Der freie Medienjournalist Tobias Gillen schaut sich im Netzpiloten-AdCheck fünf große Nachrichtenseiten an. Heute: Das Fazit. // von Tobias Gillen
Bei der Frage, wie sich Online-Journalismus finanzieren kann, stößt man immer wieder auf das Thema Werbung. Und ein großes Problem: Die einen, die Verlage, möchten möglichst viele Einnahmen durch Anzeigenkunden generieren. Die anderen, die Leser, nutzen zunehmend AdBlocker, um diese Anzeigen auszublenden. In einer sechsteiligen Artikelserie für die Netzpiloten habe ich mir das Werbeverhalten von fünf großen Nachrichtenseiten angesehen und geschaut, ob ein AdBlocker auf den Seiten wirklich nötig wäre. Heute ist es Zeit für ein Fazit.
Nein, ich bin wahrlich kein Werbe-Experte. Ich bin zwar Journalist und weiß um die Bedeutung von Werbung im Print- und Online-Geschäft. Aber beim AdCheck habe ich versucht, mich nur auf das zu konzentrieren, was ich wahrnehme. Und der Frage nachzugehen, ob mich das stört und vom Lesen abhält.
Zunächst sei auf meinen normalen Nachrichtenkonsum hingewiesen: Eigentlich besuche ich am Tag kaum mehr eine Nachrichtenseite von mir aus. Vielmehr lasse ich mich via Twitter und Facebook auf spannende Nachrichten aus meinen Interessensgebieten hinweisen. Da man damit aber leicht Gefahr läuft, in die bekannte Filter Bubble zu geraten, besuche ich mindestens zwei Mal täglich „Spiegel Online“ und „Süddeutsche.de“.
Die anderen getesteten Websites rufe ich nur sehr selten und – wie gesagt – wenn, dann auf Zuruf aus der Community auf. „Focus Online“ und „Bild.de“ hingegen werden so gut wie nie aufgerufen – aus gutem Grund, wie mein AdCheck zeigte.
Denn was mir auf „Focus Online“ und der Website von „Bild.de“ alles entgegen blinkte und sprang, ist wahrlich nicht mehr feierlich. Mal abgesehen vom ewigen Qualitätslimbo, das die beiden Seiten stets versuchen zu gewinnen, ist ein Besuch die reinste Qual. Und man fragt sich: Was steht hier eigentlich im Vordergrund? Geld? Oder der Leser?
Werbung ist ja schön und gut. Sie ist wichtig, man kommt ohne sie (noch) nicht aus. Aber sobald Werbung ins direkte Leseverhalten des Nutzers eingreift, ist sie ein K.O.-Kriterium. Und das tut sie leider bei deutschen Nachrichtenseiten viel zu häufig. Wer liest schon gerne ein Buch, bei dem nach jedem fünften Satz ein faltbarer Clown aus der Seite springt? Wohl keiner, auch nicht – um den Nachrichtenseiten ihr Argument mal vorweg zu nehmen – wenn das Buch gratis zu haben ist.
Es gibt aber auch positive Beispiele. „Spiegel Online“, „Süddeutsche.de“ und „Welt Online“ konnten durchaus überzeugen. Wobei ich die Online-Ausgabe der „SZ“ vor SPON und „Welt Online“ setzen würde. Hier braucht es keinen Werbeblocker – und wer ihn trotzdem nutzt, der handelt genauso zu kurz gedacht wie „Stern.de“, „Focus Online“ und „Bild.de“. Denn: Wenn eine Nachrichtenseite schon auf die Bedürfnisse von den Lesern eingeht und die Werbung entsprechend weniger penetrant gestaltet, dann sollte sie auch mit den Werbeeinnahmen belohnt werden – um sich diesen Luxus auch leisten zu können.
Denn letztlich dreht sich der Teufelskreis doch so:
Die Seiten, die ein Händchen für die Leser haben – also „Spiegel Online“, „Welt Online“ und „Süddeutsche.de“ – können das Konzept nur so lange umsetzen, wie auch Geld in die Kasse kommt. Je weniger Geld, desto mehr Werbung muss her. Desto mehr Werbung, desto mehr AdBlocker – und so weiter.
Bei den Negativ-Beispielen von „Stern.de“, „Focus Online“ und „Bild.de“ sähe das mutmaßlich anders aus: Sie haben nämlich kein Händchen für die Leser und selbst wenn Geld in der Kasse wäre, wovon bei „Stern.de“ und „Focus.de“ mal nicht auszugehen ist – dann würde man trotzdem noch mehr Werbung schalten – und vergrault sich damit jegliche Leser.
Ein Fazit in Form einer Rangfolge ist in diesem Fall einfach zu ziehen: Auf dem letzten Platz befindet sich „Focus Online“ vor „Stern.de“ und „Bild.de“, auf Platz drei „Welt Online“ hinter „Spiegel Online“. Der Gewinner ist „Süddeutsche.de“. Einwände? Dann her damit!
Offenlegung: Der Autor hat bereits für die SPIEGEL ONLINE GmbH gearbeitet.
Anmerkung: Der Netzpiloten-AdCheck bildet nur eine Momentaufnahme der jeweiligen Website ab. Wie die Seite vor und in drei Wochen aussah und aussieht wird nicht berücksichtigt. Beim Test wurde Safari ohne Plugins und mobiles Safari verwendet.
Teaser by Ben Chams (via Fotolia.com)
Image by senoldo (via Fotolia.com)
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Schlagwörter: Online-Medien, werbung
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