hätte ich nicht einmal im Ansatz erwartet, dass es so durch die Decke geht.
Warum ich bei Facebook Mitglied sein muss, um mich mit deutschen Bloggern zu vernetzen – die Schönheit dieser Gedankengänge hat sich mir noch nicht voll erschlossen.
Bloggen und vernetzen geht auch ohne Facebook. Ich denke, Facebook sollte nicht noch mehr „gefüttert“ werden – es ist schon dominant genug.
Diese Aussage gilt auch für Twitter, Google+ etc. etc.
Ich hab das drüben bei Daniel Rehn schon mal gesagt: Blogger auf Facebook vernetzen ist ein bischen wie f*cken für die Jungfräulichkeit.
Das Ziel von Blognetz ist nicht Blogger_innen zu vernetzen, das ist ein Nebeneffekt, sondern Vernetzung zu visualisieren. Dafür eignen sich die Daten von Social Networks gut.
Wenn jemand das gleiche mit Links machen möchte, fände ich es gut. Habe im Moment aber keinen Fokus darauf.
Ich war in der Fb-Gruppe drin und bin wieder raus als zum einen die Gender-Diskussionen begannen und dann auch noch die ersten aufrufe sich doch gegenseitig miteinander zu befreunden aufkamen.
Das ist nichts für mich. Ich nutze Facebook in erster Linie privat und da verknüpfe ich mich nicht sinnlos mit irgendwelchen anderen Bloggern, bloß um nen größeren Kreis vor meinem Namen stehen zu sehen.
Facebook ist scheiße Ich habe meine Phasen, wo ich über Facebook herziehe. Aber meist stellt sich heraus, dass ich mit den Kontakten dort und ihrer Art Facebook zu nutzen unzufrieden bin und nicht mit dem System selbst. Facebook kann ein großartiges Kommunikationstool sein. Aber ich akzeptiere es, wenn jemand Facebook nicht mag. #Blognetz hat bisher nur Facebook unterstützt, weil es aus einer Facebookgruppe entstanden ist. Dass man auch andere Social Networks integrieren sollte, war früh klar und das Thema für mich erledigt. Dass Personen, die die Geschichte nicht kennen, es immer wieder kritisieren ist auch verständlich. Ich weiße kurz darauf hin und fertig.
Leider bedeutet Vernetzung aber nicht das, was wir in der Offline-Wirtschaft darunter verstehen würde. Mit Blick auf Facebook, das für einige sicherlich sehr nützlich ist, zeigt es sich doch, das Vernetzung ohne Struktur stattfindet. Wobei sich die Frage stellt, ob wirklich immer alles vernetzt sein muss. Die Gefahr, das Nachrichten dadurch subjektiver werden ist noch viel größer.