Eine aktuelle Studie zum richtigen Umgang mit unseren digitalen Möglichkeiten möchte keine Leitfaden sondern eine Diskussionsanregung sein // von Florian Ertel
„Die Datei, die find ich nie, ist sie benannt mit Fantasie“ – eine Beispiel-Empfehlung der vorgestern erschienenen Telekom-Studie „eEtikette@work“. Auf Basis einer sich wandelnden digitalen Arbeitswelt, in der klassische Arbeitsplätze zunehmend an Bedeutung verlieren werden, wurden aus den Untersuchungsergebnissen 30 Empfehlungen für den Arbeitsalltag abgeleitet und vorgestellt. Julia Leihener, verantwortlich für die Durchführung der Studie sowie Ulrich Klotz, Arbeitswissenschaftler und Experte zu Arbeitsformen der Zukunft, waren vor Ort, um einen persönlichen Einblick in die Ergebnisse zu geben und einen Denkanstoß zu liefern.
Warum ist das Wichtig? Unsere Arbeitswelt verändert sich rasant. Durch neue Technologien verwischt die Grenze zwischen Freizeit und Job mehr und mehr. Ein Wandel den wir noch aktiv mitgestalten können.
- Für den Arbeitgeber sind mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar. Ist das wirklich gut?
- Warum nicht durch ein flexibleres Arbeitsmodell (mit z.B. HomeOffice) die Motiviation und Produktivität der Arbeitnehmer steigern? Mehr als die Hälfte aller 25- 34 Jährigen wünschen sich genau das.
- Durch den demografischen Wandel werden qualifizierte Fachkräfte zur Mangelware. Der Arbeitgeber wird seine Rolle in der Zukunft verändern müssen um sich gute Mitarbeiter zu sichern.
Wenn morgens der Wecker klingelt, dann ist es der meines Smartphones. Automatisch wird ein erster Blick auf den Facebook-Newsfeed geworfen, gibt es neues im Feedly-Reader und hat mir eventuell doch noch jemand eine Mail geschrieben? Das um 04:34 per WhatsApp empfangene Bild mit der kryptischen Nachricht „Iss foll geile Party ey“ muss auch schnell beantwortet werden und nach einem kurzen Blick auf die Uhr, schält man sich langsam aus dem wohlig, warmen Bett.
Ein ganz normaler Tagesbeginn. Das Internet ist ein steter Begleiter. Ob nun Zuhause, bei Freunden oder auf der Arbeit. Wie man jedoch mit dieser „neuen, mobilen Freiheit“ am besten umzugehen hat, wissen allerdings die Wenigsten. Weder die „digital Natives“, noch diejenigen, die sicherer im Umgang mit dem Faxgerät sind, als mit dem E-Mail Programm.
Die Studie „eEtiquette@work“ greift diesen Wandel auf. Den Wandel zwischen den Generationen. Weg von den althergebrachten Arbeitsstrukturen in denen das Büro der Mittelpunkt von technischer und professioneller Infrastruktur ist – hin zur freien, mobilen Arbeitsgestaltung, in der die Cloud, die Telko und die ortsunabhängige Projektarbeit im Vordergrund stehen.
Neue Möglichkeiten stellen uns vor neue Fragen
Dank neuer Technologien haben wir nun die Möglichkeit unseren Arbeitsalltag anders zu gestalten. Dank ihnen erhöht sich allerdings auch die permanente Verfügbarkeit. Die Grenzen zwischen Arbeit und Alltag verschwimmen und die Belastung nimmt zu. Woher soll man nun wissen, an welchem Punkt die Grenze gezogen werden soll? Entwickelt sich diese ständige, kanalübergreifende Verfügbarkeit irgendwann zu einem nervigem Grundrauschen? Wie soll man sich darin konzentrieren? Wie verhält man sich am Besten in einem Team, dass man noch nie persönlich kennengelernt hat oder gibt es für die Telko während der Homeofficezeit einen Dresscode?
Fragen die sich in den vergangenen Jahren gar nicht stellten, sind heute von besonderer Relevanz. Arbeitswissenschaftler Ulrich Klotz vergleicht diese aktuelle Übergangsphase mit der Zeit am Anfang des vergangenen Jahrhunderts: die Entwicklung von einer Agrargesellschaft in eine industrialisierte Welt. Mit der damaligen Einführung von Maschinen und Fließbändern entstand die heute verwendete Definition von Arbeit. Einer Arbeit mit festem Arbeitsort, geregelter Arbeitszeit und strukturierten Ausbildungsformen. Laut Klotz hat sich diese Definition mit der Einführung des Computers überholt und muss neu definiert werden. Für ihn muss Arbeit wieder das bezeichnen was man tut und nicht das, wohin man für sie geht.
Massenproduktion war gestern
Da in der heutigen Zeit mehr und mehr Produkte erschaffen werden, die sich schnell und einfach digital reproduzieren lassen und die Massenproduktion von physischen Waren, wie in Zeiten der Industrialisierung, irgendwann komplett von Maschinen und Programmen übernommen wird – bleibt dem Menschen als Trumpf nur sein Wissen, seine Innovationen und seine Kreativität. Kurz: seine geistigen Fähigkeiten.
Um sie zu fördern bedarf es einer Neustrukturierung unserer Arbeit, damit das Maximale an Talent in den Menschen entwickelt werden kann. Dazu müssen wir uns mit den oben genannten Fragen und der momentanen Entwicklung, hin zu einer digitalen Gesellschaft auseinander setzen. Schließlich ist unsere heutige Arbeit nicht mehr mit der unserer Eltern und Großeltern vergleichbar.
Neue Denkmuster und Ideen
Um uns in dieser neuen Welt so gut es geht zurecht zu finden und um uns einen Denk- und Diskussionsanregung zu liefern, hat die eEtikette@work Studie 30 Empfehlungen für den digitalen Arbeitsalltag mit „einem Augenzwinkern“ formuliert. Sie sollen uns helfen diese neuen Herausforderungen zu meistern um unsere Zukunft nicht gleich mit einem „digitalen Hangover“ zu beginnen.
Vielleicht werde ich morgen früh auch daran denken und meine Feeds erst im Büro lesen. Vielleicht…
Mehr Informationen und einen Einblick in die Studie findet ihr unter: http://www.work.eetiquette.de
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Schlagwörter: Arbeit, Diskussion, Innovation, Technologie, zukunft
3 comments
Digitale „Arbeit“ ist doch zum Großteil Bullshit, Marketing, SEO, Werbe Texter, Handy spiele App Programmierer usw usw. Wenn ein Großteil dieser „Arbeit“ nicht mehr gemacht werden würde, dann würde das niemandem auffallen. Denn sie ist schlichtweg irrelevant für die Zukunft der menschlichen Zivilisation. Oder sogar kontraproduktiv wenn man bedenkt wie viel Lebenszeit mit dem erstellen und angucken von Werbung im Netz vergeudet wird.
D.h im Zeitalter der automatisierten Produktion wird echte, produktive Arbeit immer mehr durch irgendwelche „Bullshit jobs “ abgelöst. Arbeit dient somit dann lediglich als Legitimation für ein Einkommen um den Ideologischen Ansprüchen der „Arbeitsgesellschaft“ zu entsprechen, hat jedoch keinen produktiven oder realen Wert mehr da die „Arbeitsgesellschaft“ ohnehin technisch überhohlt ist.
D.h kann ich auf die ganze, kreative Arbeit die dann am Ende doch nicht der Kreativität selbst dient sondern nur der selbstvermarktung doch ganz gerne verzichten. Da faulenze ich doch lieber anstatt mich dermaßen einer Ideologie welche nicht die meine ist zu unterwerfen.