Für die Netzpiloten stellt Arthur Avenue Kino-Neustarts vor und bespricht die wichtigsten Film-Themen. Dieses Mal mit einer aufschlussreichen Studie über unser Sehverhalten von Serien, einem iPhone-Film über Hollywoods Straßenstrich und einem außergewöhnlichen Zombie-Trailer.
Neu im Kino
Muss man sehen: „Tangerine L.A.“ beleuchtet Los Angeles‘ Transgenderszene mit einem losen Mundwerk, gesättigten Farben und ungeschönten Bildern. In der Komödie kommt die stürmische Transe Sin-Dee Rella (Kitana Kiki Rodriguez) frisch aus dem Knast und erfährt, dass ihr Freund-Schrägstrich-Zuhälter sie mit einer echten Frau betrogen hat. Mit Beweisstück im Schlepptau soll der Mistkerl zur Rede gestellt werden! Regisseur Sean Baker („Starlet“) liebt es in seinen Filmen, liebevoll Figuren zu beleuchten, die vom kulturellen Mainstream an den Rand gedrängt werden. Hinzu kommt, dass der gesamte Film nur mit einem iPhone aufgenommen wurde und somit besondere Guerilla-Momente bereithält.
Kann man sich sparen: „Atomic Falafel“ ist die Art Satire, die Kopfschmerzen beim Zuschauen verursacht. Es wird mit weltpolitischen Konflikten und obskuren Charakteren nur so um sich geschmissen, ohne auch nur irgendetwas zu erklären. Auf einem israelischen Armee-Stützpunkt planen ranghohe Militärs einen Nuklear-Angriff gegen den Iran – aber nur, um diesem zuvorzukommen. Und ein UN-Atominspektor verliebt sich in die örtliche Falafel-Verkäuferin und schließlich wollen sie zusammen den drohenden Atomkrieg verhindern. Klingt absurd, ist es auch.
Thema der Woche
Je größer der Groll, desto länger das Bingen: Man könnte meinen, dass man seine Lebenszeit vor allem mit schönen Dingen verbringen will – gute Serien zu schauen, zum Beispiel. In der Regel weiß man auch ziemlich schnell, ob einen die Geschichte bei Laune hält und man die nächsten Stunden (und Tage) mit den Charakteren aus Scranton, Springfield, Sunnydale oder Stars Hollow verbringen möchte. Nicht selten werden ganze Staffeln am Stück geschaut – einfach, weil man es kann. Bisher dachten wir allerdings, dass man das vor allem aus Neugierde und Spaß an der Freude tut. Doch laut einer neuen Studie des Unternehmens Canvs gilt vor allem Hass als einer der größten Beweggründe, warum wir bei Serien dranbleiben.
Zu diesem Ergebnis ist die auf Emotionen spezialisierte Plattform gekommen, als sie die Zuschauerreaktionen auf Twitter mit den Einschaltquoten von ganzen 431 Serien und 5.700 Episoden miteinander verglichen haben. Je mehr Leute also nach einer Folge in 140 Zeichen abgelästert und ihrem Frust Luft gemacht haben, desto mehr haben in der nächsten Woche eingeschalten. Positive Gefühle wie Spaß und Liebe können da insbesondere bei Dramen und Reality-Formen nicht mithalten. Aus eigener Erfahrung können wir dem zustimmen! Schließlich steigert so ein richtig fieser Bösewicht oder eine ungewöhnliche Plot-Entwicklung nicht nur die Aufmerksamkeit beim Schauen, sondern vor allem das Interesse am Verlauf der Serie.
Streaming-Perlen
„Love Steaks“ auf Netflix: In der deutschen Tragikomödie kommen sich die aufmüpfige Lara (Lana Cooper) und der zurückhaltende Clemens (Franz Rogowski) langsam näher. Beide arbeiten im selben Ostsee-Hotel und machen einen Spaß nach dem nächsten. Das Besondere: Der Film verzichtet komplett auf festgelegte Dialoge und wurde mit echten Angestellten des Luxus-Ressorts umgesetzt. Dadurch wirkt der Blick in den Tagesrhythmus eines Hotelbetriebs umso authentischer.
„American Hustle“ auf Amazon Prime: Das für zehn Oscars nominierte Krimi-Drama von David O. Russell erzählt vom Lügen und belogen werden. Im New York der 70er-Jahre treffen ein Toupet-tragender Christian Bale, eine chamäleonartige Amy Adams, der überdrehte Lockenkopf Bradley Cooper sowie die pöbelnde Dumpfbackenblondine Jennifer Lawrence aufeinander. Ein Film, der einfach nur rundum genial ist!
Neues aus der Filmwelt
Bock auf Lommbock: Stinknormale Casting-Aufrufe sind so 2015. Die Fortsetzung zur Kiffer-Komödie „Lammbock“ (2001) mit Moritz Bleibtreu und Lucas Gregorowicz weicht daher für die Komparsen-Suche auf Instagram und Twitter aus. Unter dem Hashtag #BockAufLommbock werden 25 Fans gesucht, die Lust haben, in Würzburg für die Kino-Produktion vor der Kamera zu stehen. Für die Teilnahme musst du lediglich ein nettes Video von dir auf der Plattform deines Vertrauens hochladen. Zwei Glückliche können sich außerdem über ein Casting für geheime Special-Rollen qualifizieren. Neue Spiele auf der Leinwand: Jetzt ist es raus! Zwei weitere Spiele-Adaptionen werden als Filme umgesetzt. Produzent Lawrence Kasanoff („Beowulf“) verspricht mit „Tetris“ (2018) nicht viel weniger als eine große Science-Fiction-Überraschung. Die Handlung soll dem Motto „Ordnung ins Chaos bringen“ folgen. Noch ein Jahr länger müssen wir dagegen auf den ersten „Minecraft“-Spielfilm warten, der 2019 im Kino anlaufen soll. Auf dem Regiestuhl wird „It’s Always Sunny In Philadelphia“-Autor Rob McElhenney Platz nehmen. So lange uns kein zweites „Battleship“ (2012) alias Schiffe versenken erwartet, sind wir schon zufrieden.
Darauf freuen wir uns
„The Girl With All The Gifts“: Der Plot kommt uns bekannt vor. Erst lässt ein geheimnisvoller Parasit alle Menschen zu fleischfressenden Zombies mutieren, dann nimmt eine kleine Gruppe mutig den Kampf gegen die Untoten auf. Nicht jedoch so in der Romanverfilmung von „Die Berufene“ des Bestseller-Autors M. R. Carey. In einer Militärbasis werden Zombie-Kinder untersucht, die zwar großen Hunger auf Menschen verspüren, aber noch denken und fühlen können. Die ungewöhnliche Suche nach einem Heilmittel wurde von Filmemacher Colm McCarthy („Peaky Blinders“) in Szene gesetzt. Wir finden: Der beste Trailer der Woche!
Image (adapted) „Watching a blank screen“ by Kenneth Lu (CC BY 2.0)
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