Ist Wikipedia ein Haufen autoritärer und einsamer Männer um die 30? Ist die Wikimedia Foundation den neuen Anforderungen des Mitmachlexikons aus Management- und Strategiesicht nicht mehr gewachsen?
Keine Netz–Diskussion in der letzten Zeit wurde weniger ernst genommen als die um die Online–Enzyklopädie Wikipedia. Dabei hatte das einstige Vorzeigeprojekt seit seinem Start im Jahr 2001 eine fulminante Explosion an Umfang und Anerkennung erlebt. Es wäre Zeit, das Gedächtnis der Netzwelt einer konstruktiven Kritik zu unterziehen. Die englische Wikipedia umfasste mehr als 3 Millionen Artikel im August 2009. Aber etwas ganz Seltsames trägt sich seit dem März 2007 zu: Die Zahl der Autoren nimmt ab. Sie hatte ihr Maximum im Frühjahr 2007 mit rund 820.000 Autoren erreicht und wächst seither deutlich langsamer (stimmt nicht, siehe Kommentar und Link unten von T. Bartel). In einem denkwürdigen Artikel hat Farhad Manjoo im Time Magazine erklärt, wie es dazu kam. Ed Chi vom Palo Alto Research Center vergleicht die Vorgänge bei Wikipedia mit biologischen Beobachtungen, die man bei Massenpopulationen von Säugetieren gemacht hat – spezieller bei Kaninchen. Wie ich im September dieses Jahres in meinem Blog mit Bezug darauf erklärte, liegt die Parallele darin, dass bei Kaninchen, wenn die Population auf einem gegebenen Territorium zu dicht ist (die Ressourcen knapp werden), die Population nachhaltig abnimmt. In einer Radiosendung des National Public Radio (NPR) hatte Manjoo diese These erklärt und erste Ursachen für diese Entwicklung in einer thematischen Sättigung sowie in den rigider werdenden Maßnahmen der Wikimedia entdeckt.
Denn in den USA werden nun nicht mehr nur die Einträge für berühmte Personen, sondern für alle lebenden Personen besonders vor Vandalismus durch mehr oder weniger humorige Scherzkekse geschützt. Aber genau solche transparenten und nützlichen Filterfunktionen sind auch direkt für die Stagnation verantwortlich. Denn je offener eine Plattform ist, desto mehr Leute werden angezogen, weil sie sich dort verwirklichen können. Unsere postmoderne Welt ist durch eine sehr hohe Anzahl an kaum überschaubaren Regeln und Verordnungen kanalisiert.
Aus fluidmechanischen Gesichtspunkten betrachtet, fließt das Wasser am langsamsten dort, wo die Gewässer sehr breit sind. Dort, wo durch viele Regularien ein kontrollierter Fluss stattfinden soll, ist die Fließgeschwindigkeit zumeist sehr hoch. Das bedeutet, dass marginale, aber auf lange Sicht wichtige Stoffe, schnell vorbeirasen. Diese „Sedimente“ lagern sich nicht mehr in ruhigen Teilen des Wissensflusses ab. Sie können nicht absacken, bis sich herausstellt, dass sie wichtige Komponenten sind für neue Erklärungsmodelle oder Innovationen. Die hohe Anzahl von Regeln hält die Kanäle schmal, die Admins müssen immer mehr Schlamm aus den Kanälen schaufeln, damit es nicht zu einem Desaster kommt.
Aber dabei heben sie auch Edelsteine und wertvolle Werkstoffe mit auf den großen Haufen an Schlick. Den verdutzten Betrachtern präsentieren sie den riesigen Schlammberg, den sie täglich mit großem Aufwand aus den Wasserwegen entfernen. Man ist geneigt, ihnen dankbar zu sein dafür, dass sie das Wasser rein halten und die Wege frei schaufeln. Soweit könnte alles Anlass zu Zufriedenheit sein. Das Problem ist allerdings der Umgang mit dem Schlamm. Eigentlich müssten Spezialisten für allerlei Edelsteine, Werkstoffe und Kanalspezialisten diesen Schlamm analysieren. Man könnte dann detailierte Rückschlüsse über jeden einzelnen Flusskilometer gewinnen und Qualitätssiegel für Wasserqualität vergeben. Man würde enorme Schätze heben. Aber man tut es nicht. Außerdem ist noch keine triftige Begründung für den Nutzen einer hohen Fließgeschwindigkeit (viele Regeln) erfolgt.
Die Folge ist, dass Wikipedia sich zu einer Wissensquelle entwickelt, die schnell und übersichtlich über essenzielle Fakten zu vielen Themen informiert. Aber keiner kann die Qualität beurteilen, weil nicht selten diejenigen neue Beiträge löschen oder editieren, die keine besondere fachliche Kompetenz haben. Weit schlimmer scheint es aber bei denen zu sein, die über genau diese fachliche Kompetenz verfügen. Denn dann gelten nur kanonische Referenzen aus gedruckten Werken als zulässiges Maß der Qualität. Die Leser dürfen an keiner Stelle Bemerkungen einfügen wie etwa „unverständlich“ oder „bitte mehr Details oder Belege“ oder gar „sehr gelungen“, „hilfreich“. Denn wenn man glaubt, dass Crowdsourcing darin besteht, dass nur die Autoren aktiv werden dürfen und die vermeintlich passiven Nutzer wieder nur zum dummen August degradiert werden – wie in den Massenmedien aus der grauen Papiervorzeit – dann ist die Idee von Wikipedia auf halbem Wege stecken geblieben.
Vor allem der Schlammberg sollte unbedingt von den Experten und den Massen untersucht werden. So dass man direkte Links anbringt zu Abschnitten, die zwar gelöscht wurden aber nicht mit dem Begriff Vandalismus entfernt worden waren. Hier befinden sich sehr oft die wahren Perlen bei vielen Einträgen. Während der NPR–Radiosendung rief eine Wissenschaftlerin an, die während der Recherche zu einem Artikel über einen unzureichenden Wikipediaeintrag gestolpert war. Und da sie als ausgewiesene Expertin dieses Themas einfach schnell ein paar unpräzise Textteile verbesserte, hatte sie ein gutes Gefühl gegenüber der offenen Struktur von Wikipedia. Nach einigen Stunden waren ihre Änderungen verschwunden. Am nächsten Tag waren aber ihre erweiternden Gedanken in anderen Textabschnitten mit anderen Formulierungen wieder aufgetaucht. Derjenige, der ihre Änderungen gelöscht hatte, der hatte auch diese „neuen“ Textteile hinzugefügt. Es war ihr letzter Besuch bei Wikipedia, wie sie nicht ohne Bedauern feststellte.
Ich denke, dass sehr viele Menschen diese seltsamen Erfahrungen durchgemacht haben – mich eingeschlossen – und deshalb keine weiteren Verbesserungen mehr einarbeiten, weil sie es nicht so gerne sehen, dass sich andere mit ihren Federn schmücken.
In der letzten Zeit hat es eine Diskussion über zulässige und unzulässige Einträge gegeben. Stellvertretend für viele, war der Fall MOGIS diskutiert worden. Es handelt sich um einen Verein von Missbrauchsopfern sexueller Gewalt. Warum werden solche Einträge nicht zugelassen?
Kommen wir zurück zu Chis Modell der Kaninchenpopulation. Die Ressource, die bei Wikipedia am meisten vorhanden war, war eine Anerkennung der freiwilligen Leistung und Ruhm durch das Besetzen freier thematischer Territorien. Dieses soziale Gefühl ist nun, wo alle wesentlichen Themen abgedeckt sind, nur noch sehr vereinzelt aufzufinden. Die Admins verrichten normale Hausmeistertätigkeiten und halten die Wassertore und Schleusen gängig. Alles, was irgendwie die Fluß zu verstopfen droht, wird mit großen Gräpen und Schaufeln entfernt. Der emotionale und persönliche Wert dieser Arbeit ist nicht mehr so ideell aufgeladen. Aber wie hält man die Leute bei der Stange? Es ist ein Frage von Menschenführung. Genau dasselbe Problem wie in Firmen oder beim Militär. Wie kann ich Leute dazu motivieren, etwas zu tun, das kaum intrinsische Motivation beinhaltet. Das ist das Gefühl, dass man in dem aufgeht, was man tut, eine Tätigkeit, die in sich den Lohn liefert. Jeden Tag dutzende neue Editierungen von unbekannten Nutzern zurückzusetzen oder Löschdiskussionen zu führen, ist keine Tätigkeit, die Menschen über lange Zeit befriedigt. Ein Entgegenkommen war es, diesen Leuten, die das schon lange tun, einfach mehr Rechte zu geben. Das erleichtert einerseits ihre Arbeit und liefert auf der anderen Seite eine Motivation von außen. Es war als Anerkennung gedacht.
Wie wir aus der verhaltensbasierten Öknomie eines Dan Ariely lernen können, nimmt aber die Qualität einer Arbeit ab einem bestimmten Belohungsgrad enorm ab. Auch unterhalb eines optimalen Verhältnisses zwischen Aufwand und Entlohnung ist das Arbeitsprodukt minderwertig. Da aber bei der Wikimedia Foundation keine alternative Belohnungs– und Ordnungpolitik ersonnen wird, muss in diesem Weltbild konsistent weiter gedacht werden: Wenn es immer weniger Autoren und Admins gibt, dann wird die Arbeit auf weniger Schultern verteilt. Das geht nur mit einer künstlichen Verknappung der Ressource „Eintrag“. Je weniger Einträge zu begutachten sind, desto weniger Kräfte sind nötig. Insofern arbeitet Wikipedia in sich konsequent. Die Frage ist nur, ob die Prämisse der Entscheidung zu diesem Vorgehen immer noch angemessen oder sinnvoll ist. Im strategischen Management nennt man dies das Dilemma des Erfolgs. Man hat so lange Erfolg, bis man durch Wettbewerb oder Marktversagen erfährt, dass irgendwann irgendetwas übersehen wurde. Dies erleben gerade die Autohersteller, das haben vorher die Stahlhersteller erlebt und es werden Firmen wie Microsoft und Google auch noch erleben.
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Schlagwörter: essay, wikimedia, wikipedia
14 comments
Ich bin über den Abschnitt „Die Zahl der Autoren nimmt ab. Sie hatte ihr Maximum im Frühjahr 2007 mit rund 820.000 Autoren erreicht und stagniert seither.“ gestolpert. Wo findet sich dazu die Quelle?
Die offizielle Statistik zeichnet ein anderes Bild: http://stats.wikimedia.org/EN/TablesWikipediaZZ.htm
Die Quelle ist im Text verlinkt (Time Magazine vom September 09). Danke für den Link auf die stats.
Notiz an mich selbst: Aufmerksamer lesen.
Danke. Ich werde mich mit meiner Frage mal an den Autor wenden.
Bei dieser ganzen Wikipedia-Diskussion möchte ich gerne einen alternativen Ansatz in die Runde werfen:
Zu jedem beliebigen Thema kann jeder, der mitmachen will, etwas schreiben. Man muss sich nicht auf einen Artikel einigen. Vielmehr existieren viele Erklärungen parallel. Die Gemeinschaft entscheidet, wer die beste Erklärung abgegeben hat.
Durch die Vielzahl von Erklärungsansätzen kann die Maschine dann auch noch eine semantische Auswertung durchführen und so Texte verstehen und andere verwandte Themen finden.
Zu schön, um wahr zu sein? Nein. Twick.it, die Erklärmaschine im Internet (http://twick.it), verfolgt genau diesen Ansatz. Das Projekt befindet sich zwar noch in einer frühen Beta-Phase, aber man kann schon jetzt hineinschnuppern und mitmachen.
http://twick.it
Interessante Theorieanwendung – allerdings hakt es bei einigen grundlegenden Punkten:
Natürlich können Leser Anmerkungen machen, wenn Quellen fehlen oder die Texte unverständlich sind. Dafür sind Diskussionsseiten und Wartungsbausteine doch da.
Zu dem Fluß-Beispiel: Viele übersehen, dass Wikipedia heute schon viel, viel breiter ist als alle anderen „Flüsse“, die man bisher kannte. Die Wikipedia ist ein Experiment und ständigen Veränderungen unterworfen. Durch die Größe und Bedeutung kann man aber nicht an jeder Ecke eine Kehrtwende machen – zumal die versammelten Kritiker in entgegengesetzte Richtungen wollen.
Warum der MOGIS-Artikel nicht zugelassen wurde, sollte man nun wirklich nicht mehr fragen müssen: Es gab schlichtweg keinerlei Nachweis, dass es den Verein tatsächlich gibt. Erst nach der Löschdiskussion wurde der Verein offiziell beim zuständigen Amtsgericht angemeldet.
Den Punkt mit der NPR-Wissenschaftlerin hab ich nicht verstanden: sie hat Änderungen vorgenommen, die dann in die Gliederung des Artikels eingepasst wurden. Das ist das Grundprinzip der Wikipedia. Und auch bei der wissenschaftlicher Arbeit sollte Teamarbeit eigentlich nicht unbekannt sein.
Die Frage ist ob die Wikipedia ständigen Veränderungen unterworfen ist wie die Menschen dem Klima oder ob die Menschen einen Einfluß auf die Stellschrauben haben können. Und wenn es nur wenige sind, die diesen Einfluß haben, dann könnte man Fragen, ob und wie die leitenden Ideen für diese Veränderungen diskutiert werden können oder ob sie einfach wie bisher von oben fixiert werden und nach internen Vorstellungen auch wieder geändert werden (Transparenzkriterium).
Wikipedia bezeichnet sich selbst als Enzyklopädie. Ein Experiment, dass dauernde Kehrtwenden macht, ist nicht in der Lage faktisch ausgewertet zu werden.
Sind Interessenverbände nur dann repräsentativ, wenn sie im Vereinsregister stehen. Allein die mediale Aufmerksamkeit hatte sie für mich zu einer Institution der relativen Zeitgeschichte gemacht. Aber geschenkt.
Ach so versteht man dann Teamarbeit. Das hatte ich noch nicht verstanden. Dann verstehe ich auch das Unbehagen vieler Leute kollaborativen Arbeitsumgebungen. Wer neue Ideen einbringt, muss damit rechnen, dass andere sie neu formulieren und dann unter ihrem Namen abspeichern. Das erklärt eine Menge. Danke für den Hinweis.
Ja, die Teamarbeit bei wissenschaftlicher Arbeit kenne ich gut. Vor allem die Verteilung der Lorbeeren des post-graduate Fußvolks.
Die Frage kann man stellen, aber man kann auch leicht Antworten finden: Veränderungen werden ständig diskutiert, man schaue sich nur bei den Meinungsbildern um. Gewachsene Strukturen geraten leicht ins wuchern. Bei Wikipedia kommt die manchmal allzu große Freiheit der MediaWiki-Software hinzu, die den Autoren aufbürdet, fast die ganze Struktur händisch zu verwalten.
Die „Relevanzkriterien“ für Vereine und Verbände sind nun nicht wirklich schwer zu finden, wenn man sich mit dem MOGIS-Fall beschäftigt. Nein, ein Eintrag im Vereinsregister ist nicht das singuläre Ausschlusskriterium.
Nochmal die Frage: wer schmückte sich im oben geschilderten Fall nun mit fremden Federn? Ich habe den Punkt wirklich nicht verstanden. Jemand ergänzt etwas und seine Ergänzungen werden von anderen aufgegriffen – das klingt für mich zuerst einmal nach einem positiven Beispiel von Zusammenarbeit. Weshalb war die Anruferin nun abgeschreckt?
Torsten: Wittkewitz meint, dass sich jemand anderes nun mit den originären Beiträgen schmückt. Diese Denkweise ist in Wikis aber nicht angebracht, da dort in der Regel gerade nicht der Einzelne im Vordergrund steht, sondern der kollaborativ erzeugte Gesamtartikel.
Den entgegengesetzten Ansatz verfolgt das bestehende wissenschaftliche Publikationswesen und verfolgt(e?) Google Knol. Hier soll der Autor in den Vordergrund gestellt werden.
@Torsten
Die Anruferin präzisiert einige Teile und ergänzt neue Entwicklungen in der Forschung. Nach einigen Stunden sind ihre Korrekturen und Ergänzungen weg. Einige Tage später hat derjenige, der die Korrekturen und löschte und die Ergänzungen wegnahm beides in eigenen Worten wieder eingestellt. Soweit ich erinnere waren danach die unpräzisen Formulierungen, die sie verbessert hatte, schlimmer als vorher und ihre Zusätze über neueste Forschungsansätze waren falsch aber eben in neuen Worten dargestellt. Hör es Dir einfach mal an, oben ist der Link zum NPR-Podcast…
Aus eigener Erfahrung kenne ich genau dieses Verhalten. Ich erweitere einen Artikel und präzisere einige Stellen, was umgehend gelöscht wird. Dann nach einiger Zeit erscheinen diese Sätze in neuem Gewand von einem Admin. Das ist für mich nicht Kollaboration. Es hatte keine Metadiskussion über die Löschung oder Rücknahme der Löschung mir anderen Wörtern stattgefunden.
Es ist nicht transparent. Die Diskussionsforen sind übrigens kein Ort des herrschaftsfreien Diskurses um die Sache.
Ah, den Link hatte ich übersehen, danke. Das Gespräch wurde hier aber sehr frei wiedergegeben – ob Sheila wirklich eine „Wissenschaftlerin“ ist und ob sie die Wikipedia nie wieder besucht hat, ist im Transcript nicht enthalten. Da sie zudem den betroffenen Artikel nicht erwähnt, ist das nicht mehr als wirklich unzuverlässiges Hörensagen.
Das Spannende ist: einerseits wird Wikipedia angegriffen, dass tatsächlich Leute ohne ausgewiesene Expertise schreiben dürfen, auf der anderen Seite wird die fehlende Offenheit bemängelt. Wie Wikipedia auch immer funktioniert, es wird Leute geben, die sie als völlig falschen Ansatz sehen. Wenn man es sowieso nicht jedem recht machen kann, welche Kritik soll man dann ernst nehmen?
Ich denke, dass es schon ganz sinnvoll wäre, mehr Augenmerk auf eventuelle PR-Einschleichungen zu legen und eine loose version einzuführen unter den Links, sodass diejenigen, die mehr wissen wollen, einfach die textteile lesen können, die es nicht (noch) nicht in den finalen Text geschafft haben, sodass man jederzeit zu jedem lemma die user-Inhalte findet, die noch nicht drinnen sind, und man dann vllt. drüber abstimmt, per Ranking ob sie rein sollen etc.
Genauso könnte man mit neuen Lemmata Verfahren, so dass bei der Eingabe von tschunk eine Notiz erscheint, dass es in der Wikipeda keinen Eintrag gibt, aber in forks, fachwikis oder eben in der loose version Einträge existieren. So hätte man einen guten Fundus, der nur indirekt mit Wikipedia verbunden wäre und der single point of entry (um den geht es Google ja hauptsächlich) bliebe bestehen.
Wittkewitz: Ja, die Gedanken gibt es schon seit Jahren und sie werden auch teilweise umgesetzt. Die „gesichteten Versionen“ sind eine Implementation dieses Gedankengangs.
Allerdings wird so etwas auf der einen Seite direkt als „Zensur“ verschrien – die Leute verstehen nicht, warum ihre schnelle Überarbeitung nicht sofort gleichberechtigt mit dem restlichen Wikipedia-Wissen online gestellt wird. Auf der anderen Seite lädt eine „nicht gesichertes Wissen“-Rubrik gerade solche Leute an, die nicht Wissen, sondern andere Ziele auf Ihrer Agenda haben. Würdest man gerne bei jedem Artikel über Psychologie eine Ergänzung aus den Scientology-Handbücher sehen? Im zweiten Schritt könnten diese dann als angebliche Urheberrechtsverletzungen genutzt werden, um Wikimedia zu verklagen. Dritter Punkt: die Suche nach einem Konsens könnte zum Erliegen kommen, eine gemeinsame Faktenbasis zu finden würde nach dem oben erwähnten Belohnungssystem noch unattraktiver werden.
Am Grundproblem würde sich wenig ändern: Auch bei einer Mischlösung müssten eine Untergrenze gezogen werden – das Ergebnis wäre noch schlimmer als heute, da ja gleich zwei oder drei verschiedene Sets von „Relevanzkriterien“ (im weiteren Sinne) gefunden, aktualisiert und durchgesetzt werden müssten.