Hersteller dürfen Windows künftig kostenlos auf Smartphones und Tablets einsetzen, deren Displays unter 9 Zoll groß sind. Ein verzweifelter Schachzug von Microsoft im Kampf um mobile Marktanteile. Microsoft versucht seit Jahren, dem eigenen Smartphone-Betriebssystem, Windows Phone, zum Durchbruch zu verhelfen – bisher allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Die Konkurrenz in Form von Android ist kostenlos und die Übernahme von Nokia hat auch nicht gerade Vertrauen seitens der Hersteller geschaffen. In einem etwas verzweifelten Versuch, Windows Phone nun doch zu mehr Marktanteilen zu verhelfen, hat Microsoft kurzerhand die Lizenzgebühr für die Hersteller gestrichen.
Chronische Startschwierigkeiten
Der neue CEO von Microsoft, Satya Nadella, hat zu seinem Amtsantritt verkündet, dass der neue Fokus des Unternehmens auf Mobile und der Cloud liegen wird. Einziges Problem an dieser neuen Ausrichtung, bisher hat Microsoft im Mobile-Bereich mit dem eigenen Betriebssystem Windows Phone keine nennenswerten Marktanteile gewinnen können. Es muss sich also etwas ändern, wenn man gegen die Vorherrschaft von Android und iOS etwas ausrichten will.
Das Android-basierte Smartphone Nokia X kann hier als ein erster Schritt gewertet werden. Bereits vor dem Verkaufsstart konnten über eine Millionen Vorbestellungen des günstigen Einsteiger-Smartphones in China verzeichnet werden – die Lektion, die Microsoft daraus zum Glück gelernt hat ist, dass der Bedarf an günstigen Smartphone sehr groß ist. Die bisherigen Windows-Phone-Geräte haben den Einsteigerbereich bisher allerdings vernachlässigt.
Zudem hat Microsoft mit der Übernahme von Nokia nicht gerade Begeisterung bei anderen Hardware-Herstellern ausgelöst. Nokia wurde zuvor ohnehin bereits durch einen Exklusivvertrag von Microsoft bevorzugt behandelt – mit der eigenen Hardware-Sparte hat Microsoft aber auch noch den letzten Anreiz für andere Hersteller beseitigt, ebenfalls Geräte mit Windows Phone auf den Markt zu bringen. Besonders die Lizenzgebühren für den Einsatz des OS machten es im Vergleich zur Konkurrenz aus dem Hause Google höchst unattraktiv.
Time for Change
Auf der gestrigen Eröffnungs-Keynote zur Microsoft-Entwicklerkonferenz Built wurde neben Updates für Windows und Windows Phone auch angekündet, dass die beiden Betriebssysteme künftig von Hardware-Herstellern ohne Lizenzgebühr eingesetzt werden können – zumindest auf Geräten, deren Display-Größe weniger als 9 Zoll besitzt. Mit dieser Ankündigung hat Microsoft eine kleine Bombe gezündet.
Bisher hat Microsoft durch den Verkauf von Windows-Lizenzen Geld verdient – die Software-Landschaft hat sich aber vor allem im Mobile-Bereich stark verändert, und das alte Modell ist heutzutage dank Open Source-Betriebssystemen wie Android schlicht nicht mehr zeitgemäß. Es gab schlicht keinen Anreiz mehr für Hardware-Hersteller Lizenzgebühren für ein mobiles Betriebssystem auszugeben, wenn andere Alternativen kostenlos angeboten werden, die zudem auch noch über ein größeres Ökosystem verfügen. Die Tatsache, dass außer Nokia schon länger keine windows-Phone-Geräte von anderen Herstellern erschienen sind, spricht Bände.
Was nichts kostet ist auch nichts wert?
Ein Betriebssystem plötzlich kostenlos anzubieten, macht es zwar zunächst interessant für Gerätehersteller, aber nicht unbedingt für Nutzer. Hier muss sich Windows Phone dem direkten Vergleich mit der Konkurrenz stellen. Damit das Mobile-OS auch auf dieser Eben spannend wird, hat Microsoft mit der neuen Version, Windows Phone 8.1, auch einige neue Features eingeführt. Allen Voran ist hier der Sprachassistent Cortana zu nennen. Dieser soll gegen die Angebote der Konkurrenz, wie Siri unter iOS oder Google Now unter Android, in den Kampf um die Gunst der Nutzer ziehen. Außerdem ist es für Entwickler nun möglich, eine App zu entwickeln, die sowohl unter Windows Phone sowie Windows 8.1 läuft.
Ob die Rechnung aufgeht und es Microsoft tatsächlich endlich gelingt mit Windows Phone Google und Apple wichtige Marktanteile streitig zu machen, hängt davon ab, wie sehr das Betriebssystem von den Hardware-Partnern nun tatsächlich angenommen wird. Ein wichtiger Aspekt hierbei dürfte allerdings sein, dass Windows Phone ohne Lizenzgebühr sogar noch günstiger ist, als der Einsatz von Android. Für die Nutzung von Googles Mobile-OS zahlen die Hersteller nämlich eine Lizenzgebühr an Microsoft für die Verwendung bestimmter Patente – diese fallen mit Windows Phone natürlich weg und machen die Geräte effektiv zumindest ein wenig günstiger. Das Rennen der mobilen Betriebssysteme ist also durch den Schachzug von Microsoft ein ganzes Stück spannender geworden.
Image (adapted) “Microsoft sign outside building 99” by Robert Scoble (CC BY 2.0)
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Schlagwörter: microsoft, Mobile, Smartphone, tablet, Windows