Es gibt immer einen Grund, zu feiern – und dabei lehnt man meist das eine oder andere Gläschen nicht ab. Dass Alkohol nicht ungefährlich ist, weiß man längst. Aber was im Hirn und mit dem Körper genau passiert, wenn wir betrunken sind, wirkt individueller als bisher vermutet.
Die Beziehung zum Alkohol ist kompliziert. Es ist wie ein kompliziertes Muster, das in unserem Bewusstsein gesellschaftlich verwoben ist. Betrachtet man die reine Chemikalie, ist Alkohol ein einfach gestricktes Molekül, seine Effekte auf das Gehirn sind jedoch sehr komplex. Unterschiedliche Menschen reagieren in unterschiedlichen Situationen auf unterschiedliche Arten und Weisen auf Alkohol.
Nimmt man ihn oral zu sich, gelangt der Alkohol über den Magen-Darm-Trakt in den Blutkreislauf. Die Menge, die absorbiert wird, variiert hierbei von Mensch zu Mensch. Das ist abhängig von seinen Erbanlagen und seinem Gesundheitszustand. Zudem kommt es darauf an, ob sich bereits etwas zu Essen im Magen befindet, da dies die Absorption in den Blutkreislauf reduziert.
Die Größe der Person und das Verhältnis von Muskeln und Fett beeinflussen darüber hinaus, wie stark die Konzentration des Blutalkohols mit dem Konsum steigt. Da Alkohol wasserlöslich ist, wird bei zwei gleich schweren Personen die Person mit mehr Muskeln und weniger Fett eine geringere Blutalkoholkonzentration aufweisen als die Person mit mehr Fett und weniger Muskeln, – immer vorausgesetzt, die gleiche Menge an Alkohol wurde konsumiert.
Einmal in den Blutkreislauf gelangt, beeinträchtigt Alkohol viele unserer Organe, jedoch ist nur das Nervensystem (einschließlich des Gehirns) der Schlüssel in Bezug auf die verhaltenstechnischen Auswirkungen. Alkohol agiert als Beruhigungsmittel im Nervensystem. Das heißt, es senkt die Frequenz, mit der die Gehirnzellen und andere Nerven im Körper miteinander kommunizieren.
Einige Leser wird es überraschen, dass Alkohol ein Beruhigungsmittel im zentralen Nervensystem ist, da eine geringe Dosis oft stimmungserhellend wirkt und als eine Art soziales Schmiermittel verwendet wird.
Geringe Dosen
Der Grund, warum Alkohol als soziales Schmiermittel dient, ist, dass er die Funktionsfähigkeit des limbischen Systems im Gehirn herabsetzt. Das limbische System ist für die Produktion von Gefühlen wie Unruhe und Angst verantwortlich. Daher denken wir nach ein paar Drinks, dass wir sozial ungeschickt erscheinen.
Zusätzlich schränkt Alkohol die Funktion des präfrontalen Kortex ein – einem Teil des Gehirns, der für höhere kognitive Verarbeitung zuständig ist (einschließlich der Argumentations- und Urteilsfähigkeit). Das kann dazu führen, dass Menschen nach einigen Drinks weniger gehemmt und impulsiver sind. Eine weitere Gefahr der reduzierten Hemmschwelle und des eingeschränkten Urteilsvermögens ist, dass die Menschen manchmal mehr Alkohol konsumieren als sie ursprünglich beabsichtigt hatten.
Höhere Dosen
Mit steigender Alkoholdosis steigen die Auswirkungen auf das Gehirn. Die Funktion des präfrontalen Kortex wird zunehmend eingeschränkt, sodass das menschliche Verhalten noch weniger gehemmt und das Urteilsvermögen weiter geschwächt wird. Folglich wird unser Verhalten zunehmend von primitiveren Teilen des Gehirns gesteuert. Daher steigt das Aggressionspotenzial und der sexuelle Trieb.
Alkohol wirkt sich zudem auf das Kleinhirn aus – die Region im Hinterkopf, die die Muskelaktivitäten koordiniert. Die Koordination des Bewegungsapparats fällt zunehmend schwer, je höher die Alkoholdosis ist. Dies geht mit Schwindelgefühlen einher, die Übelkeit und Erbrechen zur Folge haben können.
Hohe Dosen Alkohol können zusätzlich die Geschwindigkeit reduzieren, mit der Nervenzellen in den Gehirnregionen kommunizieren, die essentiell für die Kontrolle der vitalen Funktionen wie Herzschlag und Atmung sind (die Brücke – ein Teil des Hirnstamms, der Nachrichten an das Kleinhirn übermittelt). Im Falle einer Alkoholüberdosis wird die Person vollständig aufhören zu atmen, was schließlich zum Tode führt.
Verfassung und Umfeld
Während die Pharmakologie des Alkohols in den subjektiven Auswirkungen eine bedeutende Rolle spielt, sollte der Einfluss des Umfeldes, in dem eine Person trinkt, und der psychischen Verfassung vor dem Konsum ebenfalls nicht unterschätzt werden.
Hinsichtlich des Umfelds kann man sich den Unterschied zwischen dem Alkoholkonsum auf einer Hochzeit und dem nach einer Beerdigung vorstellen. Die Wirkung der Droge bleibt die gleiche, das Umfeld hat jedoch einen großen Einfluss auf die Art und Weise, wie wir diesen Effekt wahrnehmen.
Alkohol kann negative Stimmungen verschlimmern. Daher sollten Sie das Trinken in einer schlechten seelischen Verfassung vermeiden. Die Kraft der Gedanken ist hier enorm wichtig. Die Menschen zeigen erste Anzeichen einer Alkoholvergiftung, sogar wenn sie ein Placebo erhalten.
In Studien, in denen Probanden unter dem Vorwand, es sei Alkohol, mit einem Placebo versorgt wurden, legten diese ein genauso risikobereites und sensationslüsternes Verhalten an den Tag, fühlen sich sexuell erregt und zugleich beruhigt. Dies kann teilweise durch die Konditionierung erklärt werden, in der der Körper gelernt hat, eine chemische Reaktion auf einen bestimmten Stimulus zu zeigen.
Die Erwartung des Menschen an die Art des Getränks beeinflusst also auch die subjektive Erfahrung. Sie haben eventuell gehört, dass Gin depressiv macht – also fühlen Sie sich deprimierter, wenn Sie Gin trinken. Zum Jahresende sollten Sie also nur etwas trinken, wenn Sie in Feierlaune sind – und den Gin vielleicht gegen einen Eierlikör tauschen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf “The Conversation” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Image “Alkohol” by jarmoluk (CC0 Public Domain)
Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: Alkohol, betrunken, Droge, Gehirn, Hirn, Körper, sucht, Trinken