Die Papierlose Politik schont nicht nur die Umwelt und Kosten, sondern ist auch ein wichtiger Schritt bei der Digitalisierung der Politik. // von Lukas Menzel
100 000 Blätter, die zusammen einen Stapel von 12 Metern ergeben würden. Soviel Papier verbrauchen die 50 Mandatsträger der Kleinstadt Rödermark in Hessen pro Jahr. Ein Papierverbrauch, der schon hoch ist, doch im Vergleich zu Großstädten noch gering. Dieser hohe Verbrauch ist dabei nicht nur umweltschädigend, sondern auch teuer. Wäre es also nicht besser, wenn auf eine papierlose Politik umgestellt werden würde – das heißt iPads statt Papier?
Warum ist das wichtig? Anstatt für jede Sitzung erneut mehrere Hundert oder sogar Tausende Seiten auszudrucken, ermöglicht die moderne Technik inzwischen eine nahezu papierlose Politik.
Die Ergebnisse der Kommunen, in denen bereits papierlos gearbeitet wird, sind äußerst positiv.
Auch wenn schon in vielen Gemeinden die papierlose Politik angewendet wird, befindet diese sich größtenteils noch in der Testphase oder wird nur ergänzend eingesetzt.
- Durch die papierlose Politik sollen schon im zweiten Jahr Kosten gespart werden, da die Tablets nur einmalig, die Druckkosten aber stetig Kosten verursachen.
Im Juli diesen Jahres erfragte der stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen in Baden-Württemberg, Andreas Schwarz, wie der aktuelle Stand bezüglich einer papierlosen Politik sei (Antrag 15/5561). „Für viele Kommunen stellt sich die Frage, ob sie ihre Gemeinderäte mit mobilen Endgeräten bzw. iPads ausstatten, um ihnen damit den Zugriff auf die Sitzungsunterlagen zu ermöglichen“, begründet Schwarz seine Anfrage. Nun hat das Innenministerium von Baden-Württemberg auf den Antrag reagiert und in seiner Antwort (15/5561) aufgezeigt, dass die papierlose Politik zwar verstärkt eingesetzt wird, bisher aber noch keine Gemeinde komplett papierlos arbeitet.
So verwenden zwar der Großteil der befragten Gemeinden ein Ratsinformationssystem, mit dem die Abgeordneten digital auf die Sitzungsunterlagen zugreifen können, doch wird dies außer in der Stadt Heidelberg und der Gemeinde Ofterdingen entweder nur testweise oder ergänzend genutzt. Die Städte und Gemeinde, die aber eine papierlose Politik anwenden oder zumindest testen, weisen eine hohe Akzeptanz und positive Erfahrungswerte von dieser auf. Jedoch verzichten in den Gemeinden, in denen papierlos gearbeitet wird, durchschnittlich nur 46,5 Prozent der Abgeordneten auf gedruckte Unterlagen.
Kostenvorteile bei der papierlosen Politik
Bei den Kosten sehen alle Gemeinden einschlägig deutliche Kostenvorteile durch eine Anwendung der papierlosen Politik. Beispielsweise schätzt Baden-Baden, dass „sich die Anschaffung von Tablet-Computern in ca. zwei Jahren amortisiert.“ Die Stadt Pforzheim geht sogar davon aus, dass „die Druckkosten aller Sitzungsunterlagen einer Amtsperiode die Anschaffungskosten der Tablets übersteigen.“ Das Innenministerium hat zudem selber Stellung zu der papierlosen Politik genommen bewertet diese zum einen als „zeit- und personalsparend“ und sieht zum anderen auch, dass ökonomische Effekt in „Form eingesparter Kosten für Papier und Energiebedarf von Multifunktionsgeräten“ auftreten. Lediglich, dass trotz der Verwendung von Tablets und Notebooks noch Unterlagen ausgedruckt werden, da diese leichter gelesen und mit Anmerkungen versehen werden können, sowie, dass der Umgang mit elektronischen Unterlagen älteren Menschen Probleme bereiten könne, wird negativ bewertet. Umweltauswirkungen sind nach der Einschätzung des Innenminsteriums sowohl bei der Bereitstellung von Unterlagen in Papierform als auch bei dem digitalen Abruf aus einem Informationssystem mit Hilfe eines Tablets oder Notebooks vorhanden, wobei das Innenministerium davon ausgeht, dass in der Zukunft die technischen Geräte deutlich stromsparender werden.
Allgemein kann das Innenministerium aber keinen generellen Trend zu einer papierlosen Politik belegen. Der Großteil der befragten Gemeinden setzt sich aber intensiv mit der Thematik auseinandersetzen und strebt ein papierloses Verfahren an. Dies verwundert nicht, ist die Arbeit in einem „papierlosen Gemeinderat“ leichter und praktikabler, wie auch Andreas Schwarz von den Grünen betont. Für ihn spielt aber auch der ökologische Aspekt eine wichtige Rolle:
„Darüber hinaus sind beim „papierlosen Gemeinderat“ ökologische Punkte zu berücksichtigen – einerseits die Umweltauswirkungen bei der Papierherstellung und –entsorgung, aber auch bei der Beschaffung und beim Einsatz der mobilen Endgeräten bzw. iPads in der täglichen Gemeinderatsarbeit. Mit zunehmender technischen Weiterentwicklung wird auch die Effizienz von mobilen Endgeräten bzw. iPads verbessert werden. Dadurch wird der Einsatz von mobilen Endgeräten bzw. iPads langfristig auch aus ökologischer Sicht attraktiver.“
Neben diesem Aspekt resümiert er: „Für mich ist es wichtig, dass mehr Unterlagen künftig schnell und einfach digital abrufbar sind. Das erleichtert es den Abg. und den Kommunalvertretern, Sitzungsunterlagen zu finden und damit zu arbeiten. Gleichwohl wird es weiterhin so sein, dass umfangreiche Pläne und ggf. größere Gutachten ausgedruckt vorliegen müssen, da diese dann einfacher zu lesen sein werden.“ Damit wird es nach Schwarz auch in Zukunft noch gedruckte Unterlagen geben, wenn auch deutlich weniger.
Papierlose Politik erstrebenswert
Die Antwort des Innenministeriums von Baden-Württemberg und die Einschätzung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen Andreas Schwarz zeigen, dass die papierlose Politik verstärkt eingesetzt und erprobt wird. Zwar beschäftigen sich die Kommunen noch sehr vorsichtig mit dem Thema und testen die papierlose Politik sehr zaghaft, doch scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die gedruckten Unterlagen durch digitale Dokumente ersetzt werden. Diese bieten schließlich nicht nur einen Kosten-, Zeit- und Personalvorteile, sondern erlauben es auch jederzeit, schnell und einfach sämtliche Unterlagen zu verwenden ohne sich erst durch einen Haufen Papier zu wühlen. Das Anwenden einer digitalen, papierlosen Politik ist damit erstrebenswert und positiv zu bewerten, sodass zu hoffen bleibt, dass Baden-Württemberg und natürlich auch allen anderen Bundesländern ihre Bemühen weiterhin intensivieren und die papierlose Politik vorantreiben.
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Schlagwörter: Andreas Schwarz, Baden-Württemberg, digitalisierung, Kommunalpolitik, Papier, politik
3 comments
Warum reden alle nur von anzuschaffenden iPads? Warum sind keine Android- oder Windows-Geräte möglich?
Warum keine EPUB- Reader?
Warum alles neu anschaffen?
Bring-your-own-device funktioniert sogar schon an Kölner Schulen.
Ein berechtigter Punkt, aber es wird ja auch von „mobilen Endgeräten bzw. iPads“ gesprochen, Ich vermute, dass die Bekanntheit des Geräts von Apple für die besondere Hervorhebung verantwortlich ist, was auch nützlich sein kann, um von papierloser Politik zu überzeugen. „Bring-your-own-device“ (BYOD) ist eine mögliche Umsetzung, die ich persönlich begrüße, die aber auch ihre Grenzen hat. Sie kann ein Teil der Umsetzung sein, ist aber sicher nicht die einzige Möglichkeit.
Mal zwei drei Gedanken meinerseits
– wenn man sich kommunalpolitische Parlamente anschaut ist der Altersdurchschnitt meist recht hoch. Einem/Einer Ü60 Kommunalpolitiker*in mit 20 Jahre Erfahrung dann noch ein mobiles Endgerät in die Hand zu drücken und zu sagen, jetzt wird nicht mehr mit Papier gearbeitet ist illusorisch
– man kann bei uns alle Sitzungsunterlagen elektronisch bekommen. Ich bin der einzige der das 100 %ig wahrnimmt. Und gerade bei Bebauungsplänen, die ausgedruckt gern mal A0 sind, kann das schon vorteilhaft sein (zum Glück ist Bauen nicht mein Thema :D)
Aber auch Personen, die Unterlagen elektronisch bekommen, drucken die dann teilweise zu Hause aus ^^
– die Sache mit dem ökologischen Aspekt würde ich gern noch um den menschlichen erweitern und hinterfragen. Ist es nicht besser, Holz, welches in Deutschland unter nachhaltigen Bedingungen und (einigermaßen (kenne die Löhne im Forst nicht)) guten Löhnen hergestellt wird, zu verwenden als Geräte, deren Rohstoffe unter schlechtesten Bedingungen sowohl für Mensch als auch für die Natur abgebaut und hergestellt werden? Was hinterlässt da den größeren Fußabdruck?
– Wenn man nicht mit BYOD arbeitet stellen sich ja auch noch viele weitere Fragen. In Hessen ist eine kommunale Wahlperiode fünf Jahre. Recht lang für ein mobiles Endgerät, Neuanschaffung würde dann wieder die Kostenargumentation beeinflussen.
Private Nutzung dieser Geräte wird es auf alle Fälle geben. Was wenn der/die Kommunalpolitiker*in in der Wahlperiode aufhört? Also wir als knapp 16.000 Einwohner*innen Kommune haben in der Verwaltung niemand, den ich eine „Säuberung“ zutrauen würde.
So, das war jetzt sehr negativ obwohl ich ein starker Befürworter des ganzen bin. Aber gerade wenn man sich intensiv damit beschäftigt sieht man ja meistens erst die Probleme.