Wie stark sich das gezielte Abschalten des Smartphones auf unser Leben auswirkt, zeigen die heute offiziell vorgestellte App Offtime sowie eine begleitende Studie. // von Daniel Kuhn
Immer erreichbar zu sein, wird durch Smartphones immer mehr zum Fluch unserer Gesellschaft. Es wird inzwischen bereits erwartet, dass wir auf E-Mails, Nachrichten und Anrufe reagieren. Ein gezieltes Abschalten des Smartphones wird da zum Luxus, den sich dank der heute erschienenen App Offtime nun jeder leisten kann. In enger Zusammenarbeit mit der Berliner Humboldt-Universität ist zudem eine Studie entstanden, die belegt, wie positiv sich die bewussten Smartphone-Auszeiten auf die Work-Life-Balance auswirken.
Warum ist das wichtig? Das omnipräsente Smartphone und der daraus resultierende Stress führen zu mangelnder Entspannung und somit Einschränkung der Lebensqualität.
- Die App Offtime ermöglicht, die Kommunikation per Smartphone bewusst zu filtern und sich so Ruhepausen zu verschaffen.
- In Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin wurde eine Studie erstellt, die das Smartphone-Nutzerverhalten mit und ohne Offtime-App untersucht.
- Mit bewusst gewählten Ruhepausen vom Smartphone ist es deutlich leichter, mental von der Arbeit abzuschalten und so besser aktiv zu entspannen.
Die Erforschung des Abschaltens
Es ist gar nicht so einfach, nur mal für eine Stunde konzentriert zu arbeiten oder nach dem Feierabend ein Buch zu lesen, wenn ständig das Smartphone unsere Aufmerksamkeit verlangt. Natürlich könnte man das Gerät einfach ganz ausschalten, allerdings verpasst man dann ja vielleicht einen wichtigen Anruf oder eine Nachricht von der Arbeit oder von Mutti. Außerdem steckt in dem Namen des Geräts ja das Wort Smart drin, daher muss es doch eine bessere Lösung geben.
Das haben sich auch die Gründer des Startups Offtime gedacht und die gleichnamige App konzipiert. Vor über einem Jahr hat das Unternehmen per Crowdfunding erfolgreich Startkapital gesammelt und damit eine erste Preview erstellt, mit der das Smartphone kontrolliert stummgeschaltet werden konnte. Die davon erhofften positiven Auswirkungen interessierten auch den Forschungsbereich Arbeitspsychologie des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Zusammen wurde eine Studie zum Thema Work-Life-Balance in Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien erarbeitet.
Über zwei Wochen wurde dabei das Smartphone-Nutzungsverhalten von 49 Probanden (u.a. Netzpiloten-Projektleiter Tobias Schwarz) im Durchschnittsalter von 34 Jahren beobachtet und analysiert. Um an der Studie teilnehmen zu können, mussten die Probanden berufstätig sein und ein Android-Smartphone besitzen, das sowohl privat als auch beruflich genutzt wird. In der ersten Woche, in der das normale Nutzungsverhalten beobachtet wurde, ist jedes Gerät im Durchschnitt 63 Mal am Tag für jeweils 2:49 Minuten aktiviert worden, um hauptsächlich kommunikative Funktionen wie Anrufe, SMS, Messenger-Apps und Social Networks zu nutzen.
In der zweiten Woche nutzten die Probanden Offtime dann mindestens zwei Stunden am Tag, um zu sehen, wie sich eine bewusste Filterung der täglichen Kommunikation auf das Wohlbefinden auswirkt. Das Ergebnis dürfte dabei wohl niemanden überraschen, denn bereits innerhalb der ersten Woche hilft Offtime nicht nur von der Arbeit abzuschalten, sondern auch sich in der Freizeit besser zu entspannen, was wiederum die aktive Erholung fördert.
In seinem Video-Podcast „The Future Show“ spricht Gerd Leonhard über den Luxus des vorübergehenden Offline-Daseins:
Einfach mal abschalten
Offtime bietet dabei die Möglichkeit, Ausnahmeregeln für bestimmte Kontakte zu definieren, die trotz gewählter Auszeit durchkommen. Und da immer mal etwas ganz Wichtiges passieren kann, gibt es zudem auch eine Mehrfachregel, bei der der Anrufer nach kontinuierlichen Versuchen innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Auszeit stören darf. Diese Regeln lassen sich in verschiedenen Profilen unterschiedlich miteinander kombinieren. Alle Anrufer, die in der Ruhezeit nicht durchkommen, erhalten eine Nachricht, die entsprechend vom Nutzer definiert werden kann. Am Ende der Auszeit erhält der Nutzer eine Übersicht über alle verpassten Nachrichten und Anrufe, die er dann abarbeiten kann.
Sehr interessant wird es für die Nutzer zudem in den Insights, einem Infobereich, der über das Nutzungsverhalten Aufschluss gibt. Hier wird ganz genau aufgeschlüsselt, wie viel der Nutzer mit welchem Kontakt telefoniert oder Nachrichten geschrieben hat, aber auch, in welcher App zum Beispiel am meisten Zeit verbracht wird. Da sich die Apps auch in den Profilen steuern lassen und man zum Beispiel die Social Networks ausgrenzen kann, ist Offtime ein gutes Werkzeug gegen die Prokrastination – vorausgesetzt, man hat gerade kein anderes Gerät wie Laptop oder Ähnliches griffbereit.
Offtime kann kostenlos im Google Play Store heruntergeladen werden. iOS-Nutzer werden zwar auch irgendwann eine Version erhalten, allerdings nur in abgespeckter Form, da Apple keinen tiefen Zugriff auf das System erlaubt.
Teaser & Image by Offtime
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Schlagwörter: APP NEWS, Offtime, Smartphone, studie, Work-Life-Balance