OuiShare Fest 2016: After the Goldrush – Die Zukunft kommt erst noch

Vom 18. bis 21. Mai 2016 findet in Paris zum vierten Mal das internationale OuiShare Fest statt. Im Vorfeld der Konferenz, die die Netzpiloten als Medienpartner unterstützen, hat sich Tobias Schwarz mit der Organisatorin Francesca Pick über OuiShare, die Sharing Economy und das Festival unterhalten. Ein Gespräch über das, was nach dem Goldrausch noch alles kommen kann.

Tobias Schwarz (TS): Ich habe OuiShare in den vergangenen vier Jahren sehr mit der Thematik der Sharing Economy verbunden. Jetzt – nach dem Aufstieg von Firmen wie Uber und Airbnb – widmet Ihr euch Fragen der Zukunft und Transformation der Arbeit. Habt Ihr den Kampf um die Deutungshoheit verloren?

Francesca Pick (FP): Aus meiner eigenen Perspektive heraus haben wir auf jeden Fall nicht verloren. Ich bin nicht so ideologisch, dass ich sage, etwas muss so sein und nicht anders. Deshalb hat niemand irgendwas verloren. Wir müssen jedoch die aktuelle Situation betrachten und überlegen, wie es weitergehen könnte und wie wir beeinflussen können, dass ein für die Gesellschaft langfristig vorteilhaftes Szenario eintritt.

Selbstverständlich gibt es jetzt ein paar riesige Plattformen, die sich nicht besonders viel vom vorherigen Status-quo unterscheiden, und das heißt, dass wir es nicht wirklich geschafft haben, dass ein anderes Szenario, in dem solche Plattformen mehr kooperativ aufgebaut sind, auch eintritt. Ich glaube aber, man muss die Entwicklung längerfristig betrachten. Was wir jetzt sehen, ist ja nur die erste Welle. Und ich bin eigentlich ganz dankbar, dass es AirBnB und Uber gibt, dass die wirklich diese Ideen in die Öffentlichkeit gebracht und den Diskurs darüber angestoßen haben.

TS: Also „They don’t walk the talk“, wie man im Englischen sagt. AirBnB und Uber nutzen nur den Begriff der Sharing Economy, stört dich das denn gar nicht?

FP: Und trotzdem haben diese Unternehmen einen Impuls gestartet. Die Existenz von Firmen wie Uber, die auch mit dem Begriff „Plattform-Kapitalismus “ beschrieben werden, haben auch die zur Gründung einer Gegenbewegung mit bewirkt, zum Beispiel „Platform Co-Op“. Das ist eine sehr aktivistische Bewegung aus einem akademischen Umfeld in New York City, die ein Modell für digitale Genossenschaften entwickeln möchte. Auf dem OuiShare-Festival wird auch Nathan Schneider von der Occupy-Bewegung sprechen, der im November 2015 zusammen mit Trebor Scholz die zweitägige Konferenz „Platform Cooperativism“ organisiert hat, die als Coming-Out-Party des kooperativen Internets angepriesen wurde.

Diese Bewegung nimmt einen eher ideologischen Standpunkt ein in dem Sinne, dass die Genossenschaft als bessere Rechtsform angesehen wird, dann bist du auch nicht gut. OuiShare positioniert sich dazwischen. Es geht immer darum,  zu schauen, was die eigentlichen Intentionen sind. Und vielleicht sollte man da nicht so rigoros sein bezüglich der eigentlichen Unternehmensstruktur.

Das heißt, wir sehen die Gegenreaktion zu Extremen wie Uber und das finde ich richtig toll. Weil wir dadurch sehen: Okay, da ist etwas, was dagegen drückt. Und Leute sehen: Okay, vielleicht ist doch nicht dieses eine Extrem, das was wir wollen. Und es führt dazu, dass die Leute sich wirklich in Bewegung setzen.

Image: Stefano Borghi, CC BY-NC-SA
Image: Stefano Borghi, CC BY-NC-SA

TS: Das diesjährige Motto des OuiShare-Festivals, „After The Goldrush“, lässt vermuten, dass du den Höhepunkt der Sharing Economy schon hinter uns vermutest. Du schreibst, dass nach fünf Jahren der Zauber vorbei ist.

FP: Ja, aber das Wichtige am Goldrausch ist nicht sein Versprechen, sondern die Bewegung, die er schafft und die neuen Gebiete, in die er uns führt. Einmal dort angekommen, ist am Wesentlichsten, was wir daraus machen mit all denjenigen, die mit uns dorthin gekommen sind. Dieser Höhepunkt hat bereits dazu geführt, dass viele Leute angefangen haben, sich in Bewegung zu setzen. Es gab viel Innovation. Es gab viel Investment. Es gab viele Leute, die neue Dinge ausprobiert haben. Das war schon so ein bisschen ein Lichtblick, nachdem es ja eigentlich wirtschaftlich ziemlich viele Probleme gab. An sich hat jetzt nicht alles genau so funktioniert, wie vielleicht ursprünglich gedacht, aber es hat diese Bewegung geschaffen.

Deswegen sehe ich, dass wir jetzt wirklich in einem richtig guten Moment sind, um etwas Neues zu schaffen. Und ein bisschen von dem, was man gelernt und gesehen hat, wie das sich alles entwickelt hat, das Unternehmen der Zukunft, die Institution der Zukunft, wurde durch diesen Diskurs erst angestiftet.

TS: Sollte man deshalb zum diesjährigen OuiShare Fest nach Paris kommen?

FP: Der Hauptgrund, warum es sich zu kommen lohnt, ist wegen der Leute, die kommen werden. Sie reisen aus 40 bis 50 verschiedenen Ländern an und sind alle Experten in verschiedenen Bereichen. Wo sonst kann man eine so seltene Gruppe zusammen antreffen? Wenn die alle zusammen sind, löst das einfach eine wunderbare Energie aus. Mir haben schon sehr viele Leute gesagt, dass das OuiShare Fest ihr Leben verändert hat. Und so eine Möglichkeit will man ja auf keinen Fall verpassen.


Für Kurzentschlossene auf der Suche nach der Zukunft: Wer sich Tickets für das OuiShare Fest 2016 kaufen möchte, kann dies über noch über die offizielle Webseite des Events machen. LeserInnen von Netzpiloten.de bekommen mit dem folgenden Ticket-Code „OSF16NETZPILOTEN“ einen Rabatt von 20 Prozent.


Image by Olivier Ezratty for qfdn.net


ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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