Sind Blogger die besseren Journalisten? Oder ist der oft zitierte Streit „Blogger vs. Journalist“ nur Humbug und eine Angstvision, gezeichnet von angestammten Redaktionen, die um ihren Ruf bangen?
Das neue Internet ermöglicht jedem, innerhalb weniger Minuten vom einfachen Konsumenten zum Produzenten zu werden. Mittels Weblogs, Web 2.0-Communitys und Wikis, können selbst technisch weniger versierte Nutzer schnell zu Publizisten werden und die Welt an ihren Gedanken teilhaben lassen.
Waren bis vor wenigen Jahren noch die Zeitungen und anderere gedruckte Publikationen unumgänglich, um Institution, um an Nachrichten und Informationen zu gelangen, ist es dank der neuen Medien heute möglich, jede Informationen binnen weniger Sekunden und unabhängig von angestammten Redaktionen zu erhalten.
Dank spezialisierter Communitys und Weblogs haben so selbst Nischenthemen, die in Zeitungen und Magazinen aufgrund ihrer spitzen Zielgruppe bisher keinen Stand hatten, eine Chance, ihr Publikum zu erreichen.
Diese neue Macht – die Gegenöffentlichkeit im Netz – bringt Redaktionen in Bedrängnis.
Journalisten sind in der Regel „Allrounder“. Menschen also, die einen Überblick über Themen geben und dafür recherchieren, mit Menschen sprechen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse aufschreiben. Dabei können sich Fehler einschleichen. Nicht unbedingt aus Schlampigkeit, sondern weil man Informationen falsch interpretiert oder falsche Informationen von einer Quelle erhält.
Am anderen Ende allerdings sitzen Leser, von denen ein Teil selbst Spezialist im beschriebenen Thema ist. Und denen fällt der Fehler auf.
Das Netz bietet heute die Möglichkeit, auf derlei Fehler öffentlich Aufmerksam zu machen.
Deutlich kann man dies am Beispiel des BildBlog illustrieren: Zwei Menschen regen sich über die andauernden Fehler in Deutschlands auflagenstärkster Zeitung auf. Sie richten ein Weblog ein und fangen an, diese Fehler zu monieren und zu korrigieren.
Nicht zu jeder Zeitung entstehen gleich einzelne Weblogs. Doch schaut man sich in der deutschen Bloglandschaft um, stellt man schnell fest, dass sich auch andere Menschen mit ihren Zeitungen – egal, ob Druck- oder Online-Ausgabe – beschäftigen und Fehler korrigieren, ätzende Kritiken über Interviews schreiben oder sich über unsauber recherchierte Geschichten amüsieren.
Diese Art der Kritik – Auseinandersetzung und Meinungsäußerung gezielt in Richtung einer angestammten Redaktion – war bis vor einigen Jahren ausschließlich per Leserpost an den Verlag möglich. Und der musste auf diese „stille Post“ nicht reagieren. Schließlich war sie für Außenstehende unsichtbar.
Heute allerdings ist dies anders: Redaktionen müssen auf öffentlich gemachte Fehler reagieren.
Das Internet macht Fehler schnell sichtbar, ebenso wie ohne redaktionellen Eingriff veröffentlichte Presse- oder Agenturmitteilungen.
Mit dieser Art der Gegenöffentlichkeit müssen Redaktionen lernen umzugehen.
Ebenso wie Blogger und digitale Publizisten, die lernen müssen, mit der Macht umzugehen, die sie heute durchaus besitzen.
Den oft zitierten Streit zwischen Bloggern und Journalisten gibt es nicht.
Vielmehr ergänzen beide Seiten einander und müssen lernen, respektvoll miteinander umzugehen und aus der gegenseitigen Kritik keinen Krieg entstehen zu lassen.
Dan Gillmor bringt es auf den Punkt: Leser wissen mehr als Journalisten. Journalisten müssen dies akzeptieren und darauf reagieren.
Eine erste Öffnung findet bereits statt: Viele Zeitungsangebote im Netz ermöglichen, auf Artikel direkte Kommentare zu hinterlassen und reagieren auf Themen, die sich rasant in der Blogwelt verbreiten. Nun müssen Redaktionen nur noch lernen, das Medium nicht nur zu adaptieren, sondern wirklich zu verstehen. Etwas, das Blogger ihnen bereits voraus haben …
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10 comments
Hallo,
Interessanter Artikel über eine noch interessantere Fragestellung.
LG Stulle
meine internet-zeitung sorgt dafür, dass bestimmte themen nicht unter den tisch fallen. die tageszeitung ähnelt eher einer schlaftablette