Ein geplantes Leistungsschutzrecht soll ab Oktober ermöglichen, dass Verlage Geld von Suchmaschinen und News-Aggregatoren verlangen können. In die Urheberrechtsnovelle, die das von Wolfgang Brandstetter (ÖVP) geführte Justizministerium im österreichischen Nationalrat eingebracht hat, hat auch ein Leistungsschutzrecht für Verlage seinen Einzug gehalten. Noch vor der Sommerpause soll es beschlossen werden und bereits im Oktober in Kraft treten.
Das geplante Leistungsschutzrecht (LSR) sieht vor, dass Suchmaschinen und andere Content-Aggregatoren (Blogger sind explizit ausgenommen) künftig für Inhalte zahlen sollen, auch für kurze Textanreißer (so genannte Snippets).
Wenn für Presseerzeugnisse kein Leistungsschutzrecht eingeführt wird, können diese weiterhin nicht lizenziert werden, was zu einem weiteren Rückgang der Werbeeinnahmen der Presseverleger führen könnte. Dieser Einnahmenrückgang würde zu einer Schwächung des Pressestandorts Österreichs und zu einer Reduktion der Meinungsvielfalt führen, heißt es aus dem Justizministerium über das zu lösende Problem und den Zielzustand. Durch Lizenzverträge werden die Einkünfte von Presseverlagen und die Investition in journalistische Tätigkeit steigen.
Warum der Leistungsschutz sich in die Urheberrechtsnovelle hineindrängen konnte, ist in den Erläuterungen des Justizministeriums zu lesen: „Auch österreichische Zeitungen haben sich diesem Anliegen angeschlossen und die Gleichbehandlung mit anderen Werkmittlern und den Schutz von Zeitungs- und Magazinverlagen im Internet-Zeitalter durch ein neues Leistungsschutzrecht eingefordert.“ Dementsprechend positiv wurde der Gesetzesentwurf beim Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ; Mitglieder sind u.a. Der Standard, Styria-Titel, Verlagsgruppe News, Kronenzeitung, Kurier uvm.) aufgenommen, auch wenn man noch gerne nachschärfen würde. Google, gegen das sich das Gesetz hauptsächlich richtet, hält den Gesetzesentwurf für „verfehlt“ und würde lieber intensiver mit Verlagen kooperieren aus neue Gesetze aufzustellen.
Wie erfolgreich kann ein Leistungsschutzrecht (LSR) in Österreich sein? Die bisherigen Versuche in Europa müssten den Gesetzgeber eigentlich abschrecken. In Deutschland hat das LSR lediglich dazu geführt, dass Online-Medien (sogar jene von Axel Springer) das ausdrückliche Recht zugesprochen haben, weiter ihre Inhalte in Google News und den Suchergebnissen anzuzeigen, weil sonst die Zugriffe auf ihre Webseiten einbrechen würden. In Spanien, wo es eine schärfere Version des LSR gibt, war die Konsequenz, dass Google News vom US-Internetkonzern eingestellt wurde – schade auch für Journalisten, für die der News-Aggregator ein wichtiges Recherche-Tool ist.
Dass Google an die Verlage bzw. deren Verwertungsgesellschaft zahlen wird, davon ist eher nicht auszugehen. Einerseits lässt Google gerne seine Muskeln spielen, andererseits hat der Internetkonzern erst vor wenigen Wochen 150 Millionen Euro für europäische Medien lockergemacht, die mit dem Geld in der Digital News Initiative (DNI) neue Technologien und Innovationen entwickeln können sollen. Die Kronenzeitung etwa, Österreichs reichweitenstärkste Zeitung, versucht sich als VÖZ-Mitglied und DNI-Partner nun in einem interessanten Spagat zwischen Kooperation und Kritik.
Welche Auswirkungen das LSR auch auf Österreichs eigene Innovationskraft im Digitalmedien-Bereich hat, ist ebenfalls zu hinterfragen. Angenommen, ein junges Start-up würde eine neuartige Suchmaschine als Google-Alternative anbieten wollen, es müsste viel Geld an die Verlage zahlen – für ein Jungunternehmen kaum schaffbar. Betroffen vom LSR sind auch kleine News-Aggregatoren wie Storyclash aus Linz, die Facebook hinsichtlich der meist geteilten News-Artikel analysiert und diese Artikel mit automatisch gesammelten Snippets auf seiner Webseite präsentiert.
Image (adapted) „Masificación de Internet“ by Ministerio TIC Colombia (CC BY 2.0)
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Schlagwörter: Auslandjournalismus, journalismus, leistungsschutzrecht, LSR, Newspaper, Online-Journalismus, Österreich, Zeitung