Obwohl vielen Kindern und Jugendlichen das Mitbringen von Smartphones in die Schule verboten ist, besagt eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Aris das genaue Gegenteil. // von Lars Sobiraj
Im Auftrag des Branchenverbands BITKOM wurden bundesweit 512 Schüler weiterführender Schulen im Alter von 14 bis 19 Jahren befragt. Für sie gehören Mobiltelefone genauso in die Schultasche, wie ihr Pausenbrot, ihre Schulhefte oder Bücher. Momentan sind die Geräte an vielen Schulen verboten. 66 Prozent der Befragten geben an, dass die Nutzung während des Unterrichts untersagt ist. Manchen Leitern geht das noch nicht weit genug. In einigen Schulen dürfen Mobiltelefone grundsätzlich nicht mitgeführt werden.
Warum ist das wichtig? Schon jetzt hängen Schulen beim Thema Medienkompetenz hinterher, nur mehr Verbote werden diesen Zustand nicht verbessern.
Die Mediennutzung von Minderjährigen hat sich in den letzten Jahren sehr stark gewandelt. Handys, internetfähige Smartphones oder Tablet-PCs sind Chance und Gefahr gleichermaßen. Es kommt jeweils auf den richtigen Umgang an.
Vielfach fehlt es an der Vermittlung von Medienkompetenz, damit der Nutzen der modernen Technik überwiegt. Doch woher soll sie kommen?
Der Zweck der Geräte hat sich stark gewandelt. Laut Studie nutzt nur jeder Fünfte sein Mobiltelefon, um damit in der Schule zu telefonieren.
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) hat beim Meinungsforschungsinstitut Aris eine weitere Studie in Auftrag gegeben. Wer sich die Ergebnisse anschaut, sollte dabei aber bedenken, wessen Interessen dieser Digitalverband vertritt. Zu den Mitgliedern gehören auch Geräte-Hersteller, Anbieter von Software und IT-Dienstleistungen, sowie von Dienstleistungen im Bereich Telekommunikation und Internetdiensten. Von daher werden die Auswirkungen neuer Technik auf unsere Gesellschaft weniger kritisch als anderswo betrachtet. Interessant ist die Studie dennoch, in dessen Verlauf 512 Schüler aus ganz Deutschland befragt wurden.
Musikkonsum an erster Stelle
9 von 10 Schülern (92 Prozent) geben an, ihr Handy oder Smartphone mit in die Schule zu nehmen. Die meisten Befragten (87 Prozent) sagen, dass sie damit in den meisten Fällen Musik hören. Mit 74 Prozent fotografieren drei Viertel der Schüler Tafelbilder ab. Mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler nutzt ihr Smartphone, um während des Unterrichts online nach Informationen zu suchen, die zum Unterrichtsinhalt passen.
Doch es gibt auch Schattenseiten. So werden die Mobilfunkgeräte häufig dafür eingesetzt, um mit den Mitschülern zu chatten (70 Prozent). Gerne werden auch neue Nachrichten in den sozialen Netzwerken gelesen (45 Prozent). Jeder Dritte (34 Prozent) schaut sich in der Schule Videos an, jeder Vierte (24 Prozent) spielt in den Pausen mit dem Gerät. Die Versuchung mal eben bei WhatsApp oder seinem Lieblingsspiel reinzuschauen, ist natürlich auch während des Unterrichts gegeben. Die herkömmliche Kommunikation ist total out. Nur 20 Prozent der Befragten nutzen ihr Mobiltelefon auf dem Schulgelände, um damit zu telefonieren. Die Verbote im Klassenzimmer kommen trotzdem nicht von ungefähr. Jeder zehnte Schüler gibt zu, sein Handy oder Smartphone zum Schummeln einzusetzen, um die Note einer Klausur aufzupolieren.
Forderungen von BITKOM laufen ins Leere
In der Pressemitteilung des Branchenverbandes heißt es: „Smartphones gehören zum Alltag von Schülern – und sind damit natürlich auch ein Teil der Schule. Umso wichtiger ist es, Schülern fächerübergreifend im Unterricht Medienkompetenz zu vermitteln, damit die Geräte auch im Unterricht sinnvoll genutzt werden.“ BITKOM-Vize Achim Berg führt aber leider nicht aus, wie die Schulung der Lehrkräfte im Detail aussehen soll. Bildung ist bekanntlich Ländersache. Jedes Bundesland kocht dabei sein eigenes Bildungs-Süppchen. Natürlich ist es auch Aufgabe der Eltern, ihre Zöglinge fit für den Technik-Alltag zu machen. Doch viele Mütter und Väter sind damit schlichtweg überfordert.
Ohne Zweifel kann die moderne Technik den Schulalltag bereichern. Sie muss dafür „nur“ richtig eingesetzt werden. Ein Beispiel für mangelnde Medienkompetenz haben wir erst vor kurzem ausführlich beschrieben. Die Streaming-Plattform YouNow ist nach Meinung des YouTube-Vloggers LeFloid hierzulande so populär, „dass sie alle wie die Lemminge benutzen müssen„. Der YouTube-Star hat zugleich ein gutes Rezept im Umgang mit allen neuen Online-Angeboten parat. Die Formel in seinem Video ist so knackig wie effektiv: „Machst Du erst Deinen Kopf an. Dann den Internetz.“ Das mag simpel klingen, das ist es aber überhaupt nicht.
Wer sich zum Thema Mediennutzung von Minderjährigen ausführlicher informieren möchte, dem sei an dieser Stelle die aktuelle BITKOM-Studie „Jung und vernetzt“ ans Herz gelegt.
Teaser & Image by Lars Sobiraj
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Schlagwörter: bildung, Jugend, Jugendmedienschutz, LeFloid, Medienkompetenz, schule, YouNow
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