Algorithmus-Update: Facebook will mehr Twitter

Facebook schraubt erneut am Algorithmus – und macht ihn zeitabhängiger. // von Tobias Gillen

Twitter Facebook miteinander (Bild: LoboStudioHamburg [CC0 1.0], via Pixabay)

Wenn man an Social Media denkt, denkt man automatisch an Facebook und Twitter. Die einst so unterschiedlichen Kontrahenten nähern sich aktuell zunehmend an und versuchen einem vermeintlichen Social-Media-Ideal hinterherzueifern. Nun ist wieder Facebook am Zug und nähert sich mit einer klugen Algorithmus-Umstellung Twitter.


Warum ist das wichtig? Im Social Media-Markt gewinnt, wer den besseren Algorithmus hat. Facebook und Twitter konkurrieren nun darum.

  • Facebook hat einige Kernfunktionen von Twitter übernommen, aber auch
  • Twitter hat sich vieles von Facebook abgeschaut.
  • Nun ist wieder Facebook am Zug und will schneller und zeitabhängiger werden.

Spuren von Twitter erkennbar

Die Annäherung von Facebook und Twitter geht weiter. Während Twitter in den vergangenen Monaten vieles dran gesetzt hat, Facebook mehr und mehr zu ähneln – man denke nur mal an die Profilansicht, den neuen Algorithmus und seit heute auch der neuen mobilen Ansicht für iOS-Geräte – hat auch Facebook nicht tatenlos zugesehen, wie Twitters Image durch die Decke und der eigene durch den Boden geht.

Facebook hat Hashtags, @-Erwähnungen, Trending Topics, Embedded Posts und verifizierte Profile quasi von Twitter übernommen. Keine Schande, gewiss nicht. Wer einen Stuhl baut, kann auch nicht jedem böse sein, der es ihm gleich tut. Aber Facebook und Twitter beobachten sich offenbar peinlich genau und legen vieles daran, die Rosinen des jeweils anderen rauszupicken und den eigenen Nutzern vorzulegen. Nun schraubt nach Twitter auch Facebook wieder mal an seinem Algorithmus – und auch da sind Spuren von Twitter erkennbar.

Mehr Aktualität, mehr Relevanz

Denn Facebook möchte mehr Aktualität bieten und weg von diesen typischen Nachrichten-Postings, die man im Newsfeed von vor zwei Tagen findet. Es gibt eben Inhalte, die nur dann Relevanz haben, wenn sie aktuell sind. Twitter hat das damals fix erkannt und deswegen wird heutzutage auch nicht auf Facebook, sondern in 140 Zeichen über Sportevents, Konzerte oder Demonstrationen berichtet.

Auch der übliche #Tatort-Abend wird über Twitter inzwischen zum Gemeinschaftsevent. Am Mittwoch aber ein lustiges Posting über den „Tatort“ auf Facebook zu lesen, macht dann doch nicht mehr ganz so viel Sinn. Daran will Facebook nun arbeiten und die Trending Topics weiter ausbauen. So sollen dann viel erwähnte Inhalte höher angezeigt werden. Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach: Wird momentan viel zu einem Thema geschrieben, muss es sich um ein zeitlich aktuelles Thema handeln. Entsprechend macht es mehr Sinn, diese Inhalte höher zu ranken.

Laut Facebook haben erste Tests mit wenigen Nutzern hier ergeben, dass diese 6 Prozent mehr mit dem Posting interagieren, teilen und liken.

Zeit ist Gold

Eine weitere Neuerung betrifft die Zeit, kurz nachdem ein Posting online gegangen ist. Aktuell ist es so, dass Facebook nur berücksichtigt, wie viele Interaktionen ein Posting in der Summe generiert. Nicht aber, wie schnell es das tut. Ein Beispiel: Ein Meme ist eher zeitlos, kann daher über Monate hinweg Likes sammeln und kommt dann wahrscheinlich auf mehr Likes als ein kreatives Posting zu einer Fernsehserie. Denn das ist nur dann aktuell, wenn die Serie im Fernsehen läuft – eben nur kurz.

Entsprechend generiert es vielleicht weniger Likes, ist aber zeitabhängig wichtiger und relevanter als das zeitlose Posting. Auch daraus will Facebook lernen, was wann aktuell ist und oben stehen sollte.

Gute Arbeit, Facebook!

Es ist schade, dass es so lange gedauert hat, bis Facebook das alles erkannt hat. Da hätte man auch schneller drauf kommen können. Aber dennoch dürfte es den Newsfeed nach dem letzten Update, wo ja – endlich – Clickbait-Artikel abgestraft wurden, erneut ein bisschen übersichtlicher und angenehmer machen.

Einer der seltenen Momente, an denen ich so etwas schreibe, aber: Gute Arbeit, Facebook. Das ändert aber nichts daran, dass ich für die Diversität der beiden Big Player auf dem Social Media-Markt bin. Und die verlieren sowohl Facebook als auch Twitter aktuell.


Teaser & Image by LoboStudioHamburg (CC0 1.0)


war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


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