Der Hardware-Hersteller SparkFun wirbt für Elektronik-Innovationen ohne rechtliche Hürden – mit freier Open Source will er gegen Patente vorgehen. // von Ulf Buermeyer
Open Source – das klingt nach Nerds, die über ihre Laptops gebeugt Software entwickeln, nach Linux, Github und Millionen lines of code. Nathan Seidle ist auch ein Nerd, aber sein wichtigstes Handwerkzeug ist der Lötkolben: Mit seiner Firma SparkFun hat er sich auf Design und Verkauf von Open Source Hardware spezialisiert – und wirbt in seinem Vortrag auf der IT-Messe SXSW Interactive in Austin/Texas für radikale Offenheit beim Design von elektronischen Schaltungen: Er verzichtet aus Prinzip darauf, die Entwicklungen seiner Firma patentieren zu lassen, und stellt stattdessen Schaltpläne und Platinen-Layouts frei verfügbar ins Internet.
Ein Elektronik-Hersteller ohne Patente, die seine Erfindungen schützen? Verschenkt SparkFun auf diese Weise nicht sein Know How? Ganz im Gegenteil, mein Seidle: „Patente machen nicht kreativ, sie machen fett und zufrieden„, so der Gründer. Wenn niemand rechtlich daran gehindert sei, seine Designs zu kopieren, dann bleibe der Druck aufrechterhalten, stets der Beste zu sein. „Auf diese Weise entwickeln wir viel schneller und viel mehr neue Ideen, als wenn uns Patente abschirmen würden – und wir müssen keine Zeit damit verplempern, andere Firmen zu verklagen, die unsere Designs kopieren.“ Vielen gelten Patente hingegen als der wesentliche Faktor, um eine Erfindung zu Geld zu machen – und um die Motivation aufrecht erhalten, überhaupt neue Technologien zu entwickeln. Seidle hält das für Unsinn: „Patente führen einfach nur dazu, dass sich Unternehmen auf ihren Lorbeeren ausruhen.“ Die Bilanz seines Unternehmens scheint ihm Recht zu geben: Inzwischen beschäftigt er 153 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 32 Millionen US-Dollar mit dem Verkauf selbst entwickelter Hardware. Ob das Unternehmen auch profitabel ist? „Sehr profitabel“, antwortet der Unternehmer – und lächelt zufrieden.
How Open Hardware will Take Over the World: Nathan Seidle erklärt in seinem Talk bei der TEDxBoulder, wie Open Hardware die Welt erobern wird:
Im Bereich von Open Source-Software gilt der kreative Austausch unter Entwicklern als ein wesentlicher Faktor, der Projekte vorantreibt: Wenn jeder die Quelltexte einsehen kann, dann kann auch jeder mit entsprechendem Know-How Fehler korrigieren oder neue Funktionen hinzufügen. Viele Open-Source-Lizenzen – allen voran die GNU General Public License (GPL), derzeit aktuell in Version 3.0 – verpflichten daher Entwickler, ihre Weiterentwicklungen wieder unter derselben Lizenz zu veröffentlichen. Das ist im Bereich von Open Source Hardware nicht so einfach möglich: Das Hardware-Design und die zugrundeliegenden technischen Ideen unterliegen jedenfalls nach US-Recht keinem Urheberrecht (Copyright), und Patent-Schutz suchen die Anhänger der Open Source-Hardware-Idee bewusst nicht. Nur etwaige Design-Skizzen und Schaltpläne sind qua Copyright rechtlich geschützt. Daher ist es auch kaum möglich, die Nutzerinnen und Nutzer freier Hardwaredesigns durch eine Lizenz ähnlich der GPL zu verpflichten, ihre Verbesserungen wieder zu veröffentlichen.
Hier kommt der Gemeinschaftsgeist der Open Source-Hardwareszene ins Spiel, erläutert Seidle: Normalerweise seien alle Nachahmer so fair, ihre Quellen wieder offen zu legen. Einmal etwa habe ein chinesischer Hersteller eines seiner Designs kopiert und in einer verbesserten Version im Netz zum Kauf angeboten – und auch eher habe seine Quelle angegeben und seine Designs veröffentlicht. Seidle berichtet, seine Firma habe dann die Verbesserung ins eigene Produkt übernommen und fortan Version 2.0 verkauft. Der chinesische Konkurrent nahm seine Kopie eine Weile später wieder vom Markt: Er konnte zwar weiterhin billiger anbieten als SparkFun, hatte aber keinen vergleichbaren Ruf bei den Nutzern und bot auch keinen Support, sodass das Produkt auf Dauer nicht rentabel war. Die Investition in eine treue Community lohnt also für Open Source-Hardware-anbieter auch finanziell.
Aber ließe sich das Beispiel nicht auch so verstehen, dass Seidle mit einem Patent besser dagestanden hätte, indem er die Importe seines chinesischen Nachahmers einfach hätte verbieten können? Im Gegenteil, argumentiert der Open Source-Hardwareaktivist: Dann hätte er nur viel Zeit und Geld in teure Patent-Registrierungen und Klagen gegen den chinesischen Konkurrenten investiert. Er verbesserte lieber sein Produkt, setzte sich mit Marke und Service durch – und traf sich mit dem Chef des Konkurrenten zum Dinner unter Nerds.
Teaser & Image by Ulf Buermeyer (CC-BY-SA 3.0)
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Schlagwörter: austin, hardware, Nathan Seidle, open-source, Patente, SparkFun, sxsw, SXSW15, urheberrecht, USA